Bei einer öffentlichen Anhörung von Sachverständigen im Rechtsausschuss des Bundestags zu dem Reformvorhaben der Bundesregierung zum Bauvertragsrecht (vgl. dazu ZAP Anwaltsmagazin 7/2016, S. 329) sind viele Einwände zur Sprache gekommen. Zwar betonten die geladenen Experten wiederholt, wie wichtig diese Reform sei, doch warfen sie in verschiedener Hinsicht die Frage auf, ob der vorliegende Gesetzentwurf im Bemühen, Rechtssicherheit zu schaffen, nicht neue Rechtsunsicherheit erzeugt. Mehrere Sachverständige gaben dem ursprünglichen Referentenentwurf, der als Ergebnis eines intensiven Konsultationsprozesses mit den betroffenen Gruppen entstanden war, den Vorzug gegenüber der schließlich nach der Ressortabstimmung vom Kabinett beschlossenen Fassung.
So sieht der Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Olaf Lenkeit "eingebaute Umgehungsmöglichkeiten" in einer Regelung, die es Bauherren eigentlich erlauben soll, im Fall von Baumängeln einen größeren Teil des Endpreises als bisher einzubehalten. Denn Bauunternehmen könnten nach dem von der Regierung vorgelegten Gesetzestext die bisher üblichen ganzheitlichen Verträge in mehrere Einzelverträge aufspalten mit dem Ergebnis einer "Absenkung des Verbraucherschutzes", warnte Lenkeit.
Der ehemalige Bundesrichter und Vorsitzende des Deutschen Baugerichtstags, Stefan Leupertz, machte seine Kritik vor allem am geplanten Anordnungsrecht für Bauherren fest. Es soll diesen ermöglichen, Änderungen am Bauvorhaben anzuordnen, falls sich die Baufirma nicht freiwillig dazu bereit erklärt. Diese zentrale Vorschrift des Reformvorhabens sei gegenüber dem Referentenentwurf abgeschwächt worden, indem das Verfahren zur rechtlichen Durchsetzung einer solchen Anordnung komplizierter geworden sei, bemängelte Leupertz. Dies sei eine "Einladung zur Obstruktion und Verzögerung". Vor gravierenden Folgen dieses Anordnungsrechts für Baufirmen warnte hingegen Philipp Mesenburg, Justiziar des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes. Der Bau erfordere eine komplizierte Disposition von Mitarbeitern, Gerätschaften und beteiligten Gewerken. Wenn nun ein Bauherr beispielsweise anordnen könne, das im Entstehen befindliche Haus ein Stockwerk höher zu bauen, habe das unweigerlich Auswirkungen auf andere Baustellen des Unternehmens. Mesenburg sprach von einem "Dominoeffekt".
Auch an einem anderen Teil des Reformvorhabens, der Mängelhaftung, gab es viel Kritik. Dabei bestand durchaus Einigkeit, dass die jetzige Rechtslage schnellstens geändert werden sollte. Denn derzeit kann ein Handwerker, dem fehlerhaftes Material verkauft wurde, vom Lieferanten nur Ersatz durch fehlerfreies Material verlangen; auf den oft hohen Kosten für den Aus- und Wiedereinbau an dem Gebäude aber bleibt er sitzen. Künftig soll der Lieferant auch dafür geradestehen. Allerdings sieht der Gesetzentwurf vor, dass ein Händler in seinen AGB genau diese Haftung ausschließen kann. Die Leiterin der Rechtsabteilung des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Manja Schreiner, verwies darauf, dass kleine Handwerker praktisch keinen Einfluss auf die AGB nehmen könnten und nicht selten auch auf einen einzigen Fachhändler in ihrer Region angewiesen seien. Sie prophezeite, dass alle Händler diese Ausnahmemöglichkeit anwenden werden, sollte sie in Kraft treten, mit der Folge, dass die ganze Reform nichts bringe.
Viel Kritik gab es daran, dass Lieferanten von mangelhaftem Material – mit denen der Bauherr in keinerlei Vertragsverhältnis stehe – die Möglichkeit gegeben werden soll, anstelle einer Kostenerstattung für den Handwerker den Aus- und Wiedereinbau selbst vorzunehmen oder vornehmen zu lassen. Dies würde dazu führen, dass auf der Baustelle eines Einfamilienhauses Arbeitskräfte auftauchten, die der Bauherr nie beauftragt habe, folgerte Peter Mauel, Rechtsanwalt und Vorsitzender des Bauherren-Schutzbundes. Dies sei ein Eingriff in die Vertragsfreiheit. Eine Koordination mit anderen auf der Baustelle laufenden Arbeiten sei nicht möglich. Zudem stelle sich die Frage der Gewährleistung in dem Fall, dass die Nachbesserung wiederum fehlerhaft ausgeführt werde.
[Quelle: Bundestag]