Ob Ihr Mandant seine Ziele erreicht, hängt nicht zuletzt vom geschickten taktischen Vorgehen ab. Gerade angesichts der im Familienrecht typischen Verknüpfungen zwischen Scheidungsvoraussetzungen, Unterhalt, Zugewinn, Erbrecht, Steuerrecht usw. lauern hier besondere Fallstricke für den Anwalt.
a) Richtige Beratung bei der Trennung
Das Trennungsdatum ist relevant für den Beginn des Trennungsjahres als Voraussetzung für die spätere Scheidung, markiert aber auch den Beginn des Anspruches auf Trennungsunterhalt, denn dieser auf Zahlung gerichtete Anspruch aus § 1361 BGB ist nicht identisch mit dem lediglich als Teilhabe gerichteten Anspruch auf Familienunterhalt nach § 1360 BGB (OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.2.2015 – 13 UF 246/14, FamRZ 2015, 1200¸ OLG München, Beschl. v. 25.8.2015 – 16 WF 1133/15, FamRZ 2015, 2069).
Daher sollten dieses Datum und der damit verbundene Trennungswille ausreichend dokumentiert werden. In der Praxis kann dies dadurch erfolgen, dass der Anwalt des trennungswilligen Ehegatten dem anderen Ehegatten die Trennungsabsicht ankündigt oder unverzüglich nach einer bereits erfolgten Trennung den anderen Ehegatten entsprechend anschreibt. Soweit es z.B. für den Auskunftsanspruch zum Zugewinn (§ 1379 Abs. 2 BGB) auf das Trennungsdatum ankommt, ist auch ein gerichtliches Feststellungsverfahren zulässig (OLG Celle FamRZ 2014, 326). Die Darlegungs- und Beweislast für das Trennungsdatum trägt nach § 1379 BGB derjenige Ehegatte, der den Auskunftsantrag geltend macht.
Eine solche Erklärung begründet die für die Scheidung erforderliche Trennung (§ 1566 BGB) sogar, wenn die Eheleute nicht tatsächlich zusammengewohnt haben. Auch ohne ein Zusammenleben der Ehegatten kann ein Anspruch auf Trennungsunterhalt bestehen (BGH, Beschl. v. 19.2.2020 – XII ZB 358/19, FamRZ 2020, 918).
Grundsätzlich bleibt der getrenntlebende Ehegatte in der gesetzlichen Krankenversicherung des Ehepartners bis zur Rechtskraft der Scheidung mitversichert. Diese Mitversicherung endet aber dann, wenn die Eigeneinkünfte 450 EUR übersteigen. Wird für gezahlten Unterhalt das steuerliche Realsplitting nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG in Anspruch genommen, ist der gezahlte Unterhalt als anzurechnendes Einkommen hier mit zu berücksichtigen.
Hinweise:
- Bei der Inanspruchnahme des Realsplittings muss genau gerechnet werden, ob sich der daraus ergebende Vorteil überhaupt lohnt oder durch die Krankenversicherungsbeiträge aufgezehrt wird.
- Im Fall eines Unterhaltsvergleichs mit der Zustimmung zum Realsplitting sollte darauf geachtet werden, dass der Unterhaltspflichtige nicht nur die steuerlichen Nachteile übernimmt, sondern alle sich daraus ergebenden Nachteile. Wird dies im Vergleichstext nicht ausreichend deutlich formuliert, besteht ein erhebliches Haftungsrisiko!
- Prüfen sollte man auch, ob nicht anstelle des Realsplittings die Unterhaltsleistungen an den Ehegatten als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 a EStG geltend gemacht werden sollen. Dies ist – ohne Einverständnis des Empfängers – bis zu einem Jahresbetrag von 9.408 EUR jährlich (2020) bzw. 9.744 EUR (2021) möglich und reicht in vielen Fällen aus, die Unterhaltszahlungen voll steuerlich abzusetzen. Die nachteilige Folge für die Krankenversicherung wird so vermieden.
b) Das richtige Timing bei der Scheidung
Wenn der Mandant aus emotionalen Gründen einfach so schnell wie möglich von seinem Ehegatten geschieden werden möchte, wird der Anwalt dem Rechnung tragen müssen. Allerdings ist es auch dann erforderlich, in der anwaltlichen Beratung über die Konsequenzen deutlich aufzuklären. Kommt es dem Mandanten nicht auf eine schnelle Scheidung an, ist es nicht ausgeschlossen, dass der Mandant später den Vorwurf erhebt, man hätte ebenso gut noch abwarten können, dann wäre dieses oder jenes vorteilhafter gelaufen. Es muss also rechtzeitig nach allen Seiten hin überlegt und v.a. die Wechselwirkungen der einzelnen Tatbestände geprüft und mit dem Mandanten erörtert werden.
c) Das richtige Timing bei der Zustellung des Scheidungsantrags
Auf den Beginn verschiedener Ansprüche kann in gewisser Hinsicht Einfluss genommen werden, soweit für diese Ansprüche das Datum der Zustellung des Scheidungsantrags maßgebend ist. So kann z.B. vom Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages Altersvorsorgeunterhalt gem. § 1361 Abs. 1 S. 2 BGB gefordert werden. Geschieht dies nicht, kann sich der Ehegatte später nicht auf einen so entstandenen ehebedingten Nachteil i.S.d. § 1578b BGB berufen (BGH, Beschl. v. 4.7.2018 – XII ZB 122/17, FamRZ 2018, 1421; BGH, Beschl. v. 14.5.2014 – XII ZB 301/12, FamRZ 2014, 1276; BGH, Beschl. v. 26.2.2014 – XII ZB 235/12, FamRZ 2014, 823).
Ist voraussichtlich der eigene Mandant im Versorgungsausgleich ausgleichspflichtig, wird nicht selten wegen des vom Zustellungsdatum abhängigen Endes der Ehezeit für den Versorgungsausgleich (§ 3 Abs. 1 VersAusglG) ein schneller Scheidungsantrag ...