Der fehlende Link zur OS-Plattform, die auf Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.5.2013 über die Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (ODR-Verordnung, nachfolgend: ODR-VO) besteht, wird von den meisten Wettbewerbsgerichten als Wettbewerbsverstoß qualifiziert (u.a. OLG München, Urt. v. 22.9.2016 – 29 U 2498/16; OLG Karlsruhe, Urt. v. 7.10.2016 – 4 U 99/16; s. hierzu Internetreport ZAP 15/2016, S. 782, und Internetreport ZAP 3/2017, S. 109). Gegenwärtig sind folgende beiden Spezialfragen zur OS-Plattform Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen:
Nach Art. 14 Abs. 1 S. 1 ODR-VO müssen u.a. in der Union niedergelassene Online-Marktplätze auf ihren Webseiten einen Link zur OS-Plattform bereitstellen. Bei einem Online-Marktplatz handelt es sich um einen Dienstanbieter i.S.d. Art. 2 lit. b der Richtlinie 2000/31/EG, der es Verbrauchern und Unternehmern ermöglicht, auf der Webseite des Online-Marktplatzes Online-Kaufverträge abzuschließen, Art. 4 Abs. 1 lit. f ODR-VO. Bei Handelsplattformen wie eBay und Amazon handelt es sich damit jeweils um einen Online-Marktplatz i.S.d. ODR-VO. Sofern ein Unternehmer einen Webshop auf einer eigenen Webseite unterhält, muss er nach den Vorgaben des Art. 14 Abs. 1 S. 1 ODR-VO den Link zur OS-Plattform bereitstellen. Ebenso muss also ein Online-Marktplatz wie eBay oder Amazon aufgrund des Wortlautes der Verordnung einen Link zur OS-Plattform bereitstellen. Fraglich ist aber, ob auch ein Unternehmer, der auf der Webseite eines Online-Marktplatzes Angebote einstellt oder Produktbewerbungen inkl. Preis vorhält, auf dem Online-Marktplatz einen (eigenen) Link zur OS-Plattform bereitstellen muss. Die Frage wird von den meisten Gerichten zu Recht positiv beantwortet (u.a. OLG Koblenz, Urt. v. 25.1.2017 – 9 W 426/16; LG Dresden, Beschl. v. 9.11.2016 – 44 HK O 179/16 EV – u. Beschl. v. 20.6.2017 – 41 HK O 95/17 EV). Einige Gerichte sprechen sich dagegen aus (LG Dresden, Urt. v. 14.9.2016 – 42 HK O 70/16; OLG Dresden, Urt. v. 17.1.2017 – 14 U 1462/16; LG Dresden, Urt. v 2.5.2017 – 42 HK O 9/17; OLG Dresden, Beschl. v. 6.6.2017 – 14 U 732/17, das trotz gegensätzlicher OLG-Rechtsprechung die Vorlage zum EuGH nicht zulässt). Der Wortlaut der Norm bietet keine Anhaltspunkte, wie diese Frage zu beantworten ist. Daher ist auf die ratio legis der ODR-VO zurückzugreifen: Es soll eine europäische OS-Plattform eingerichtet werden, die eine unabhängige, unparteiische, transparente, effektive, schnelle und faire außergerichtliche Online-Beilegung von Streitigkeiten von Verbrauchern und Unternehmern ermöglicht, Art. 1 ODR-VO. Dieses Ziel kann nur dann erreicht werden, wenn diese OS-Plattform möglichst vielen Verbrauchern bekannt ist. Auf allen Online-Marktplätzen schließen Verbraucher Online-Verträge ab. Verbraucher werden sich, praktisch betrachtet, nur die Produktbewerbungen bzw. die Warenangebote der Händler inkl. der dort abrufbaren Rechtstexte (AGB, Widerrufsbelehrung, Impressum) durchlesen, für die sie sich interessieren, sie werden nicht die weiteren Bestandteile des Online-Marktplatzes, z.B. dessen Nutzungsbedingungen, durchsehen, bevor sie den Vertragsabschluss herbeiführen. Diese Verbraucher würden daher nicht erreicht werden, wenn ausschließlich der Betreiber des Online-Marktplatzes, der ggf. den Hinweis auf die OS-Plattform nur in seinem Impressum vorhält, verpflichtet wäre, den Link zur OS-Plattform bereitzustellen. Das Ziel der ODR-VO würde daher nicht erfüllt werden können, so dass als Webseite i.S.d. Norm auch der von einem Unternehmer auf einem Online-Marktplatz eingerichtete Shop nebst den darin enthaltenen Angeboten bzw. Produktbewerbungen inkl. der jeweils dort abrufbaren Rechtstexte (AGB, Widerrufsbelehrung, Impressum) zu verstehen ist (vgl. auch Vierkötter K&R 2017, 217 ff.).
Die weitere Fragestellung betrifft den Aspekt, ob der Link(text) zur OS-Plattform klickbar ausgestaltet sein muss. Das OLG München (Urt. v. 22.9.2016 – 29 U 2498/16) wird z.T. dahingehend interpretiert, das Gericht habe einen klickbaren Link gefordert (vgl. auch Vierkötter K&R 2017, 217 ff.). Eine eindeutige Aussage findet sich in diesem Urteil nicht. Das LG Bochum hat jüngst gefordert, dass in klarer und verständlicher Weise an leicht zugänglicher Stelle ein Hyperlink zur OS-Plattform http://ec.europa.eu/consumers/odr/ zur Verfügung vorgehalten wird (Beschl. v. 9.5.2017 – 15 O 71/17). Unter einem Hyperlink wird ein Querverweis verstanden, der funktional einen "Sprung" zu einer anderen Webseite oder zu einem anderen Dokument ermöglicht. Nach dem Verständnis der Verfasser handelt es sich daher bei einem Hyperlink um einen klickbaren Link. Ob das LG Bochum seiner Entscheidung ebenfalls diese Ansicht zugrunde gelegt hat, ist unbekannt – die Entscheidung ist nicht begründet. Zuvor hatte bereits das LG Frankfurt/M. ähnlich entschieden (Beschl. v. 13.3.2017 – 3-10 O 34/17); über diese Entscheidung wird im Inter...