Die Beiordnung eines Pflichtverteidigers kommt ferner auch dann in Betracht, wenn der Angeklagte der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig ist.
Es darf aber nicht übersehen werden, dass mangelnde Sprachkenntnisse alleine noch nicht für eine Beiordnung genügen (Burhoff, Handbuch EV, Rn. 2117 m.w.N.).
Dementsprechend wird Beiordnungsanträgen, die auf mangelnde Deutschkenntnisse gestützt werden, in der Praxis häufig mit der Begründung entgegen getreten, es sei zur Behebung der Sprachschwierigkeiten ausreichend, einen Dolmetscher hinzuziehen. Stichhaltig ist dieser Einwand jedoch nur in sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht einfach gelagerten Fällen, da Sprachprobleme die Verteidigungsmöglichkeiten oftmals so weitreichend einschränken, dass die bloße Übersetzung der Verfahrensvorgänge nicht genügt, um eine ausreichende Verteidigungsfähigkeit sicherzustellen.
Mangelnde Sprachkenntnisse des Angeklagten begründen die Notwendigkeit der Verteidigung daher bereits dann, wenn die auf den sprachlichen Defiziten beruhende Behinderung der Verteidigungsmöglichkeit durch die Hinzuziehung eines Dolmetschers nicht völlig ausgeglichen wird. Einen solchen völligen Ausgleich gewährleistet die Hinzuziehung eines Dolmetschers bei Tathergängen, die nur durch Zeugenvernehmungen aufgeklärt werden können und bei denen es wesentlich auch auf die Glaubhaftigkeit der Aussagen und die Glaubwürdigkeit der Zeugen ankommt, nicht. In solchen Fällen kann der Angeklagte mit Hilfe des Dolmetschers nämlich im Wesentlichen nur seine Verteidigungsposition verdeutlichen, nicht aber die Aussagen der Zeugen kritisch hinterfragen, etwaige Widersprüche aufzeigen oder deren Glaubwürdigkeit erschüttern (OLG Frankfurt StraFo 2008, 205). Benötigt der Angeklagte seine volle Konzentration dafür, der Übersetzung zu folgen, ist eine sachgerechte Ausübung seiner strafprozessualen Befugnisse, insbesondere seines Frage- und Erklärungsrechts, nicht möglich.
Hiervon ausgehend wird der gebotene vollständige Ausgleich der Einschränkung der Verteidigungsmöglichkeiten durch die Hinzuziehung eines Dolmetschers eher selten erreicht werden können, so dass bei sprachunkundigen Angeklagten grundsätzlich eine großzügige Auslegung des § 140 Abs. 2 StPO geboten ist (vgl. BVerfGE 64, 135). Eine solche Auslegung gebietet auch die Rechtsprechung des BVerfG, wonach sprachbedingte Verständnisschwierigkeiten dazu führen können, dass die Voraussetzungen, unter denen wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Bestellung eines Verteidigers notwendig wird, eher als erfüllt angesehen werden müssen, als dies sonst der Fall wäre (BVerfGE 64, 135).
Praxishinweis:
Ist zur Durchführung der Mandantengespräche die Hinzuziehung eines Dolmetschers erforderlich, so kann der Pflichtverteidiger die hierdurch entstehenden Kosten von der Staatskasse ersetzt verlangen (Burhoff, Handbuch EV, Rn. 2123).