aa) Begriff
Der Begriff des Kraftfahrzeugs ist in § 1 Abs. 2 StVG definiert. Darunter sind Landfahrzeuge zu verstehen, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein (vgl. die hiermit übereinstimmenden Definitionen in § 2 Nr. 1 FZV, § 4 PBefG und § 248b StGB). Auf die Antriebsart (Verbrennungsmotor, Turbine, Batterie, Elektromotor etc.) kommt es nicht an.
Beispiele:
- Kfz sind somit neben Pkw und Lkw auch Krafträder aller Art, Fahrzeuge mit Hilfsmotor, motorbetriebene Go-Carts (OLG Hamm NJW-RR 2002, 1389; OLG Koblenz NJW-RR 2004, 822), Mofas, Elektrofahrräder (Huppertz NZV 2012, 23), Segways (Kettler NZV 2008, 71), Hoverboards (Huppertz NZV 2016, 513), Partybikes, Motorschlitten, Oberleitungsbusse, Raupenfahrzeuge oder selbstfahrende Arbeitsmaschinen wie z.B. Bagger, Gabelstapler, Motorpflüge und Straßenwalzen. Kraftfahrzeuge der Feuerwehr und Polizei unterfallen ebenfalls der Gefährdungshaftung (OLG Karlsruhe VRS 10, 81).
- Nicht dagegen Fahrräder, Rikschas (Huppertz NZV 2006, 299), (Kinder-)Roller, Skateboards, Rollschuhe oder Inline-Skates (BGHZ 150, 201 = NJW 2002, 1955).
bb) Ausnahmen
Die Gefährdungshaftung des § 7 Abs. 1 StVG greift nicht ein, wenn die Voraussetzungen des § 8 StVG gegeben sind. Sie gilt also nicht für technisch besonders langsame Kfz und im Falle einer Tätigkeit des Geschädigten bei dem Betrieb des Kfz. Als Ausnahmevorschrift ist § 8 StVG eng auszulegen (BGH NJW 2011, 292). Die Haftung nach §§ 823 ff. BGB bleibt in beiden Fällen allerdings unberührt (§ 16 StVG).
Langsam bewegliche Kfz (§ 8 Nr. 1 StVG) sind solche, deren Bauart schnelleres Fahren als mit 20 km/h ausschließt oder bei denen durch bestimmte – herstellerseits angebrachte – Vorrichtungen und Sperren eine Überschreitung der 20 km/h-Grenze konstruktionsbedingt ausgeschlossen ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein Fachmann diese Vorrichtungen zur Ermöglichung einer höheren Geschwindigkeit ohne längere und schwierige Arbeiten beseitigen kann (BGHZ 136, 69, 71 = NJW 1997, 2517 m.w.N. auch zur früheren abweichenden Rspr.).
Bei dem Betrieb des Kfz oder des Anhängers tätig (§ 8 Nr. 2 StVG) ist, wer sich durch seine Tätigkeit freiwillig den besonderen Gefahren des Kfz-Betriebs aussetzt (BGH NJW 2011, 292). Auf den Grund der Tätigkeit kommt es nicht an (entgeltlicher oder unentgeltlicher Vertrag, Gefälligkeit).
Beispiele:
- Beim Betrieb tätig sind insbesondere der Fahrer, darüber hinaus aber auch – in gewissen Grenzen – der Einweiser in einer engen Werkstatt (OLG Koblenz VersR 1975, 188) oder der Fahrschüler (KG NZV 1989, 150); ebenso wer den von einer unbefugten Person in Gang gesetzten Pkw durch Entgegenstemmen aufzuhalten versucht (OLG Jena NZV 1999, 331) oder ein stehengebliebenes Kfz anschiebt (OLG Düsseldorf NJW-RR 2015, 1064).
- Eine nur gelegentliche Hilfeleistung (z.B. Einwinken) genügt allerdings nicht (OLG Koblenz VersR 1975, 188, 1127; s. auch BGH NJW 2011, 292).
Hinweis:
Nicht beim Betrieb tätig ist dagegen derjenige, der befördert wird (s. aber zur Haftung gegenüber Insassen unten 5.).
Die Halterhaftung ist ferner ausgeschlossen für die Beschädigung von Transportgut (§ 8 Nr. 3 StVG). Das gilt allerdings nicht für die Kosten, die für die Beseitigung der beförderten Sache angefallen sind, weil sie eine andere beeinträchtigt (BGH NZV 2008, 83). Entsprechendes gilt, wenn eine Betriebseinheit vorliegt, wie z.B. beim Abschleppen eines anderen Fahrzeugs (BGHZ 200, 188 Rn 15 = NJW 2014, 2577), sofern das abgeschleppte Fahrzeug nicht noch gelenkt werden muss und sich damit noch selbst "in Betrieb" befindet (OLG Celle NZV 2013, 292).