Die Parteien streiten über die Rückzahlung irrtümlich ausgezahlter Entgeltbestandteile i.H.v. 3.940,04 EUR. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund einer Arbeitgeberkündigung vom 18.9.2013 zum 31.10.2013. Die Vergütung betrug 4.200 EUR brutto monatlich. Für die Monate September und Oktober 2013 zahlte die Klägerin an den Beklagten kein Entgelt aus, führte aber von dem vereinbarten Gehalt Lohnsteuer nebst Solidaritätszuschlag (insgesamt 1.744,08 EUR) sowie den vom Arbeitnehmer zu tragenden Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (insgesamt 1.665,96 EUR) ab. Ferner überwies sie aus dem errechneten Nettoentgelt jeweils 40 EUR als vermögenswirksame Leistung an die zuständige Stelle. Der Kläger erstritt in einem vorangegangenen Prozess umgekehrten Rubrums ein Urteil auf Zahlung von 8.400 EUR "brutto" für die Monate September und Oktober 2013.
Entsprechend dem erstinstanzlichen Urteil rechnete die Buchhalterin der Klägerin die Vergütung für September und Oktober 2013 ab und nach Erlass des Urteils versehentlich den Gesamtbetrag von 8.400 EUR nebst Zinsen i.H.v. 243,65 EUR an den Beklagten. Dieser stimmte einer Rückbuchung nicht zu. Nach erfolglosem außergerichtlichem Verlangen begehrte die Klägerin, gestützt auf Bereicherungsrecht, die Rückzahlung der irrtümlichen Überzahlung.
Die Klage hatte in allen drei Instanzen Erfolg (BAG, Urt. v. 21.12.2016 – 5 AZR 273/16, NZA 2017, 449). Der Beklagte hat die auf die Gehälter für September und Oktober 2013 entfallende Lohnsteuer und den vom Arbeitnehmer zu tragenden Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag ohne rechtlichen Grund erhalten. Die Zuwendung steht dem Leistungsempfänger nach der ihr zugrundeliegenden Rechtsbeziehung nicht (endgültig) zu.
Der zivilrechtliche Entgeltanspruch des Arbeitnehmers unterliegt einem öffentlich-rechtlichen Pflichtengefüge, das beide Parteien des Arbeitsvertrags trifft. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit unterliegen der Einkommensteuer (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 EStG), deren Schuldner der Arbeitnehmer ist (§ 38 Abs. 2 EStG). Außerdem hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmeranteil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags zu tragen (§ 28g SGB IV). Der Arbeitgeber muss als ihm obliegende öffentlich-rechtliche Verpflichtung die Einkommensteuer, die als Lohnsteuer durch Abzug vom Arbeitsentgelt erhoben wird (§ 38 Abs. 1 S. 1 EStG), für Rechnung des Arbeitnehmers bei jeder Entgeltzahlung vom Arbeitsentgelt einbehalten (§ 38 Abs. 3 S. 1 EStG) und den Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zahlen, § 28e Abs. 1 S. 1 SGB IV. Dabei gilt nach § 28e Abs. 1 S. 2 SGB IV der vom Arbeitnehmer zu tragende Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags als aus dessen Vermögen erbracht. Der Arbeitnehmer hat wegen entgegenstehenden öffentlichen Rechts keinen Anspruch auf Auszahlung, der Entgeltanspruch ist insoweit nur auf Einbehalt und Abführung gerichtet. Deshalb kann auch die arbeitsvertragliche Entgeltvereinbarung das Behalten von auf das Arbeitsentgelt entfallender Einkommensteuer und des vom Arbeitnehmer zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags nicht rechtfertigen. Der Arbeitsvertrag kann deshalb nur rechtlicher Grund für Einbehalt und Abführung von Steuern und Beiträgen zur Sozialversicherung, nicht aber für deren Auszahlung an den Arbeitnehmer sein.
Auch die Verurteilung der Klägerin zur Zahlung von Bruttoarbeitsentgelt bildet keinen rechtlichen Grund dafür, dass der Beklagte irrtümlich ausgezahlte Lohnsteuer und Arbeitnehmeranteil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags behalten dürfte, weil ein zur Zahlung von Arbeitsentgelt verpflichtendes Urteil nicht auf eine – gesetzeswidrige – Auszahlung von Steuern und Beiträgen an den Arbeitnehmer gerichtet ist, sondern nur auf deren Einbehalt und Abführung. Nur dafür kann der Titel Rechtsgrund i.S.v. § 812 Abs. 1 BGB sein. Eine Ausnahme besteht nur, wenn der Arbeitnehmer das ihm entgegen öffentlichem Recht Zugeflossene an die zuständigen Stellen selbst abführt. Dann kann er dem Rückforderungsverlangen des Arbeitgebers Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB entgegenhalten.
Der Beklagte hat auch die vom Nettobetrag des Arbeitsentgelts monatlich vermögenswirksam anzulegenden 40 EUR ohne Rechtsgrund erhalten. Er hat nicht in Abrede gestellt, dass von dem Nettobetrag des Arbeitsentgelts monatlich 40 EUR entsprechend den Abreden der Parteien vermögenswirksam anzulegen sind (vgl. § 11 5. VermBG). Ein Rechtsgrund für die Auszahlung dieser Teilleistung an den Beklagten ist deshalb nicht gegeben. Dass die Klägerin für die ursprünglich im Streit stehenden Monate September und Oktober 2013 – entgegen dem in den Lohnabrechnungen Dokumentierten – die vermögenswirksame Anlage unterlassen hätte, hat der Beklagte nicht behauptet.
Der Bereicherungsanspruch der Klägerin ist nicht nach § 814 Alt. 1 BGB ausgeschlossen, weil die Überweisung versehentlich erfolgte.
Zuletzt steht auch § 767 Abs. 2 ZPO weder unmittelbar noch analog angewendet entgegen. Die versehentliche Auszahlung dazu nicht bestimmter Entgeltbe...