(*zit. nach Albert Einstein)
Die 150 Jahr-Feier – das weit im Voraus angekündigte Geburtstagsfest des Deutschen Anwaltvereins (DAV) – hatte man sich allerorten wohl anders vorgestellt. Nachdem im vergangenen Jahr die Corona-Pandemie den Verband dazu zwang, erstmals in seiner Geschichte nicht vor Ort eine Präsenztagung, sondern einen virtuellen Anwaltstag abzuhalten – der übrigens ein voller Erfolg war – glaubte und hoffte man, dass im Jahre 2021 selbstverständlich alles anders sein würde.
Die Hauptstadt Berlin sollte es sein, wo mit vielen Ehrengästen und prominenten Rednern das beachtliche „Wiegenfest” gebührlich gefeiert werden sollte. Es kam bekanntlich anders und dies wiederum hatte Corona zu verantworten, nicht etwa die Überlegung, dass der DAV, so wie er sich heute darstellt, tatsächlich auf keine ununterbrochene 150-jährige Geschichte zurückschauen kann.
Zwar erblickte im Jahre 1871 ein Deutscher Anwaltverein als überregionaler Berufsverband das Licht der Welt, strukturiert war er seinerzeit jedoch noch völlig anders, wie es der ehemalige DAV-Präsident Felix Busse in seinem Werk über die Anwälte Deutschlands so umfassend beschrieben hat. Waren im „alten” Verband noch die einzelnen Anwälte Mitglieder, sind es bekanntlich heute die örtlichen Anwaltvereine, sodass man das Jahr der Geburt oder vielleicht allenfalls die Wiedergeburt auch in das Jahr 1948 verorten könnte. Es waren seinerzeit durchaus heftige Geburtswehen zu verzeichnen, verursacht durch die Kammern, die offensichtlich einen unliebsamen Konkurrenten bei der Interessenvertretung der Anwaltschaft verhindern wollten.
Es kam anders und das ist auch gut so!
Mehr denn je benötigt die Anwaltschaft heute zwei starke und kompetente Berufsverbände, die den Anliegen ihrer Mitglieder und ebenso sehr den berechtigten Interessen des rechtsuchenden Publikums bei der Politik nachhaltig Gehör verschaffen – insb. jetzt, nachdem in den letzten Jahren die Bedeutung der Anwaltschaft für das Rechtswesen nur noch in Sonntagsreden platziert, nicht aber gelebt wird.
Schon an anderer Stelle hatte ich ausreichend Beispiele genannt, die diese traurige Beurteilung belegen. Anlässlich einer Geburtstagsfeier – seien es nun 150 Jahre oder 73 Jahre und nach einem wieder überaus erfolgreichen, wenn auch virtuellen Deutschen Anwaltstag (DAT) – ist hier nicht der Platz für eine erneute Schelte.
Ganz im Gegenteil, der DAT gab und gibt Anlass, die hinlänglich bekannten Herausforderungen, denen sich die Anwaltschaft gegenübersieht, mit Elan, Selbstbewusstsein und insb. mit einer etwas lauteren und möglichst auch noch kritischeren Stimme anzugehen.
Es ist für einen durchaus gewünschten Diskurs gar nicht schädlich, dass die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) und der DAV nicht stets einer Meinung sind, sondern durchaus unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten ins Auge fassen und propagieren. Hierbei sollte allerdings – um es einmal ins militärische zu übersetzen – nicht ein sog. Friendly Fire der Ratgeber sein, sondern das allgemein bekannte „Getrennt marschieren, gemeinsam schlagen”.
Beide Verbände tun jedenfalls gut daran, und dies hat sich immer wieder bewährt, auch bei unterschiedlicher Gewichtung und Beurteilung der aktuellen Probleme diese von gegenseitigem Respekt begleitet anzugehen und sind dem Zugeständnis verbunden, dass man sich jedenfalls in dem Ziel einig ist, das Beste für die Anwaltschaft und das rechtsuchende Publikum herbeizuführen.
Der DAV ist hier zweifelsfrei in einer schwierigeren Lage als die BRAK, die verschiedenen Interessen eines nun schon seit geraumer Zeit nicht mehr homogenen Berufsstandes zu definieren und überzeugend zu bündeln.
Bei einer freiwilligen Mitgliedschaft sieht sich ein Verband ständig den kritischen Augen der Mitglieder ausgesetzt, die etwaigen Unwillen durch die sog. Entscheidung mit Füßen, sprich durch Austritte zum Ausdruck bringen können.
Bislang scheint es dem DAV noch weitestgehend zu gelingen, die insb. derzeit auferlegte buchstäbliche „Gratwanderung” erfolgreich zu bestehen.
Gut aufgestellt scheint er für alte und insb. auch für die neuen Herausforderungen allemal, mit einer neuen dynamischen Hauptgeschäftsführerin, einer Präsidentin, die politischen Weitblick mit Bodenhaftung und Ohr für die sog. Basis verbindet und mit einem Vorstand, dem anlässlich des DAT durch die Vorstandswahlen auch viel neues Blut zugeführt wurde.
Entscheidend wird es sein, mehr noch als bislang, Ratgeber und Begleitung bei neuer Gesetzgebung und Kritiker bei reformbedürftigen Gesetzeswerken zu sein.
Dabei muss der DAV seine bislang erfolgreiche Tätigkeit aber auch im Kleinen fortsetzen und intensivieren, d.h. Hilfestellung leisten nicht nur bei einer vernünftigen Rechtspolitik, sondern bei deren Umsetzung in der täglichen Anwaltspraxis und i.R.d. Unterstützung bei Kanzleimanagement und fortschreitender Digitalisierung.
Der DAV hat – wie es in Krimis immer so schön heißt – das Motiv, die Gelegenheit und auch die Mittel. Mit der vorhandenen Manpower – um es neudeutsch zu formuli...