a) Rechtsprechung des BGH
Da die Erteilung eines Erbscheins (oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses) in der Praxis zumeist längere Zeit in Anspruch nimmt und dazu noch mit nicht unerheblichen Kosten verbunden ist, hat sich die Rechtsprechung schon zu Zeiten des Reichsgerichts (RG) mit der Problematik von alternativen Legitimationsmitteln befasst. Der BGH hat die Rechtsprechung des RG übernommen und im Verhältnis von Erben und Banken im Jahre 2005 eine grundsätzliche Entscheidung erlassen mit dem Leitsatz: „Der Erbe ist nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen; er hat auch die Möglichkeit, den Nachweis seines Erbrechts in anderer Form zu erbringen“ (BGH FamRZ 2005, 1548 als Bestätigung von BGH FamRZ 2005, 515). Er hat ausgeführt, dass die Vorlage eines eröffneten notariellen Testaments i.d.R. einen ausreichenden Nachweis für das Erbrecht darstelle und dazu ausgeführt, dass, abgesehen von einzelnen Sonderregelungen (§ 35 Abs. 1 GBO, § 41 Abs. 1 S. 1 SchRegO und § 86 LuftFzgG), der Erbe gesetzlich nicht verpflichtet sei, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen, sondern auch die Möglichkeit habe, diesen Nachweis in anderer Form zu erbringen (BGH FamRZ 2005, 1548 und 515). Es existiere keine Regelung, die den Nachlassschuldner berechtige, seine Leistung auch ohne entsprechende (gültige) vertragliche Vereinbarung grundsätzlich von der Vorlage eines Erbscheins abhängig zu machen. Der Umstand, dass die Gefahr der doppelten Inanspruchnahme allein aus der Risikosphäre des Gläubigers stamme, rechtfertige es nicht, dessen Erben zum Schutz des Schuldners generell zur Vorlage eines Erbscheins zu verpflichten. Bei den Anforderungen an den Nachweis der Rechtsnachfolge sei auch den berechtigten Interessen der Erben an einer möglichst raschen und kostengünstigen Abwicklung des Nachlasses Rechnung zu tragen. Diese Rechtsprechung hat der BGH durch seine Entscheidung vom 5.4.2016 bestätigt und ergänzend ausgeführt, der Erbe könne sein Erbrecht auch durch die Vorlage eines eröffneten eigenhändigen Testaments belegen, wenn dieses die Erbfolge mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit nachweise (BGH NJW 2016, 2409).
b) AGB der Banken und Sparkassen
Nachdem der BGH mit Urteil vom 8.10.2013 entschieden hatte, dass die Nr. 5 Abs. 1 AGB-Sparkassen im Verkehr mit Verbrauchern nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sei, haben die Banken mit neuen AGB reagiert und den Nachweis des Erbrechts damit allgemein erleichtert. Die Nr. 5 der AGB-Banken und -Sparkassen lautet nunmehr:
Zitat
5. Verfügungsberechtigung nach dem Tod des Kunden
Nach dem Tod des Kunden hat derjenige, der sich gegenüber der Bank auf die Rechtsnachfolge des Kunden beruft, der Bank seine erbrechtliche Berechtigung in geeigneter Weise nachzuweisen. Wird der Bank eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift der letztwilligen Verfügung (Testament, Erbvertrag) nebst zugehöriger Eröffnungsniederschrift vorgelegt, darf die Bank denjenigen, der darin als Erbe oder Testamentsvollstrecker bezeichnet ist, als Berechtigten ansehen, ihn verfügen lassen und insbesondere mit befreiender Wirkung an ihn leisten. Dies gilt nicht, wenn der Bank bekannt ist, dass der dort Genannte (zum Beispiel nach Anfechtung oder wegen Nichtigkeit des Testaments) nicht verfügungsberechtigt ist oder wenn ihr dies infolge Fahrlässigkeit nicht bekannt geworden ist.
Literaturhinweis:
Zu Nachlasskonten – Verfügungen nach dem Tode des Kontoinhabers (Das Bankgeschäft in der anwaltlichen Beratung: AGB-Klauseln, Vertragsauslegung und Regelungslücken – Teil 2) s. Glenk/Bauer/Hofmann ZAP F. 8, S. 553 f.