Bei familienrechtlichen Mandaten wird der anwaltliche Berater auf Schritt und Tritt auch vom Erbrecht begleitet. Hat der Ehegatte während funktionierender Ehe ein Interesse daran, im Todesfalle seinem überlebenden Ehegatten das Vermögen ganz oder zu Teilen zukommen zu lassen, so ändert sich dieses Interesse regelmäßig bei der Trennung. Jetzt geht das Ziel dahin, den anderen Ehepartner beim Erbfall erbrechtlich möglichst vollständig auszuschalten.
Das Getrenntleben der Ehegatten nach § 1567 BGB hat aber noch keine unmittelbaren konkreten Konsequenzen für das Ehegattenerbrecht bzw. die gewillkürte Erbfolge.
Praxistipp:
Will der Mandant diese erbrechtlichen Konsequenzen ändern, muss also umgehend gehandelt werden!
Die Rechtsfolge der gesetzlichen Erbfolge kann der Erblasser verhindern, indem er den anderen Ehegatten auf den Pflichtteil setzt (§ 1938 BGB). Nur auf diese Weise kann die Quote für den überlebenden Ehegatten auf ¼ reduziert werden. Unter den Voraussetzungen der §§ 2335, 2336 BGB kann zusätzlich der Pflichtteil entzogen werden.
Ist ein Testament vorhanden, hilft nur dessen Widerruf (§§ 2253 ff. BGB). Haben die Ehepartner ein gemeinschaftliches Testament (sog. Berliner Testament) begründet, kann dieses unter den Voraussetzungen der §§ 2271, 2296 Abs. 2 BGB widerrufen werden. Dazu ist es erforderlich, den Rücktritt gem. § 2296 BGB zu erklären, wobei diese Erklärung gem. § 2296 Abs. 2 BGB durch notarielle Beurkundung erfolgen muss. Da die Rücktrittserklärung eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist, müssen Urschrift oder Ausfertigung der notariellen Urkunde dem anderen Teil zugehen (§ 130 BGB). Ohne Beachtung dieser Formalien ist der Widerruf nicht wirksam.
Praxistipp:
Der beratende Anwalt sollte bereits bei der Trennungsberatung zumindest die erbrechtliche Problematik generell ansprechen. Beachten Sie auch die Auswirkungen erbrechtlicher Veränderungen auf die Kinder! Klären Sie, ob ein Testament oder ein Erbvertrag existiert.
Beachten Sie, dass manche Menschen mehrere Testamente machen, die sich u.U. widersprechen. Versuchen Sie, sich Klarheit über den Inhalt der Dokumente zu verschaffen.
Mit der Zustellung des Scheidungsantrags wird der andere Ehepartner erbrechtlich ausgeschlossen, wenn die Voraussetzungen für die Ehescheidung gegeben sind (§§ 1933 BGB, 253 Abs. 1, 261 ZPO). Es entfällt dann auch das gesetzliche Pflichtteilsrecht des Ehegatten (Birkenheier in: jurisPK-BGB, 2020, § 2303 Rn 59).
Der Ausschluss erstreckt sich immer nur auf den Antragsgegner des Scheidungsantrags, soweit nicht der andere Ehegatte seinerseits Scheidungsantrag stellt oder dem Scheidungsantrag zustimmt. Ein unschlüssiger Scheidungsantrag löst die Wirkungen nicht aus.
Praxistipp:
Prüfen Sie, ob bei einem Scheidungsantrag des Gegners auch selbst ein eigener Scheidungsantrag gestellt werden soll, um auch in dieser Richtung den erbrechtlichen Ausschluss zu erreichen.
Das gesetzliche Pflichtteilsrecht des Ehegatten entfällt generell mit der Rechtskraft der Scheidung.