Die Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes war Ende Mai Thema einer öffentlichen Anhörung im Bundestagsausschuss für Recht und Verbraucherschutz. Schwerpunkte des Gesetzentwurfs sind der grundsätzliche Anspruch sowohl von Wohnungseigentümern als auch Mietern auf den Einbau einer Lademöglichkeit für ein Elektrofahrzeug, der barrierefreie Aus- und Umbau sowie Maßnahmen des Einbruchsschutzes und ein Glasfaseranschluss auf eigene Kosten. Die Beschlussfassung über bauliche Veränderungen der Wohnanlage soll vereinfacht werden, vor allem für Maßnahmen, die zu nachhaltigen Kosteneinsparungen führen oder die Wohnanlage in einen zeitgemäßen Zustand versetzen. Die Rechte von Wohnungseigentümern sollen erweitert werden, indem das Recht auf Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen im Gesetz festgeschrieben und ein jährlicher Vermögensbericht des Verwalters eingeführt wird, der über die wirtschaftliche Lage der Gemeinschaft Auskunft gibt. Weitere Schwerpunkte betreffen die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (vgl. zum Thema zuletzt Anwaltsmagazin ZAP 6/2020, S. 284 f.). Von mehreren Sachverständigen kam zum Teil heftige Kritik am Regierungsentwurf. Andere machten geltend, auch die Eigentümer und der Verbraucherschutz würden durch das Gesetz gestärkt.
So gab der Experte des Deutschen Anwaltvereins (DAV), Michael Drasdo, die Einschätzung ab, dass als Ergebnis zahlreicher Paradigmenwechsel und entgegen der Vorgabe in der Gesetzesbegründung die Stellung der Wohnungseigentümer nicht gestärkt, sondern erheblich eingeschränkt werde. Die Rolle des Verwalters werde entgegen dem Interesse der Wohnungseigentümer aufgewertet, ohne dass sichergestellt sei, dass die erforderlichen Qualifikationen für das Amt vorhanden oder nachgewiesen werden.
Gabriele Heinrich, Vorstand des Verbands Wohnen im Eigentum, teilte diese Einschätzung: Das Ziel, die Wohneigentümergemeinschaften zu stärken und für die Zukunft zu rüsten, werde nicht erreicht. Bei einem genauen Blick in den Gesetzentwurf mit Analyse der Auswirkungen und Folgen werde deutlich, dass die konkreten gesetzlichen Maßnahmen nicht nur mit einer Vielzahl neuer hoher Risiken und teilweise auch unkalkulierbarer Gefahren für die Wohnungseigentümer verbunden seien. Er führe weder zu mehr Rechtssicherheit noch zu mehr Modernisierungen, Klimaschutz oder Verbraucherschutz und auch nicht zu mehr Effizienz in der Wohneigentumsverwaltung. Heinrich warnte davor, dass Wohnen in Eigentumswohnungen für Selbstnutzer und für Mieter teurer werde und dass Verfahren eingeführt werden, die es Investoren oder Mehrheitseigentümern erleichtern würden, Aufkaufstrategien und Luxussanierungsstrategien zu entwickeln, mit denen wehrlose und finanzschwache Eigentümer aus ihren Wohnungen gedrängt werden.
Christian Rietschel, Vorsitzender von Haus & Grund Dresden, kritisierte, dass der Entwurf erheblich in die verbrieften Rechte der Wohnungseigentümer eingreife und ihr Eigentum damit entwerte. Ziel des Wohnungseigentumsgesetzes dürfe nicht sein, den Verwaltern und der Bauwirtschaft mehr und leichter Profite auf Kosten der Wohnungseigentümer zu ermöglichen, sondern die Verwalter müssten als Dienstleister den Wohnungseigentümern helfend und ausgleichend zur Seite zu stellen.
Dagegen erklärte Johanna Schmidt-Räntsch, Richterin am Bundesgerichtshof (BGH), der Entwurf weise gelungene technische Verbesserungen auf und behebe mehrere konstruktive Schwächen des geltenden Wohnungseigentumsrechts. Der Vorwurf, dem Verwalter werde mehr und zu viel Macht als früher eingeräumt, treffe nicht zu. Die Befugnisse des Verwalters hielten sich in den traditionellen Grenzen. Die praktisch wichtigste Verbesserung sei die Umgestaltung der Beschlussmängelklagen von einem Mitgliederprozess der Wohnungseigentümer untereinander zu einem Verbandsprozess. Das Ziel des Gesetzes, den Modernisierungsstau in vielen Wohnungseigentumsanlagen zu beheben, sei uneingeschränkt zu begrüßen, erklärte Schmidt-Räntsch. Die Regelungsvorschläge müssten im Einzelnen aber noch ergänzt werden, da sie ansonsten ungewollt den Modernisierungsstau verstärken würden.
Auch der Geschäftsführer des Verbands der Immobilienverwalter Deutschland, Martin Kaßler, bescheinigte dem Entwurf eine hohe Qualität. Er sei rechtsdogmatisch konsistent und löse viele Probleme der Praxis. Der Ansatz des Entwurfs sei überzeugend und entwickle die vom BGH bereits seit 2005 anerkannte Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer weiter. Notwendigen Änderungsbedarf sieht Kaßler auch vor dem Hintergrund aktueller Herausforderungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie. Es zeige sich hier, wie wichtig die zeitgemäße Anpassung gesetzgeberischer Regelungen an die schnell fortschreitenden technischen Möglichkeiten sei. So müsse die Durchführung virtueller Eigentümerversammlungen ermöglicht werden. Kaßler befürwortete auch eine Stärkung des Verbraucherschutzes durch einen Sachkundenachweis des Verwalters.
[Quelle: Bundestag]