1 Widerrufsrecht: Kauf auf einem Messestand
Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen sowie bei Fernabsatzverträgen steht Verbrauchern ein Widerrufsrecht zu, § 312g BGB. Ferner treffen den Unternehmer bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen sowie bei Fernabsatzverträgen weitere Informationspflichten nach § 312d Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 246a EGBGB. § 312b Abs. 2 S. 1 BGB bestimmt, was außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind: Geschäftsräume sind hiernach unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, sowie bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt. Das OLG München hatte zu entscheiden, ob ein Messestand auf einer klassischen Verkaufsmesse einen Geschäftsraum im vorgenannten Sinne darstellt (Urt. v. 15.3.2017 – 3 U 3561/16). In dem konkreten Fall hatte der Kläger (Verbraucher) auf einem Messestand einen Kaufvertrag über eine Einbauküche abgeschlossen und diesen Vertrag am selben Abend widerrufen. Es kam damit darauf an, ob es sich bei dem Messestand um einen Geschäftsraum i.S.d. § 312b Abs. 2 S. 1 BGB handelte: Wäre der Messestand ein Geschäftsraum, wäre ein Widerruf ausgeschlossen, andernfalls bestünde ein Widerrufsrecht. Das OLG München entschied, dass es sich bei dem Messestand um einen Geschäftsraum gehandelt habe, mit der Folge, dass ein Widerrufsrecht ausgeschlossen war (zuvor ebenso: OLG Karlsruhe, Urt. v. 10.6.2016 – 4 U 217/15). Das Gericht erachtete den Umstand für maßgeblich, ob von einer Überrumpelung des Verbrauchers ausgegangen werden konnte oder ob er mit entsprechenden Angeboten auf der Messe hätte rechnen müssen, von einer Überrumpelungssituation ging das Gericht vorliegend nicht aus.
2 Widerruf: Warenrücksendung
Das OLG Karlsruhe hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Widerruf auch durch Warenrücksendung ausgeübt werden kann (Beschl. v. 10.1.2017 – 6 U 75/16). Die seit dem 13.6.2014 gültige Muster-Widerrufsbelehrung sieht die Erklärung des Widerrufs durch Warenrücksendung nicht vor, es sei denn, dass mit der Warenrücksendung eine deutlich gestaltete Erklärung betreffend den Widerruf verbunden worden ist. Ein Händler hatte im September 2015 die bis zum 12.6.2014 gültige Widerrufsbelehrung verwendet. Diese sah u.a. vor, dass der Widerruf auch durch Rücksendung der Ware erfolgen kann, sofern die Ware bereits vor Ablauf der Widerrufsfrist überlassen worden war. Der Händler hatte ferner die Widerrufsbelehrung nicht separat vorgehalten, sondern diese in seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eingefügt. Das Gericht stellte zunächst fest, dass seit dem 13.6.2014 aufgrund europarechtlicher Vorgaben, nämlich der Verbraucherrechte-Richtlinie 2011/83/EU, die kommentarlose Rücksendung der Ware nicht ausreicht. Es sei eine Erklärung erforderlich, die der Verbraucher zwar in beliebiger Form abgeben dürfe, aus der aber ein Entschluss zum Widerruf eindeutig hervorgehen müsse; diese Erklärung müsse unmissverständlich sein. Ein Widerruf durch bloße Warenrücksendung ist daher auch nach dem Senat nicht zulässig. Das OLG Karlsruhe sah die Besonderheit des Falls darin, dass der betroffene Händler die Widerrufsbelehrung in seine AGB eingefügt hatte. Diese AGB seien von dem Käufer bestätigt worden. Die Vertragsparteien hätten damit ein vertragliches Recht des Verbrauchers, dass der Widerruf auch durch Rücksendung der Ware ausgeübt werden könne, vereinbart. Die Norm des § 355 Abs. 1 BGB sei hierdurch dahingehend abbedungen worden, so dass der Käufer sein Widerrufsrecht auch durch Rücksendung der Ware habe ausüben können. Aufgrund dieser Besonderheit ist der Fall als Sonderfall zu werten. Unternehmen können das Risiko, dass ein Verbraucher den Widerruf durch bloße Warenrücksendung ausüben kann, dadurch verhindern, dass sie die Widerrufsbelehrung in einem separaten, von den AGB getrennten Dokument vorhalten. Sofern die Widerrufsbelehrung daher nicht Teil der AGB ist, kann das von dem OLG Karlsruhe angeführte vertragliche Recht nicht begründet werden. Ob das rechtlich zutreffend ist, darf bezweifelt werden.
3 Außergerichtliche Streitbeilegung: Hinweispflicht auf OS-Plattform
Der fehlende Link zur OS-Plattform, die auf Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.5.2013 über die Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (ODR-Verordnung, nachfolgend: ODR-VO) besteht, wird von den meisten Wettbewerbsgerichten als Wettbewerbsverstoß qualifiziert (u.a. OLG München, Urt. v. 22.9.2016 – 29 U 2498/16; OLG Karlsruhe, Urt. v. 7.10.2016 – 4 U 99/16; s. hierzu Internetreport ZAP 15/2016, S. 782, und Internetreport ZAP 3/2017, S. 109). Gegenwärtig sind folgende beiden Spezialfragen zur OS-Plattform Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen:
Nach Art. 14 Abs. 1 S. 1 ODR-VO müssen u.a. in der Union niedergelassene Online-Marktplätze auf ihren Webseiten einen Link zur OS-Plattform bereitstellen. Bei einem Online-Marktplatz handelt es sich um einen Dienstanbieter i.S.d. Art. 2 lit. b der Richtlinie 2000/31/EG, der es Verbrauchern und Unternehmern ermög...