In Verfahren der einstweiligen Anordnung vor dem Familiengericht ist der Verfahrenswert regelmäßig geringer anzusetzen als in einem entsprechenden Hauptsacheverfahren. Von diesem Grundsatz gibt es jedoch Ausnahmen, auf die der Verfahrensbevollmächtigte im eigenen Interesse achten sollte. Denn die Festsetzung des für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Verfahrenswertes durch das Gericht ist gem. § 32 Abs. 1 RVG auch für die Berechnung der Anwaltsgebühren maßgeblich. Deshalb sollte der Verfahrensbevollmächtigte insbesondere in Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung achtsam sein, in denen es um Zahlungsansprüche geht.
1. Gesetzliche Regelung
Ist Gegenstand des Verfahrens eine bezifferte Geldforderung, bemisst sich der Verfahrenswert gem. § 35 FamGKG nach deren Höhe, soweit nichts anderes bestimmt ist. § 41 FamGKG trifft eine Sonderregelung für Verfahren der einstweiligen Anordnung. Nach § 41 S. 1 FamGKG ist im Verfahren der einstweiligen Anordnung der Wert i.d.R. unter Berücksichtigung der geringeren Bedeutung gegenüber der Hauptsache zu ermäßigen. Satz 2 dieser Vorschrift ordnet an, dass dabei von der Hälfte des für die Hauptsache bestimmten Wertes auszugehen ist.
2. Fall des OLG Karlsruhe
Dem OLG Karlsruhe (NZFam 2017, 426) lag folgender Sachverhalt zur Entscheidung vor: Die Antragstellerin hatte beim AG Karlsruhe – Familiengericht (FamG) – einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, mit dem sie für ein laufendes Güterrechtsverfahren einen Verfahrenskostenvorschuss i.H.v. 9.582,48 EUR von dem Antragsgegner begehrte. Das AG hat diesem Antrag stattgegeben und den Verfahrenswert für das einstweilige Anordnungsverfahren entsprechend dem geltend gemachten Verfahrenskostenvorschuss von 9.582,48 EUR festgesetzt. Der Antragsgegner hat gegen die Wertfestsetzung Beschwerde mit dem Ziel eingelegt, den Verfahrenswert auf die Hälfte des verlangten Vorschussbetrags zu ermäßigen. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem OLG Karlsruhe zur Entscheidung vorgelegt, das die Beschwerde zurückgewiesen hat.
3. Bestimmung des Verfahrenswertes
Wie sich der Verfahrenswert für ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses berechnet, ist umstritten.
a) Hälfte der verlangten Zahlung
Nach einer Auffassung bemisst sich der Verfahrenswert – wie auch sonst in Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung – nach der Hälfte des für die Hauptsache bestimmten Wertes, hier also mit der Hälfte des verlangten Vorschussbetrags (OLG Frankfurt – 5. FamS AGS 2014, 417; OLG Frankfurt – 6. FamS FamRZ 2016, 163; OLG Celle – 10. FamS AGS 2013, 423 = JurBüro 2013, 588; OLG Celle – 19. FamS AGS 2015, 136 = FamRZ 2016, 164; OLG Zweibrücken RVGreport 2017, 71 [Hansens] = AGS 2016, 527).
Dies wird damit begründet, dass Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung – auch soweit sie einen Verfahrenskostenvorschuss zum Gegenstand haben – gegenüber einer entsprechenden Hauptsacheentscheidung eine geringere Bedeutung hätten. Die aufgrund einer einstweiligen Anordnung erfolgten Zahlungen hätten noch keine Erfüllungswirkung. Ferner erwachse die im Rahmen der einstweiligen Anordnung ergangene Regelung nicht in materieller Rechtskraft und könne deshalb jederzeit vom FamG aufgehoben oder abgeändert werden. Ferner könne eine einstweilige Anordnung gem. § 57 FamFG nicht angefochten werden. Eine Überprüfung der familiengerichtlichen Entscheidung hinsichtlich des Verfahrenskostenvorschusses könne deshalb ggf. lediglich bei Einleitung eines entsprechenden Hauptsacheverfahrens erreicht werden. Dem stehe auch der Umstand nicht entgegen, dass diese Verfahrensmöglichkeit in der Praxis wenig genutzt werde und einstweilige Anordnungen auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses keine vorläufigen Regelungen, sondern Zahlungsverpflichtungen aussprechen würden.
b) Voller Verfahrenskostenvorschussbetrag
Einige OLG setzen demgegenüber als Verfahrenswert den vollen Vorschussbetrag an (so OLG Bamberg RVGreport 2011, 271 [Hansens] = AGS 2011, 454; OLG Düsseldorf AGS 2014, 237; OLG Hamm RVGreport 2014, 365 [ders.]; OLG Frankfurt – 3. FamS AGS 2013, 585 und FamRZ 2015, 527; OLG Köln AGS 2015, 50 = JurBüro 2014, 536; OLG Bremen AGS 2014, 521 = FamRZ 2015, 526).
Dies wird damit begründet, dass § 41 S. 1 FamGKG die Ermäßigung des Verfahrenswertes lediglich "in der Regel" anordne, die bei einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschussbetrags aber nicht vorliege. Ferner wird darauf abgestellt, dass das Verfahren der einstweiligen Anordnung praktisch das Hauptsacheverfahren vorwegnehme. Aus der einstweiligen Anordnung könne der begünstigte Antragsteller umgehend die Zwangsvollstreckung betreiben, wodurch ein Hauptsacheverfahren entbehrlich werde.
Dem haben sich weite Teile der Literatur angeschlossen (so H. Schneider, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., § 41 FamGKG Rn 2 und 10; Prütting/Helms/Klüsener, FamFG, 3. Aufl., § 41 FamGKG Rn 8).
4. Auffassung des OLG Karlsruhe
Das OLG Karlsruhe hat sich hier der letztgenannten Auffassung angeschlossen. Der Senat hat darauf hingewiesen, dass sich im Fall einer einstweiligen Anordnung auf Zahlu...