1. Geänderte Normstruktur in § 5a UWG
Die von ihrem Anwendungsbereich her ohnehin umstrittene Vorschrift in § 5a Abs. 1 UWG a.F. wurde aufgehoben. Die bislang in § 5a Abs. 2 UWG enthaltenen Regelungen wurden in § 5a Abs. 1 und 2 UWG aufgenommen und umfassen auch den Schutz von sonstigen Marktteilnehmern.
Nach der Grundnorm in § 5a Abs. 1 UWG handelt unlauter, wer einen Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer irreführt, indem er ihm eine wesentliche Information vorenthält,
- die er nach den jeweiligen Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und
- deren Vorenthalten dazu geeignet ist, den Verbraucher oder den sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Wesentlich ist eine Information dann, wenn ihre Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann und ihr für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers ein erhebliches Gewicht zukommt (etwa BGH, Urt. v. 27.4.2017 – I ZR 55/16, GRUR 2017, 1265 Rn 19). Dabei kann bei geschäftlichen Handlungen gegenüber sonstigen Marktteilnehmern (o.âEUR™II.2.c) einâEUR™anderer Beurteilungsmaßstab als bei Verbrauchern in Betracht kommen (BT-Drucks 19/27873 S. 34; vgl.âEUR™auch BGH, Urt. v. 19.4.2018 – I ZR 154/16, GRUR 2018, 1251 Rn 68 zu § 4a UWG).
Die frühere Regelung zur weiteren Konkretisierung des Begriffs "Vorenthalten" von wesentlichen Informationen in § 5a Abs. 2 S. 2 UWG a.F. (Verheimlichen; Bereitstellung in unklarer Weise; nicht rechtzeitige Bereitstellung) wurde unverändert in § 5a Abs. 2 UWG übernommen.
Nach § 5a Abs. 3 UWG sind, wie bisher, bei der Prüfung des "Vorenthaltens" räumliche oder zeitliche Beschränkungen des gewählten Kommunikationsmittels etwa bei Fernseh- oder Rundfunkwerbung sowie Maßnahmen des Unternehmers, die Information auf anderem Wege zur Verfügung stellen, zu berücksichtigen.
2. Neufassung der Regelungen zur Schleichwerbung (§ 5a Abs. 4 UWG)
Die bisherige Regelung in § 5a Abs. 6 UWG a.F., wonach unlauter handelt, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht aus den Umständen ergibt, und das unterbliebene Kenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte, wurde in § 5a Abs. 4 UWG übernommen und ergänzt. Erfasst werden nunmehr auch sonstige Marktteilnehmer. Nach dem neu eingefügten S. 2 liegt ein kommerzieller Zweck bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens nicht vor, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmen erhält oder sich versprechen lässt. Der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung wird nunmehr vermutet, es sei denn der Handelnde macht glaubhaft, dass er eine solche nicht erhalten hat (S. 3).
Dadurch soll insb. ein sicherer Rechtsrahmen für Handlungen von Influencern geschaffen werden, wenn diese Waren und Dienstleistungen anderer Unternehmen empfehlen, ohne eine Gegenleistung zu erhalten, weil eine Kennzeichnung solcher Handlungen als kommerziell unangemessen erscheine (BT-Drucks 19/27873 S. 34). Allerdings ist die Neuregelung nach ihrem Wortlaut nicht auf diesen Personenkreis beschränkt. Bei sog. Influencern handelt es sich um Personen, die im Internet in den sozialen Medien (wie etwa Instagram, YouTube oder anderen Plattformen) Beiträge zu einem bestimmten Themengebiet veröffentlichen und eine mehr oder weniger hohe Zahl von Nutzern ("Follower") erreichen.
Ob eine Verpflichtung des Influencers zur Kenntlichmachung des kommerziellen Zwecks seiner geschäftlichen Handlung (als Werbung) besteht, hängt im Einzelfall zunächst davon ab, ob eine geschäftliche Handlung zugunsten des eigenen Unternehmens (Eigenwerbung für seine Werbedienstleistungen) oder zugunsten eines fremden Unternehmens (Hersteller der beworbenen Produkte) vorliegt (o. II.2.b.), weil sich die privilegierende Neuregelung in § 5a Abs. 4 S. 2 UWG (kein kommerzieller Zweck bei fehlender Gegenleistung) nur auf Handlungen zugunsten eines fremden Unternehmens bezieht. Zudem sind die medienrechtlichen Kennzeichnungspflichten bei kommerziellen Kommunikationen wie in § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG zu berücksichtigen, weil es sich bei Influencern um Diensteanbieter i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 TMG handelt und nach der Rechtsprechung des BGH die bereichsspezifische Spezialvorschrift des § 6 Abs. 1 TMG als sog. Marktverhaltensregelung i.S.v. § 3a UWG (ebenso wie § 22 Abs. 1 MStV) dem Kennzeichnungsgebot in § 5a Abs. 4 vorgeht (BGH, Urt. v. 9.9.2021 – I ZR 125/20, GRUR 2021, 1414 Rn 50 ff.; o. II.1.).
Nach § 2 S. 1 Nr. 5 lit. b TMG liegt eine kommerzielle Kommunikation u.a. nicht vor bei der Übermittlung von Angaben in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen, die unabhängig und insb. ohne finanzielle Gegenleistung oder sonstige Vorteile von natürlichen Personen gemacht werden und die – wie bei Influencern – eine unmittelbare Verbindung zu einem Nutzerkonto von weiteren natürlichen Personen bei Diensteanbietern ermöglichen. Ei...