Für Streitigkeiten nach § 43 Nr. 1 bis 4 und 6 WEG ist ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstands gem. § 23 Nr. 2 lit. c GVG ausschließlich das Amtsgericht zuständig.

1. Grundsätzliches

a) Örtliche Zuständigkeit

Örtlich zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk "das" Grundstück liegt, § 43 WEG. Natürlich muss es sich um ein Grundstück handeln, auf dem durch vertragliche Einräumung von Sondereigentum oder durch Teilung Wohnungseigentum begründet worden ist.

b) Abgrenzung

Im Gegensatz zu Familien- und Betreuungssachen hat der Gesetzgeber nicht vorgeschrieben, dass bei den Amtsgerichten Abteilungen für Wohnungseigentumssachen zu bilden sind. Das kann zu gerichtsinternen Abgrenzungsproblemen führen. Weist ein Verfahren nach § 43 WEG nur geringen Bezug zu dem Sachgebiet des Wohnungseigentumsrechts auf und liegt der Schwerpunkt bei den familienrechtlichen Bezügen, ist eine Familiensache anzunehmen. Das gilt schon, wenn der Rechtsstreit durch familienrechtliche Verhältnisse nicht unwesentlich mitgeprägt wird (OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 12.6.2014 – 8 WF 75/14). Das kann indessen nur im Einzelfall beurteilt werden.

 

Hinweis:

Mangels besonderer Regelungen ist in den "Streitigkeiten" des § 43 Nr. 1 bis 4 WEG nach der Zivilprozessordnung zu verfahren. So ist für die Ermächtigung der Wohnungseigentümer zur Einberufung einer Eigentümerversammlung nicht (mehr) der Rechtspfleger, sondern der Richter zuständig (LG München I, Beschl. v. 17.4.2013 – 36 T 7524/14).

c) Rechtsmittelgericht

Ob über "Rechte und Pflichten" i.S.d. § 43 Nr. 1 bis 3 WEG gestritten wird, ist jedenfalls im Rahmen von § 72 Abs. 2 S. 1 GVG in rein materiell-rechtlicher Betrachtungsweise zu bestimmen (LG Duisburg, Beschl. v. 27.1.2014 – 5 S 113/13). Das birgt für den Anwalt ein erhebliches Risiko bei Rechtsmitteln. Rechtsmittelgericht ist das für den Sitz des übergeordneten Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk das erkennende Amtsgericht seinen Sitz hat, zuständige Landgericht, allerdings mit der Möglichkeit einer anderweitigen (Konzentrations-)Regelung durch die Länder, § 72 Abs. 2 GVG. Wird in einer Streitigkeit nach § 43 WEG die Berufung entgegen § 72 Abs. 2 GVG bei dem allgemein zuständigen Berufungsgericht eingelegt, ist sie grundsätzlich als unzulässig zu verwerfen (LG Duisburg, Beschl. v. 8.6.2010 – 7 S 10/10).

 

Hinweis:

Der BGH hat das nur geringfügig abgeschwächt. Wird die Berufungsschrift zwar fristgerecht, aber beim unzuständigen Landgericht eingereicht, ist die Berufungsfrist nur gewahrt, wenn die Frage, ob eine Streitigkeit nach § 43 Nr. 1 bis 4 und Nr. 6 WEG vorliegt, für bestimmte Fallgruppen noch nicht höchstrichterlich geklärt ist und man über die Beantwortung mit guten Gründen unterschiedlicher Auffassung sein kann (BGH, Beschl. v. 21.6.2012 – V ZB 56/12).

Mit Wiedereinsetzung kann der Rechtsanwalt nur selten rechnen. Die Zuständigkeit der sog. Konzentrationsgerichte muss ein Anwalt kennen. Sein Verschulden wird der Partei zugerechnet (LG München I, Beschl. v. 8.1.2014 – 36 S 22208/13). Ein Antrag gem. § 281 Abs. 1 ZPO kann weiterhelfen, muss es aber nicht. Ausnahmsweise kann eine fristwahrende Berufungseinlegung beim unzuständigen Berufungsgericht mit anschließender Verweisung entsprechend § 281 ZPO erfolgen, wenn der Berufungskläger bei schwierigen Grenzfällen anhand der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zuverlässig beurteilen kann, ob eine Streitigkeit gem. § 43 Nr. 1 bis 4 oder Nr. 6 WEG vorliegt oder wenn der Rechtsmittelkläger eine in verfahrensfehlerhafter Weise ergangene Entscheidung auf dem durch den Verfahrensfehler indizierten Weg anficht (LG Rostock, Beschl. v. 18.4.2011 – 1 S 171/10). Andererseits: Die bei einem unzuständigen Berufungsgericht eingelegte Berufung kann nicht an das zuständige Berufungsgericht verwiesen werden, sondern ist als unzulässig zu verwerfen, wenn sie dort verspätet eingeht. Soweit das Amtsgericht die Sache richtigerweise nicht als allgemeine Zivilsache, sondern als WEG-Sache behandelt hat, liegt kein Anwendungsfall des Meistbegünstigungsgrundsatzes vor (LG Duisburg, Beschl. v. 27.1.2014 – 5 S 113/13). Gestritten hatten zwei Mit-Wohnungserbbauberechtige um ein Sondernutzungsrecht an einer Garage. Die WEG-Abteilung des Amtsgerichts hatte eine Übernahme der Sache von der Allgemeinen Abteilung abgelehnt, weil von dieser bereits das schriftliche Vorverfahren angeordnet worden war. Das Gericht der allgemeinen Abteilung hatte der Klage stattgegeben, weil der Kläger – und nicht der Beklagte – Inhaber des Sondernutzungsrechtes sei. Für eine Zuordnung der Streitigkeit zu § 43 WEG spricht sogar, wenn das WEG-Gericht gem. § 36 ZPO als zuständiges Gericht bestimmt worden ist (LG Duisburg, Beschl. v. 8.6.2010 – 7 S 10/10).

2. § 43 Nr. 1 bis 4 WEG

a) Verfahrensgegenstand

Gegenstand eines Verfahrens nach § 43 Nr. 1 WEG sind lediglich Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander, die sich aus der Gemeinschaft oder der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ergeben. Damit scheiden etwa Streitigkeiten über Begründung, Übertragung, Aufhebung und Belastung des Eigentums (BGHZ 62, 388) einschließlich solcher über di...

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