1. Befristungsabrede – Verlängerung – Schriftformerfordernis
Sachverhalt:
Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund einer sachgrundlosen Befristung sowie einer vorsorglich erklärten Kündigung der Beklagten. Der Kläger und die Beklagte unterzeichneten unter dem Datum „1.4.2019” einen befristeten Arbeitsvertrag, auf dessen erster Seite es u.a. heißt:
„§ 1 Tätigkeit, Vertragsdauer
(1) Der Arbeitnehmer wird als Kassierer im Südbad für den Zeitraum v. 15.5.2019 bis zum 30.9.2019 befristet eingestellt. Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf der vereinbarten Frist, ohne dass es einer Kündigung bedarf ...”
Nach Vertragsunterzeichnung und vor Aufnahme der Tätigkeit durch den Kläger einigten sich die Parteien mündlich auf einen früheren Arbeitsbeginn. Die Beklagte übersandte dem Kläger eine geänderte erste Seite des Arbeitsvertrags, in der eine befristete Einstellung „für den Zeitraum vom 1.5.2019 bis zum 30.9.2019” und eine modifizierte Vertragsnummer ausgewiesen sind, und verband dies mit der Bitte, die erste Seite des Vertrags auszutauschen und die „alte” erste Seite zurückzusenden. Dies erfolgte nicht; der Kläger nahm seine Tätigkeit am 4.5.2019 auf.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerechte Befristungskontrollklage war in allen drei Instanzen ohne Erfolg. Die Befristungsabrede genügt nach der Rspr. des Siebten Senats des BAG (BAG, Urt. v. 16.8.2023 – 7 AZR 300/22, NZA 2023, 1524) dem Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG. Zum einen haben die Parteien mit der Einigung über einen früheren Beginn der Tätigkeit des Klägers keine weitere oder neue Befristungsabrede unter Missachtung des Schriftformgebots getroffen, weshalb offenbleiben kann, ob eine solche überhaupt Gegenstand der angebrachten Befristungskontrollklage wäre. Zum anderen genügt die Befristung in dem unter dem 1.4.2019 unterzeichneten Arbeitsvertrag auch im Hinblick auf die spätere Einigung über eine frühere Tätigkeitsaufnahme der Schriftform.
Das BAG stellt im Wege der Auslegung klar, dass die Beklagte dem Kläger kein „neues” Arbeitsvertragsangebot unterbreitet hatte. Dies folgt aus dem erkennbaren Willen der Parteien lediglich den Beginn der Vertragslaufzeit vorverlegen wollten und dem tatsächlichen Vollzug durch frühere Tätigkeitsaufnahme des Klägers. Belegt wird dies – so der Senat – „deutlich” aus der im Zusammenhang mit der vereinbarten Vorverlegung geäußerten Bitte der Beklagten, der Kläger möge die erste Seite des Arbeitsvertrags v. 1.4.2019 austauschen und die „alte” zurücksenden. Ein solches Vorgehen wäre nicht angezeigt gewesen, wenn es um ein neues oder weiteres befristetes Arbeitsverhältnis hätte gehen sollen. Die auf der neuen ersten Seite von der Beklagten modifiziert angegebene Vertragsnummer besagt nichts anderes, weil gerade kein vollständig neuer Arbeitsvertragstext übersandt worden ist.
Die Parteien haben nach dem Maßstab der §§ 305 ff. BGB einen kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrag mittels Festlegung eines Endtermins vereinbart. Ein Vertragszeitraum, wie beispielsweise: „Ab 15.5.2019 für 4 ½ Monate” ist nicht genannt, allein ein Beginn und Endtermin. Dann aber kommt es für das Ende allein auf den Endtermin an.
Ist ein ausdrücklicher Endtermin kalendermäßig benannt, so kommt es grds. auf den Anfangstermin nicht an. Das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG dient dazu, angesichts der besonderen Bedeutung der Befristung, die automatisch zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt, größtmögliche Rechtssicherheit zu gewährleisten (vgl. BT-Drucks 14/626, S. 11). Außerdem bezweckt es eine Erleichterung der Beweisführung. Es soll unnötiger Streit über das Vorliegen und den Inhalt einer Befristungsabrede vermieden werden. Dem Arbeitnehmer soll außerdem deutlich vor Augen geführt werden (Warnfunktion), dass sein Arbeitsverhältnis – anders als bei dem Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags – mit der Vereinbarung der Befristung zu einem bestimmten Zeitpunkt automatisch enden wird und daher keine dauerhafte Existenzgrundlage bilden kann (Klarstellungs- Warn- und Beweisfunktion). Bei der kalendermäßigen Befristung unterliegen demnach die Elemente der Schriftform, die den Endtermin des Arbeitsvertrags bestimmen oder bestimmbar machen. Ist ein konkretes Datum als Beendigung des Arbeitsverhältnisses schriftlich festgehalten, tangiert die Angabe des Beginns des Arbeitsverhältnisses weder den klarstellenden und warnenden noch den beweissichernden Zweck des § 14 Abs. 4 TzBfG. Unabhängig vom Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses ist bei einer schriftlichen datumsmäßigen Benennung eines „Endtermins” – hier „30.9.2019” – für den Arbeitnehmer klar erkennbar, zu welchem Zeitpunkt es enden soll.
Hinweise:
1. |
Mit dem überwiegenden Schrifttum (vgl. MüKo/Engshuber, BGB, 9. Aufl., 2023, § 14 TzBfG Rn 133) ist bei der Verlängerung eines befristeten Vertrages zu unterscheiden:
a) |
Wird der Beendigungstermin hinausgeschoben, liegt stets eine formbedürftige Änderung der Befristungsabrede vor, weil hierin grds. eine (weitere) eigenständige Befristung liegt. |
b) |
Diese ... | |