Die Klägerin macht Arbeitsentgelt in Form von Mindestentgelt nach § 2 der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (PflegeArbbV) vom 15.7.2010 geltend. Sie arbeitete als Pflegehelferin in zweiwöchigen Rund-um-die-Uhr-Diensten, während derer sie verpflichtet war, an der Pflegestelle anwesend zu sein. Zu ihren Aufgaben gehörte u.a. die Pflege und Betreuung von zwei Schwestern einer Katholischen Schwesternschaft. Sie bewohnte in den Arbeitsphasen im Haus der Schwesternschaft ein Zimmer in unmittelbarer Nähe zu den zu betreuenden Personen. Diese nahmen täglich, wie die Klägerin, von 11:45 bis 12:45 Uhr am gemeinsamen Mittagessen und von 17:50 bis 18:50 Uhr am Gottesdienst teil. Mit ihrer Klage hat die Klägerin Nachzahlung begehrt unter Annahme einer täglichen Arbeitszeit von 24 Std. während ihrer Dienstzeiten und geltend gemacht, das Mindestentgelt von – damals – 8,50 EUR je Stunde nach § 2 Abs. 1 PflegeArbbV sei für jede Form der Arbeit zu zahlen. Die Beklagte hat eingewendet, die Klägerin habe nicht 24 Std. am Tag gearbeitet, zudem sei das Mindestentgelt nach der PflegeArbbV nicht für Bereitschaftsdienst zu zahlen. Für diesen könne arbeitsvertraglich eine geringere Vergütung vereinbart werden.
Die Revision der Beklagten gegen das der Klage im wesentlichen stattgebende Urteil des LAG blieb erfolglos (BAG, Urt. v. 19.11.2014 – 5 AZR 1101/12, MDR 2015, 403). Das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV ist "je Stunde" festgelegt und knüpft damit an die vergütungspflichtige Arbeitszeit an. Dazu gehören nicht nur die Vollarbeit, sondern auch die Arbeitsbereitschaft und der Bereitschaftsdienst. Während beider muss sich der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort bereithalten, um im Bedarfsfalle unverzüglich die Arbeit aufzunehmen. Zwar kann dafür ein geringeres Entgelt als für Vollarbeit bestimmt werden. Von dieser Möglichkeit hat der Verordnungsgeber im Bereich der Pflege aber keinen Gebrauch gemacht. Deshalb sind arbeitsvertragliche Vereinbarungen, die für Bereitschaftsdienst in der Pflege ein geringeres als das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV vorsehen, unwirksam. Lediglich die Zeiten des Mittagessens und der Teilnahme am Gottesdienst hat das BAG als nicht zu vergütende Pausen gewertet. So ergab sich ein Vergütungsanspruch über 22 Std. täglich.
Hinweis:
Das LAG und das BAG wenden die Grundsätze des Arbeitszeitgesetzes in der unionsrechtlich gebotenen Auslegung an. Da in der PflegeArbbV keine Ausnahme vorgesehen ist, ist jede Form der Arbeitszeit mit dem Mindestlohn zu vergüten.
Die Entscheidung bietet einen Ausblick auf das Mindestlohngesetz, welches seit dem 1.1.2015 in Kraft ist, s. hierzu u. VII. 1.