Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs des getrenntlebenden Ehegatten aus § 1361 BGB sind:
- Bestand einer Ehe,
- Getrenntleben der Eheleute,
- Bedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten,
- Bedürftigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten,
- Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Ehegatten,
- kein Verlust des Anspruchs z.B. durch Ausschlusstatbestände ("Verwirkung").
Praxishinweis:
Ein Ehegatte, der Trennungsunterhalt geltend macht, hat im Streitfall das Bestehen einer wirksamen Ehe darzulegen und zu beweisen (OLG Bremen, Beschl. v. 13.11.2015 – 4 UF 73/15, FamRB 2016, 173).
In der familienrechtlichen Praxis sind für den Unterhaltsanspruch folgende Fragen von Bedeutung.
a) Schuldenanrechnung beim Trennungsunterhalt
aa) Aufgenommenen Kredite während der Ehe (eheliche Schulden)
Während der Ehe haben die Ehepartner bestimmte finanzielle Dispositionen getroffen, von denen sich allein durch die Trennung und Scheidung keiner der beiden (ehemaligen) Partner einseitig lösen kann.
Daher sind Ratenverpflichtungen für Darlehen, die während der Ehe aufgenommen worden sind, grundsätzlich in voller Höhe – also mit Zins- und Tilgungsanteil, abzuziehen. Dabei ist unerheblich, welcher Ehegatte die Kreditverbindlichkeiten eingegangen ist und wofür das Geld ausgegeben wurde. Dies gilt sowohl für Ratenbelastungen des Unterhaltspflichtigen als auch der Unterhaltsberechtigten. Unerheblich ist auch, wer die mit dem Darlehen angeschafften Vermögensgegenstände (z.B. Möbel, Auto) nach der Trennung erhalten hat (BGH FamRZ 1996, 162).
bb) Verbindlichkeiten nach Trennung und Scheidung
Schulden, die erst nach dem Scheitern der Ehe aufgenommen werden, wirken sich auf den Bedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten nicht aus, da ihnen der Bezug zur Ehe fehlt. Sie können aber u.U. die Leistungsfähigkeit des Ehegatten berühren und so dem anderen Ehegatten entgegengehalten werden (s. Teil 2, Phase 10, Rechtskraft der Scheidung – XI. 3. d).
b) Wohnwertberechnung ab Trennung der Ehegatten
Das mietfreie Wohnen bei Allein- oder Miteigentum ist ein Gebrauchsvorteil und damit als Vermögensnutzung dem unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen hinzuzurechnen, soweit die ersparte Miete die Grundstückskosten übersteigt (BGH FamRZ 1998, 899, 901 m.w.N.). Voraussetzung ist, dass der Beteiligte den Wohnraum als Nießbrauchsberechtigter oder aufgrund eines unentgeltlichen dinglichen oder schuldrechtlichen Wohnrechts bewohnt (BGH FamRZ 2010, 1633).
Übersteigen die unterhaltsrechtlich anzuerkennenden Kosten den Wohnwert, ist mit einem negativen Wohnwert zu rechnen (BGH FamRZ 2007, 879).
Hinsichtlich der Höhe der Anrechnung ist zu unterscheiden zwischen dem angemessenen und dem objektiven Wohnwert.
aa) Objektiver Wohnwert
Der objektive Wohnwert (Mietwert bei Fremdvermietung, Vermietungswert) bemisst sich nach dem Betrag, der als Miete von einem Dritten auf dem örtlichen Wohnungsmarkt für die konkrete Immobilie erzielt werden kann. Hierbei kommt es auf die Lage der Immobilie, die genaue Größe, Ausstattung und die übrigen mietrelevanten Umstände an, die im gerichtlichen Verfahren konkret dargelegt und – falls sie umstritten sind – bewiesen werden müssen.
Es handelt sich dabei um ein – zu versteuerndes – fiktives Einkommen, das nur dann angerechnet werden kann, wenn dem die Wohnung nutzenden Ehegatten vorzuwerfen ist, er könne und müsse die Wohnung durch Fremdvermietung besser verwerten (Verletzung einer Verwertungsobliegenheit; zum "gemeinsamen Haus" s.u. 3. a).
bb) Angemessener Wohnwert
Demgegenüber bezieht sich der angemessene Wohnwert auf die persönlichen Verhältnisse der Person, die die Wohnung derzeit bewohnt. Basis dieser Bewertung ist eine Wohnung, die nach Größe und Ausstattung seinen persönlichen und finanziellen Verhältnissen angemessen ist (BGH FamRZ 2007, 879, 880 f.).
cc) Bemessung des Wohnwertes während der Trennungszeit
Haben die Eheleute während der Zeit ihres Zusammenlebens ein Haus gebaut oder eine Eigentumswohnung erworben, so diente dies dazu, eine angemessene Wohnung für die gesamte Familie zu schaffen und Mietzahlungen zu sparen. Darin liegt auch eine auf lange Sicht angelegte und von den Eheleuten einvernehmlich geplante Maßnahme der Vermögensbildung, die auch die ehelichen Lebensverhältnisse prägt.
Die Trennung der Eheleute – und der damit verbundene Auszug eines Ehegatten – löst jedoch die gemeinsame Lebensplanung nicht mit sofortiger Wirkung auf. Deshalb kann nicht verlangt werden, dass die Ehewohnung sofort veräußert oder anderweitig durch Vermietung genutzt wird. Während dieser Übergangszeit müssen sich also beide Ehepartner noch an diesen gemeinsamen getroffenen Dispositionen festhalten lassen und können sich nicht einseitig von den damit verbundenen Belastungen lösen. Daher wird nicht der volle Mietwert angerechnet, sondern nur der für den in der Wohnung verbliebenen Ehegatten angemessene Nutzungsvorteil (BGH, Urt. v. 5.3.2008 – XII ZR 22/06, FamRZ 2008, 963, 965; Urt. v. 18.1.2012 – XII ZR 177/09, FamRZ 2012, 514, BGHZ 154, 247, 254 = FamRZ 2003, 1179, 1182 m.w.N.; Urt. v. 27.5.2009 – XII ZR 78/08; Urt. v. 28.3.2007 – XII ZR 21/05, FamRZ 2007, 879, 880).
Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der in der Wohnung verbliebene Ehegatte einen neuen Lebensgefährten aufnimmt. Dann ist der volle objektive Mietwert anzurechnen (OLG Koblenz NJW 2003, 1816; OLG S...