a) Erbschein, Testament, Eröffnungsniederschrift
aa) Problemstellung
Die Frage, wer nach dem Tode des Kontoinhabers verfügungsberechtigt ist, kann zu erbitterten Streitigkeiten zwischen testamentarischen und gesetzlichen Erben, Vermächtnisnehmern und trans- oder postmortal Bevollmächtigten führen. Die Abwicklung von Konten nach dem Tod des Inhabers gehört zum alltäglichen Massegeschäft der Banken. Allerdings sind den Instituten die damit verbundenen Risiken wenig bekannt. Vordergründig geht man davon aus, dass die AGB-Banken etwaige Probleme in Nr. 5 (Verfügungsberechtigung nach dem Tod des Kunden) lösen, da die Verfügungsberechtigung durch "geeignete" Dokumente nachzuweisen ist. Was das für Nachweise sind, hat die Bank nach pflichtmäßigem Ermessen im jeweiligen Einzelfall zu prüfen. In der Regel gelingt der Nachweis durch Vorlage des Testaments nebst Eröffnungsniederschrift oder durch Erbschein. Dem muss der anwaltliche Vertreter aber nicht ohne weiteres folgen.
bb) Materiell-rechtliche Grundlagen
Die Sparkassen verzichten in AGB-Nr. 5 Abs. 1 auf die zwingende Vorlage eines Erbscheins und stellen auf den "Nachweis der erbrechtlichen Berechtigung" ab (s. hierzu BGH, Urt. v. 8.10.2013 – XI ZR 401/12). Sie dürfen gem. Nr. 5 Abs. 2 AGB-Sparkassen mit befreiender Wirkung leisten, bei der Vorlage einer Ausfertigung oder beglaubigten Abschrift eines eröffneten Testamentes oder Erbvertrags.
Hinweis:
Zwingend auf den Erbschein abzustellen ist, seit der BGH-Entscheidung vom 8.10.2013 (a.a.O.) unzulässig, da dies den Verbraucher unangemessen benachteilige, der auch andere geeignete Dokumente beibringen kann.
Alle Testamente, die der kontoführenden Stelle vorgelegt werden, bergen die Unsicherheit in sich, dass das Dokument angefochten ist oder dass es spätere Verfügungen gibt, die das vorgelegte Schriftstück aufheben. Ein Kreditinstitut, das auf vorgelegte Testamente und/oder Eröffnungsniederschriften hin Verfügungen zulässt, handelt mindestens fahrlässig und macht sich zivil- und eventuell strafrechtlich angreifbar. Die Bank kann sich nämlich gem. Nr. 5 S. 3 AGB-Banken bei Fahrlässigkeit nicht darauf berufen, sie habe mit befreiender Wirkung geleistet. Es liegt im eigenen Interesse des Kreditinstituts, sich vor einer Doppelinanspruchnahme zu schützen.
cc) Beratungshinweise
In der Praxis darf deshalb nur unter Vorlage eines Originalerbscheins – ggf. einer notariell beglaubigten Abschrift oder notariellen Ausfertigung – gehandelt werden. Bis dieser erteilt ist, kann einige Zeit ins Land gehen, abgesehen von der Möglichkeit, dass auch bzgl. des Erbscheins ein Anfechtungsverfahren anhängig sein kann.
Hinweis:
Die Bank handelt nur dann rechtssicher, wenn sie sich von dem Erben eine eidesstattliche Erklärung (anwaltlich oder notariell gefertigt) vorlegen lässt, dass ein gerichtliches Verfahren bezüglich des Testaments oder des Erbscheins nicht anhängig ist.
b) Trans- und postmortale Vollmachten
aa) Problemstellung
Um die Zeit bis zur Erbscheinerteilung überbrücken und handeln zu können, erteilen Erblasser häufig eine transmortale (= zu Lebzeiten gültig und über den Tod hinaus) oder postmortale Vollmacht (= "auf den Tod" und über den Tod hinaus). Der Bevollmächtigte kann, muss aber nicht Erbe sein. Diese Vollmacht muss ausdrücklich sämtliche Bankgeschäfte umfassen. Bei einer Generalvollmacht, die zu jeder gesetzlich zulässigen Handlung ermächtigt, ist ein ausdrücklicher Bankpassus nicht erforderlich. Was in der Praxis häufig verkannt wird: Der Bevollmächtigte ist bis zum nachweislichen (!) und rechtswirksamen Widerruf der Vollmacht zu jeder von der Vollmacht umfassten Handlung anstelle des Kontoinhabers ermächtigt. Der Widerruf durch Testamentsvollstrecker oder Nachlasspfleger wird in der h.M. abgelehnt, insbesondere, wenn die Vollmacht die Befugnis zur "Regelung des Nachlasses" enthält.
bb) Materiell-rechtliche Grundlagen
Nach geltender höchstrichterlicher Rechtsprechung ist die Bank verpflichtet, Verfügungen des Bevollmächtigten zuzulassen und seine Weisungen unverzüglich und bedingungslos auszuführen (s. BGH, Urt. v. 25.10.1994 – XI ZR 239/93). Eine Beglaubigung oder Beurkundung der Vollmacht ist nicht erforderlich (s. Glenk ZfgK 5/2016, 209; ders. Bank intern 14/2016).
Hinweis:
Die Anweisungen des Bevollmächtigten gehen denen der Erben vor, da die Vollmacht auch die Erben bindet, mindestens solange diese keinen rechtswirksamen Erbschein vorlegen. Der Bevollmächtigte vertritt bis dahin insofern auch die Erben, selbst wenn die Interessen des Bevollmächtigten denen der Erben diametral zuwiderlaufen (s. BGH, Urt. v. 23.2.1983 – IVa ZR 186/81). Der Bevollmächtigte erhält seine Ermächtigung unmittelbar aufgrund besonderen Vertrauensverhältnisses von dem verstorbenen Vollmachtgeber (s. Mayer in: Mayer/Bonefeld, Testamentsvollstreckung, 4. Aufl. 2015, § 15 Rn 1 ff.).
Nur der nachweisliche Missbrauch der Vollmacht kann zu Ansprüchen des Erben gegen den Bevollmächtigten – nicht gegen die Bank! – führen, an dessen Nachweis der BGH aber strenge Anforderungen stellt: Was im Interesse des verstorbenen Kontoinhabers gewesen ist und was nicht, ist pure Spekulation.
cc) Beratungshinweise
Es sollte keine Unsicherheit auftreten, dass eine bereits hinterlegte oder von einem Dritten vorge...