Für die Anschlusserklärung und das weitere Verfahren ist Folgendes zu beachten:
1. Zeitpunkt der Antragstellung
In der Regel wird der Rechtsanwalt unverzüglich nach Übernahme des Mandats anzeigen, dass er den Nebenkläger vertritt und den Antrag auf Zulassung der Nebenklage stellen. Möglich ist der Antrag in jeder Lage des Verfahrens (§ 395 Abs. 4 S. 1 StPO); die einmal vorgenommene Zulassung wirkt für das weitere Verfahren fort (BGH NStZ-RR 2018, 197 [Ci/Ni]). Die frühzeitige Antragstellung empfiehlt sich insb. deshalb, weil dem Nebenkläger nach §§ 406f, 406g StPO besondere Rechte zustehen können (wegen der Einzelh. Burhoff/Burhoff, EV, Rn 4685). Nach Rechtskraft des Urteils kann eine Nebenklage nach § 397 Abs. 3 StPO nicht mehr zugelassen werden (BGH StraFo 2005, 513; StraFo 2008, 332; Beschl. v. 4.11.2020 – 6 StR 292/20, NStZ-RR 2021, 25 [Ls.]), auch wenn sie bereits früher beantragt war (OLG Düsseldorf NStZ-RR 1997, 11; OLG Hamm NStZ-RR 2003, 335).
2. Anschlusserklärung
Die Anschlusserklärung ist nach § 396 Abs. 1 S. 1 StPO grds. bei Gericht einzureichen. Eine vor Erhebung der Anklage im Ermittlungsverfahren eingereichte Anschlusserklärung wird mit der Erhebung der öffentlichen Klage wirksam. Im Strafbefehlsverfahren wird der Anschluss nach § 396 Abs. 1 S. 3 wirksam, wenn Termin zur Hauptverhandlung anberaumt wird (§§ 408 Abs. 3 S. 2, 411 Abs. 1 StPO) oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt worden ist.
Die Anschlusserklärung bedarf der Schriftform (dazu Meyer-Goßner/Schmitt, § 396 Rn 2 m.w.N.; Schroth, Rn 279). Wird sie als elektronisches Dokument erstellt, gilt § 32a Abs. 1 StPO (s. im Einzelnen BGH, Beschl. v. 8.9.2022 – 3 StR 251/22, NStZ 2023, 54 m.w.N.; Beschl. v. 16.11.2022 – 3 StR 371/22, StraFo 2023, 54; zur Anschlusserklärung des Nebenklägers ausdrücklich Meyer-Goßner/Schmitt, § 32a Rn 4; BeckOK StPO/Valerius, 45. Ed.; SSW-StPO/Claus, 5. Aufl., § 32a Rn 6). Die Vertretung bei der Abgabe der Erklärung ist zulässig (Meyer-Goßner/Schmitt, § 396 Rn 3; vgl. auch BGH, Beschl. v. 3.12.2019 – 2 StR 155/19, NStZ-RR 2020, 91).
Die Erklärung muss eindeutig sein. Eine Begründung ist nicht erforderlich. Der Nebenklageberechtigte muss prozessfähig sein (zuletzt KG StV 2011, 402 [Ls.] m.w.N. aus Rspr. und Lit.).
Die Anschlusserklärung eines minderjährigen Verletzten ist daher nur wirksam, wenn der Personensorgeberechtigte ihn bei dieser Prozesserklärung vertritt oder der Erklärung des Minderjährigen zustimmt (BGH, Beschl. v. 26.1.2022 – 3 StR 465/21, NStZ-RR 2022, 123 m.w.N.; KG, a.a.O.). Für die Zustimmungserklärung besteht kein Formerfordernis (BGH, a.a.O.). Für die Entscheidung der Frage, ob sich das minderjährige Kind in dem Strafverfahren gegen einen Elternteil als Nebenkläger anschließt, gelten die allgemeinen Bestimmungen der § 1629 Abs. 2 S. 1 u. 3 BGB i.V.m. §§ 1795, 1796 BGB. Insoweit bedarf es erst noch einer gerichtlichen Entziehung der Vertretungsbefugnis (dazu OLG Bamberg, Beschl. v. 16.3.2020 – 2 UF 27/20, FamRZ 2020, 1382; OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 22.10.2008 – 6 UF 174/08, FamRZ 2009, 1227 m.w.N.; Beschl. v. 12.12.2017 – 7 UF 64/17, FamRZ 2018, 827; zu allem eingehend – auch wegen Rechtsmitteln – Cirullies/Cirullies, FamRB 2021, 76).
3. Anschlussverfahren
Über die Berechtigung zum Anschluss wird gem. § 396 Abs. 2 StPO nach Anhörung der Staatsanwaltschaft entschieden. Der Beschuldigte/Angeklagte wird nur im Fall des § 395 Abs. 3 StPO (oben III., 3 d) gehört.
Will das Gericht das Verfahren gem. §§ 153 ff. StPO einstellen, muss der Nebenkläger dazu gehört werden. Die Einstellung ist aber grds. nicht von seiner Zustimmung abhängig (vgl. aber BGH, Beschl. v. 12.6.2001 – 1 StR 190/01; OLG Hamm, Beschl. v. 1.6.2017 – 1 Ws 151/17 [so lange Anschlussbefugnis besteht, ist für eine Verfolgungsbeschränkung nach § 154a StPO Zustimmung erforderlich]). Vor der Einstellung des Verfahrens muss das Gericht jedoch über die Zulassung des Nebenklägers entschieden haben (dazu Meyer-Goßner/Schmitt, § 396 Rn 18).
Der Anschlusserklärung muss stattgegeben werden, wenn nach der Sachlage oder aufgrund des Vorbingens des den Anschluss Erklärenden die Verurteilung des Beschuldigten/Angeklagten wegen eines Nebenklagedelikts rechtlich möglich erscheint (BGHSt 52, 153; OLG Celle StraFo 2017, 195; OLG Rostock, Beschl. v. 25.4.2016 – 2 Ws 75/16; auch OLG Brandenburg NStZ 2010, 654), und zwar auch dann, wenn die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung wegen des Nebenklagedelikts nur gering ist (LG Koblenz NJW 2004, 305). Auf die Einschätzung der Staatsanwaltschaft kommt es insoweit nicht an (BGHSt 29, 216; OLG Celle, a.a.O.). Diese kann also nicht dadurch, dass das Nebenklagedelikt nicht angeklagt wird, den Anschluss verhindern.
4. Rechtsmittel
Im Zusammenhang mit dem Anschluss stehen folgende Rechtsmittel zur Verfügung. Wird die Nebenklage nicht zugelassen, können dagegen der Nebenkläger und die Staatsanwaltschaft einfache Beschwerde nach § 304 StPO einlegen (auch OLG Celle NJW 2012, 3558 [Ls.]). Gegen die Zulassung können die Staatsanwaltschaft und auch der Angeschuldigte einfache Beschwerde nach § 304 StPO einl...