Inzwischen (erstmalig RGZ 158, 222) ist einhellige Auffassung, dass – in "weiter Auslegung" des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO – ein gemeinschaftliches Gericht auch noch nach Rechtshängigkeit bestimmt werden kann.
aa) Zeitliche Obergrenzen
Allerdings gibt es Versuche, eine Obergrenze anhand des jeweiligen Prozessstadiums zu ziehen. Der BGH (Beschl. v. 10.1.2006 – X ARZ 367/05) sieht die Bestimmung eines gemeinschaftlichen Gerichts dann nicht mehr als möglich an, wenn Klagen gegen Parteien mit unterschiedlichem Gerichtsstand bereits an unterschiedliche Gerichte bindend verwiesen worden sind. Ebenso verweigern OLG Düsseldorf (Beschl. v. 7.6.2002 – 19 Sa 32/02) und BayObLG (Beschl. v. 3.8.2005 – 1Z AR 133/04) die Bestimmung eines gemeinschaftlichen Gerichts, wenn ein Kläger wegen der Rüge der Unzuständigkeit Abtrennung und Verweisung des Rechtsstreits beantragt hatte und demgemäß "bindend" verwiesen worden war. Das BayObLG (Beschl. v. 16.9.2002 – 1 Z AR 115/02) lässt die bindende Verweisung gegen einen der beklagten Streitgenossen ausreichen. Der BGH (NJW 1978, 321) und OLG Koblenz (OLGR 2005, 58) versagen eine Gerichtsbestimmung, wenn bereits ein Sachurteil gegen einen Beklagten ergangen war. Des Weiteren sieht das OLG Düsseldorf (Beschl. v. 8.7.2004 – I-5 Sa 32/04) von einer Gerichtsbestimmung hinsichtlich des Beklagten zu 2) ab, nachdem gegen den Beklagten zu 1) ein rechtskräftiges Versäumnisurteil ergangen war. OLG Koblenz (Beschl. v. 20.9.2005 – 4 SmA 36/05) bestimmt nicht mehr, nachdem gegen weitere Beklagte rechtskräftige (Teil-)Versäumnisurteile ergangen waren, so dass nur noch ein Beklagter übrig war. BayObLG (BayObLG 1987, 389) und OLG Karlsruhe (OLGR 2006, 29) schließen eine Gerichtsbestimmung nach Durchführung einer Beweisaufnahme aus. OLG Koblenz (OLGR 1998, 71) folgt dem aber wiederum dann nicht, wenn sie nur zur Klärung der Zuständigkeit erfolgt ist. Andere lassen bereits die Anordnung einer Beweisaufnahme genügen, etwa OLG Schleswig (Beschl. v. 19.7.2007 – 2 W 107/07) sowie OLG Düsseldorf (Beschl. v. 17.3.2009 – I-5 Sa 9/09 – in einem Fall, in dem die Durchführung der Beweisaufnahme daran – zunächst – gescheitert war, dass eine Zeugin nicht geladen werden konnte).
bb) Beschränkung durch Kläger
Anstatt pauschal auf Verfahrensstadien abzustellen, ist es vorzugswürdiger, von der Bestimmung eines gemeinschaftlichen Gerichts im Einzelfall dann abzusehen, wenn sie ihren Zweck, ressourcenschonendes Prozessieren zu ermöglichen, verfehlen würde (OLG Celle, Beschl. v. 11.2.2005 – 2 C 860/04). So besteht grundsätzlich kein Anlass, demjenigen zu helfen, der – zunächst – nur eine Person verklagt hat (BayObLG, Beschl. v. 10.12.2002 – 1Z AR 143/02), und zwar unabhängig davon, ob hinsichtlich dieser Person ein Beschluss gem. § 281 Abs. 1 ZPO ergangen ist und ob er bindend ist oder nicht. Erst recht gilt dies, wenn hinsichtlich der weiteren Beklagten nicht einmal ihr Wohnsitz mitgeteilt wird, sondern schlicht die Anschrift der Filiale der ursprünglich allein Verklagten (BayObLG, Beschl. v. 25.7.2002 – 1Z AR 89/02). Eine Besonderheit sind Parteien kraft Amtes, weil sie lediglich verfahrensrechtlich – aber nicht materiell-rechtlich – eine eigene Stellung einnehmen.
Beispiel:
Der Beklagte wird als Insolvenzverwalter auf Zahlung einer angeblich von ihm zugesagten Provision verklagt. Er beruft sich auf eine Schiedsgerichtsklausel sowie darauf, dass die Forderung nicht zur Insolvenztabelle angemeldet sei. Daraufhin wird die Klage gegen den Beklagten persönlich erweitert. Das angegangene Gericht weist auf § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO hin. Es wird auf entsprechendes Gesuch hin auch als zuständiges Gericht für die (subjektiv erweiterte) Klage bestimmt, da es bereits seit längerem mit der Sache befasst sei (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.6.2002 – 19 Sa 35/02).
cc) Subjektive Klageerweiterung
Wenn der Kläger mehrere Personen vor verschiedenen Gerichten verklagt hat, können sie nicht mehr in einem Verfahren gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO verbunden werden (BGH, Beschl. v. 23.2.2011 – X ARZ 388/10). Warum das anders sein soll, wenn ein Kläger eine bereits erhobene Klage vor demselben Gericht gegen weitere Beklagte erweitern will, ist nicht ersichtlich. Derjenige Beklagte, dem sein allgemeiner Gerichtsstand genommen wird, dürfte sich auch die Ansicht, die Gerichtsbestimmung für eine Beklagtenerweiterung könne in seinem Interesse liegen, verbitten. Gesuchen um Gerichtsbestimmung, mit denen ein Kläger rein prozesstaktische Ziele verfolgt hat, etwa die Ausschaltung von Zeugen, ist die Rechtsprechung jedenfalls schon immer begegnet.
Beispiel:
Bei einer Klage auf Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall, bei dem ursprünglich lediglich Halter und gegnerische Haftpflichtversicherung verklagt worden waren, soll die Klage, nachdem der Halter erwidert hat, gegen den Fahrer erweitert werden (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.11.2005 – I-5 Sa 115/05).
Das gilt erst recht, wenn bereits eine Beweisaufnahme durchgeführt worden ist, die auf die Existenz von Mittätern hinweist, gegen die die Klage erweitert werden soll (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.7.2004 – I-5...