I. Die GbR als Urform anwaltlicher Zusammenarbeit
Rechtsanwälten stand traditionell ausschließlich die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Organisationsform einer gemeinschaftlichen Berufsausübung offen (vgl. Kleine-Cosack, BRAO, 7. Aufl. 2015, Vor § 59a BRAO Rn 27). Änderungen des Berufs- und Gesellschaftsrechts haben seitdem dazu geführt, dass der Kreis der Gesellschaftsformen über die sog. Sozietät hinaus erheblich erweitert wurde. Heute existieren kaum noch die Formenwahl beschränkende berufs- oder gesellschaftsrechtliche Vorgaben. Verschlossen sind Rechtsanwälten einzig noch die handelsrechtlichen Gesellschaftsformen OHG und (GmbH & Co.) KG, da sie den Betrieb eines Handelsgewerbes voraussetzen (§§ 105 Abs. 1, 161 Abs. 1 HGB). Erstaunlicherweise findet die GbR unter Rechtsanwälten aber immer noch großen Anklang und ist die am häufigsten genutzte Gesellschaftsform geblieben (vgl. Kilian, Management von Haftungsrisiken in Anwaltskanzleien, 2014, S. 51). Darüber, woher die andauernde Beliebtheit rührt, lässt sich nur spekulieren. Vor allem scheinen viele Rechtsanwälte anderen (Kapital-)Gesellschaftsformen weiterhin skeptisch gegenüberzustehen. Gescheut werden nicht allein die Kosten und der Aufwand der Gesellschaftsgründung. Vielmehr sorgt man sich auch um die Akzeptanz bei den Mandanten (Kilian, a.a.O., S. 54 ff.). Entkräftet werden könnten die Vorbehalte der Berufsträger vor allem gegenüber Rechtsanwaltsgesellschaft und -AG nur, wenn dem rechtssuchenden Publikum mittels einer Aufhebung der derzeitigen strengen Trennung von Handels- und sonstigen Gesellschaften vor Augen geführt würde, dass sich haftungsbeschränkte Rechtsformen sehr wohl mit dem modernen Berufsbild des Rechtsanwalts vertragen. Hierzu bedürfte es einer umfassenden Reform des Personengesellschaftsrechts (vgl. ausführlich Henssler/Markworth NZG 2015, 1; Markworth NJW 2015, 2152 f.).
Daneben darf allerdings ein weiterer Erklärungsansatz nicht außer Acht gelassen werden: Viele Rechtsanwälte ziehen wohl auch deshalb den Wechsel in eine andere Gesellschaftsform gar nicht erst in Betracht, da sie sich nicht vertieft mit den Bedingungen der eigenen Berufsausübung auseinandersetzen und diese sachgerecht modifizieren wollen (vgl. Kilian, a.a.O., S. 57). In der Praxis kann sich dies fatal auswirken. Angesichts der in einer GbR bestehenden Haftungsrisiken für fremde Berufsfehler, auch bei einem sorgfältig formulierten Gesellschaftsvertrag und einer auf die Bedürfnisse aller Gesellschafter abgestimmten Berufshaftpflichtversicherung, kann heute nur jedem Rechtsanwalt davon abgeraten werden, seinen Beruf noch in dieser Rechtsform auszuüben. Zumindest sollte aber ein Bewusstsein für die rechtsformspezifischen Eigenarten der GbR entwickelt werden. Der vorliegende Beitrag will hierzu eine praxisgerechte Hilfestellung bieten und setzt sich dabei insbesondere mit in Rechtsprechung und Literatur weiterhin umstrittenen Fragen auseinander.
II. Die GbR als rechtsfähige Außengesellschaft
Die GbR findet ihre gesetzliche Grundlage in den §§ 705 ff. BGB. Seit der bekannten "Weißes Ross"-Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2001 (BGHZ 146, 341; BGH NJW 2002, 1207) orientiert sich die Rechtsprechung allerdings nur noch sehr begrenzt am Gesetzeswortlaut. Auf BGB-Gesellschaften aus Rechtsanwälten sind daneben die (rudimentären) Regelungen des anwaltlichen Gesellschaftsrechts in BRAO und BORA anwendbar. Abseits dieser unbefriedigenden gesetzlichen Ausgangslage ist den Gesellschaftern, selbst wenn das persönliche Verhältnis untereinander auch noch so gut sein mag, zum Abschluss eines detaillierten schriftlichen Gesellschaftsvertrags zu raten, um die sich in der GbR eröffnenden Gestaltungsfreiheiten zu nutzen.
Hinweis:
Besondere Formerfordernisse sind bei Vertragsschluss nicht zu beachten. Insbesondere bedarf die Gründung einer GbR keiner Registereintragung. Gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 4 BORA ist ein Rechtsanwalt, der eine Berufsausübungsgesellschaft eingeht, jedoch zur Anzeige bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer verpflichtet.
1. Namenswahl
Im Gesellschaftsvertrag gilt es zunächst, einen Namen für die Gesellschaft zu wählen. Berufsrechtlich lässt sich nur in § 9 BORA ("Eine Kurzbezeichnung muss einheitlich geführt werden.") eine inhaltlich nahezu bedeutungslose Vorgabe finden. Auch das handelsrechtliche Firmenrecht ist nicht anwendbar. In der Namensfindung sind die Gesellschafter demzufolge sehr frei. Vor allem ist es zulässig, Fantasiebezeichnungen oder Abkürzungen als Namen der GbR zu führen. Es gilt weder der von der Partnerschaftsgesellschaft bekannte Zwang zur Personenfirma noch ist die Führung des Rechtsformzusatzes "GbR"/"Gesellschaft bürgerlichen Rechts" verpflichtend (vgl. ausführlich Michalski/Römermann, in: Henssler/Streck, Hdb. Sozietätsrecht, 2. Aufl. 2011, B Rn 69 ff.). Allerdings können irreführende Angaben im Namen einer GbR durch das allgemeine Wettbewerbsrecht geahndet werden.
Praxishinweis:
Zudem sollte schon bei Gesellschaftsgründung eine Regelung für die potentielle weitere Verwendung des Personennamens eines der Gesellschafter in der Kurzbezeichnung ab dem Zeitpu...