Zum Sachverhalt: Eine Grafikdesignerin des SWR begehrt nach mehr als 20-jähriger Tätigkeit die Feststellung des Arbeitnehmerstatus und die Vergütung als Arbeitnehmerin auf der Grundlage der getroffenen Vereinbarung in der Höhe eines Tagessatzes von 241 EUR brutto. Die Klägerin erbringt Grafikleistungen ungefähr zur Hälfte für die Sendung „Landesschau aktuell”, zu etwa einem Fünftel für das Verbrauchermagazin „Marktcheck” und im Übrigen für andere Sendungen. Für die „Landesschau” erstellt sie sog. Hintergrundbilder, die während der Moderation eingeblendet werden, für das Verbrauchermagazin „Marktcheck” erstellt die Klägerin vorwiegend Infografiken und sog. Erklärstücke. Der SWR ist der Ansicht, sie sei angesichts der künstlerischen Tätigkeit freie Mitarbeiterin.
Das BAG differenziert zwischen programmgestaltenden Mitarbeitern, welche grds. als Selbstständige beschäftigt werden und nicht programmgestaltenden Mitarbeitern, insb. der Betriebstechnik oder der Verwaltung, welche regelmäßig Arbeitnehmerstatus besitzen. Programmgestaltende Mitarbeiter wirken an Hörfunk- und Fernsehsendungen inhaltlich mit, wenn sie typischerweise ihre eigene Auffassung zu politischen, wirtschaftlichen, künstlerischen oder anderen Sachfragen, ihre Fachkenntnisse und Informationen, ihre individuelle künstlerische Befähigung und Aussagekraft in die Sendung einbringen, wie dies bei Redakteuren (vgl. hierzu BAG, Urt. v. 11.12.1991 – 7 AZR 128/91; BAG, Urt. v. 20.5.2009 – 5 AZR 31/08; BAG, Urt. v. 13.12.2017 – 7 AZR 69/16, Rn 12), Regisseuren, Moderatoren (vgl. BAG, Urt. v. 19.1.2000 – 5 AZR 644/98, BAGE 93, 218), Reportern (vgl. BAG, Urt. v. 20.9.2000 – 5 AZR 61/99), Berichterstatter (vgl. BAG, Urt. v. 14.3.2007 – 5 AZR 499/06), Kommentatoren, Wissenschaftlern und Künstlern der Fall ist. Zur Tätigkeit in einer Online-Redaktion als „programmgestaltend”, wenn die Mitarbeiter typischerweise ihre eigene Auffassung zu politischen, wirtschaftlichen, künstlerischen oder anderen Sachfragen haben und ihre Fachkenntnisse und Informationen, ihre individuelle künstlerische Befähigung und Aussagekraft in die Sendung einbringen. Eine inhaltliche Akzentuierung der Onlinebeiträge durch selbstständiges Verfassen von Überschriften, Teasern und Aussuchen von Bildern entspricht einer programmgestaltenden Arbeit (vgl. OLG Köln, Urt. v. 1.7.2020 – 10 Sa 26/20 juris m. Anm. Euler, jurisPR-ArbR 7/2021 Anm. 5).
Hinweis:
Ausnahmsweise kann auch bei programmgestaltenden Mitarbeitern ein Arbeitsverhältnis vorliegen, wenn sie weitgehenden inhaltlichen Weisungen unterliegen, ihnen somit nur ein geringes Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und Selbstständigkeit verbleibt, und der Sender innerhalb eines zeitlichen Rahmens über ihre Arbeitsleistung verfügen kann. Letzteres ist dann der Fall, wenn ständige Dienstbereitschaft erwartet wird oder wenn der Mitarbeiter in nicht unerheblichem Umfang auch ohne entsprechende Vereinbarung durch Dienstpläne herangezogen wird, ihm somit die Arbeiten letztlich zugewiesen werden (BAG, Urt. v. 17.4.2013 – 10 AZR 272/12, Rn 17 f., BAGE 145, 26).
Nicht zu den programmgestaltenden Mitarbeitern gehören das betriebstechnische und das Verwaltungspersonal sowie diejenigen, die zwar bei der Verwirklichung des Programms mitwirken, aber keinen inhaltlichen Einfluss darauf haben. In diese Kategorie hat die Rechtsprechung z.B. Sprecher und Übersetzer von Nachrichten- und Kommentartexten (vgl. BAG, Urt. v. 11.3.1998 – 5 AZR 522/96), Musikarchivare (vgl. BAG, Urt. v. 8.11.2006 – 5 AZR 706/05, BAGE 120, 104) und Cutter (vgl. BAG, Urt. v. 17.4.2013 – 10 AZR 272/12, BAGE 145, 26) eingeordnet und deshalb die Arbeitnehmereigenschaft anhand der allgemeinen Kriterien geprüft. Nicht programmgestaltende Mitarbeiter werden im Regelfall häufiger die Kriterien eines Arbeitnehmers erfüllen, als es bei programmgestaltenden Mitarbeitern zu erwarten ist (vgl. BAG, Urt. v. 17.4.2013 – 10 AZR 272/12, Rn 17, 19, a.a.O.).
Konkret hat das BAG die Arbeitnehmereigenschaft bejaht. Zwar wird die Klägerin künstlerisch tätig, indem sie bspw. die Hintergrundbilder für Nachrichtensendungen und Erklärstücke entwirft. Doch liegt die Entscheidungshoheit, welche Bilder, Hintergründe oder Erklärstücke verwendet werden, bei dem Studioredakteur oder Regisseur, weshalb ein programmgestaltender Einfluss verneint wurde.
Hinweis:
Die Vergütungsklage war ohne Erfolg. Eine Vergütungsvereinbarung aufgrund eines freien Dienstvertrags ist nicht automatisch Grundlage der Vergütung, wenn – entgegen der Vertragsbezeichnung – der Arbeitnehmerstatus anerkannt wird. Es fehlt vielmehr an einer Vergütungsvereinbarung, weshalb § 612 BGB zur Anwendung kommt, dessen Voraussetzungen durch den Arbeitnehmer darzulegen und zu beweisen sind.