a) Subsidiarität der Landesverfassungsbeschwerde
Es zeigt sich danach, dass das Landesverfassungsbeschwerderecht nunmehr in nahezu allen Bundesländern Einzug gehalten hat. Es fehlt lediglich in den nördlichen Bundesländern Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Mit wenigen Ausnahmen greifen Subsidiaritätsklauseln, vereinzelt gegenständliche Beschränkungen (Rheinland-Pfalz). In einigen Fällen scheitert die Landesverfassungsbeschwerde, wenn Verfassungsbeschwerde zum BVerfG erhoben ist oder erhoben wird (Berlin, Brandenburg, Hessen [s. dazu als Beispielsfall HessStGH NVwZ-RR 2003, 2], Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt), dies i.d.R. auch unabhängig von der Zulässigkeit des Rechtsmittels an das BVerfG. (Auch die unzulässige Verfassungsbeschwerde zum BVerfG führt daher zwingend zur Unzulässigkeit der Landesverfassungsbeschwerde.) Teilweise gibt es auch landesrechtlich eigene Annahmeverfahren oder vereinfachte Verfahren.
b) Verhältnis Bundes- vs. Landesverfassungsbeschwerde
Es bedarf deshalb jeweils sorgfältiger Analyse der einschlägigen Landesgesetzgebung, ob, und ggf. unter welchen Bedingungen, eine Landesverfassungsbeschwerde-Möglichkeit gegeben ist. Wenn die Landesverfassungsbeschwerde fehlt, steht dem Beschwerdeführer die Bundesverfassungsbeschwerde grundsätzlich zur Verfügung. Ist die Landesverfassungsbeschwerde im Verhältnis zur Bundesverfassungsbeschwerde nicht beschränkt, hat der Beschwerdeführer ein Wahlrecht, ob er Landesverfassungsbeschwerde oder Bundesverfassungsbeschwerde einlegen will.
Zu beachten ist danach für den Beschwerdeführer Folgendes:
aa) Paralelle Verfahrensführung
Landesverfassungsbeschwerde und Bundesverfassungsbeschwerde können, soweit beide Rechtsbehelfe zulässig sind, parallel geführt werden. Der Einwand der Rechtshängigkeit kann in keinem der Verfahren erhoben werden. Eine Aussetzung des Verfassungsbeschwerdeverfahrens beim BVerfG ist aus diesen Gründen ausgeschlossen (s. Lechner/Zuck, BVerfGG, 5. Aufl. 2006, Rn 191 zu § 90 BVerfGG).
bb) Entfallen des Rechtsschutzinteresses
Ist der Beschwerdeführer mit der Landesverfassungsbeschwerde erfolgreich, so entfällt i.d.R. das Rechtsschutzinteresse für die Bundesverfassungsbeschwerde, weil dieses auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung gegeben sein muss (BerlVerfGH NVwZ-RR 2004, 746). Es wird deshalb nicht darauf ankommen, dass die Prüfungsmaßstäbe in beiden Verfahren (ggf.) unterschiedlich sind, weil mit dem Erfolg der Landesverfassungsbeschwerde der Beschwerdegegenstand entfallen ist. Das wird nur dann anders sein, wenn ein öffentliches Interesse an der Fortführung und der Entscheidung im Bundesverfassungsbeschwerdeverfahren besteht. Der umgekehrte Fall, also das Vorliegen einer vorgängigen Entscheidung über die Bundesverfassungsbeschwerde ist genauso zu beurteilen: Gegebenenfalls entfällt das Rechtsschutzinteresse für die Landesverfassungsbeschwerde (ThürVerfGH NVwZ 2004, 609, 610).
cc) Rechtsmittel gegen Landesverfassungsgerichtsentscheidungen
Verletzt ein Landesverfassungsgericht in dem bei ihm anhängigen Verfassungsbeschwerdeverfahren bundesrechtliche Verfahrensgrundrechte oder materielle Grundrechte, so ist gegen eine solche Entscheidung als Akt der öffentlichen Gewalt der Rechtsweg zum BVerfG eröffnet (BVerfG v. 15.1.1985 – 2 BvR 128/84; v. 12.12.1991 – 2 BvR 562/91; v. 9.7.1997 – 2 BvR 389/94; v. 20.2.1998 – 1 BvR 661/94). Analog der Entscheidung des BVerfG v. 3.6.2019 – 2 BvR 910/19 dürfte der Rechtsweg zum selben Landesverfassungsgericht unzulässig sein (für Gegenvorstellungen noch offengelassen: VerfGH NRW, Beschl. v. 18.6.2019 – VerfGH 1/19.VB-1).