In seinen letzten Sitzungstagen vor der parlamentarischen Sommerpause hat der Bundestag am 22., 23., 29. und 30. Juni noch zahlreiche Gesetze verabschiedet. Die behandelten Themen reichen von der Parteienfinanzierung über Justiz und Sicherheit bis hin zur überraschend kurzfristig auf die Tagesordnung gesetzten "Ehe für alle". Die wichtigsten Gesetzesbeschlüsse sind nachstehend kurz skizziert:
Nach dem erfolglosen Versuch, die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) vom Bundesverfassungsgericht verbieten zu lassen (vgl. ZAP EN-Nr. 103/2017), haben Bund und Länder den Hinweis des Zweiten Senats aufgegriffen und beschlossen, die NPD von Steuergeldern abzuschneiden. Mit Zweidrittelmehrheit verabschiedete der Bundestag eine Grundgesetzänderung, wonach Parteien, die zielgerichtet die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland bekämpfen und damit der Beseitigung der staatlichen Ordnung Vorschub leisten wollen, künftig keine Staatshilfen mehr erhalten. Ob dies der Fall ist, soll im Einzelfall das Bundesverfassungsgericht entscheiden.
Die Ehe steht in Deutschland zukünftig auch homosexuellen Paaren offen. Der Bundestag verabschiedete am 30. Juni einen entsprechenden, kurzfristig auf die Tagesordnung gesetzten Gesetzesvorschlag des Bundesrates. Im BGB heißt es künftig: "Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen." Mit der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ist eine Neueintragung der bisherigen Lebenspartnerschaft nicht mehr möglich. Die bereits eingetragenen Lebenspartnerschaften können aber bestehen bleiben oder in eine Ehe umgewandelt werden.
- Strafbare Inhalte in sozialen Netzwerken
Das sog. Netzwerkdurchsetzungsgesetz zielt darauf ab, Hasskriminalität, strafbare Falschnachrichten und andere strafbare Inhalte in sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter besser zu bekämpfen. Die Betreiber der Netzwerke müssen ein wirksames und transparentes Beschwerdemanagement einführen und ggf. strafbare Inhalte innerhalb kurzer Fristen von ihrer Plattform entfernen. Bei Nichtbefolgung drohen Geldbußen bis zu 50 Millionen Euro.
- Verschwiegenheitspflicht in Kanzleien
Mit dem Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen wird die für Rechtsanwälte satzungsrechtlich bereits bestehende Pflicht, Mitarbeiter zur Verschwiegenheit zu verpflichten, auch gesetzlich normiert. Zudem werden die Voraussetzungen und Grenzen festgelegt, unter denen IT-Dienstleistern der Zugang zu fremden Geheimnissen eröffnet werden darf.
Überführte Einbrecher in Privatwohnungen sollen härter bestraft werden. Die Mindeststrafe beträgt künftig ein Jahr Freiheitsstrafe. Die Möglichkeit, nach unten von der Mindeststrafe abzuweichen, soll es bei der neuen Regelung nicht mehr geben.
Wer an illegalen Straßenrennen teilnimmt, muss in Zukunft mit einer Freiheitsstrafe rechnen. Sie gelten künftig als Straftat und nicht mehr nur als Ordnungswidrigkeit. Dazu wird der Straftatbestand der Veranstaltung von und der Teilnahme an verbotenen Straßenrennen als neuer § 315d im StGB eingeführt.
Eine weitere Änderung im Telemediengesetz soll die Störerhaftung von WLAN-Anbietern im öffentlichen Raum jetzt endgültig rechtssicher abschaffen. Damit soll der Verbreitung von kostenlosen WLAN-Angeboten von Restaurants, Cafés etc. auch hierzulande zum Durchbruch verholfen werden.
Das neue Gesetz zur Förderung von Mieterstrom verspricht Hauseigentümern einen Zuschuss, wenn sie auf dem Hausdach selbst produzierten Strom direkt an ihre Mieter weiterleiten. Die Regelung gilt auch für Bewohner in "unmittelbarem räumlichen Zusammenhang" (sog. Quartierslösung).
- Überwachung von Messenger-Diensten
Die Strafverfolgungsbehörden sollen – einer Forderung insb. auch der Innenminister des Bundes und der Länder nachkommend – in die Lage versetzt werden, verschlüsselte Kommunikation über WhatsApp und ähnliche Messenger-Dienste mitlesen zu können. Zu diesem Zweck sollen die Daten Verdächtiger direkt auf den Geräten vor der Verschlüsselung oder nach der Entschlüsselung mittels eines sog. Trojaners abgegriffen werden. In dem heftig umstrittenen Gesetz ist in allgemeiner Form davon die Rede, dass "mit technischen Mitteln in von dem Betroffenen genutzte informationstechnische Systeme eingegriffen wird". Staatliche Ermittler können demnach solche "Staatstrojaner" künftig auch bei Tötungsdelikten, Steuerhinterziehung oder Geldfälschung einsetzen. Bisher waren sie nur zur Terrorbekämpfung zugelassen.
- Beschuldigtenrechte im Strafverfahren
Beschuldigte sollen in Strafverfahren mehr Rechte erhalten. So bekommt der Verteidiger ein ausdrückliches Anwesenheitsrecht bei polizeilichen Vernehmungen von Beschuldigten. Während laufender Hauptverhandlungen soll es keine Kontaktsperre mehr geben. Des Weiteren sollen dem Beschuld...