Vor einigen Jahren hat es eine Flut von Entscheidungen zu Durchsuchungsfragen gegeben. Diese Flut ist inzwischen abgeklungen. Berichtet werden kann nun aber mal wieder über drei neuere Entscheidungen, die all jene Fragen, um die es bei der Anordnung einer Durchsuchungsmaßnahme häufig geht, noch einmal in den Fokus rücken.
1. Begrenzung des Tatzeitraums in der Durchsuchungsanordnung
Eine Durchsuchungsanordnung muss Anhaltspunkte für eine Begrenzung des Tatzeitraums enthalten. Andernfalls ist der Rahmen der Durchsuchung nicht hinreichend präzisiert, so dass der Durchsuchungsbeschluss seiner Begrenzungsfunktion nicht gerecht wird. So hat vor kurzem (noch einmal) das BVerfG entschieden (vgl. Beschl. v. 4.4.2017 – 2 BvR 2551/12, WM 2017, 900 = ZAP-EN-Nr. 299/2017; vgl. auch Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 7. Aufl. 2015, Rn 1390 ff. [im Folgenden kurz: Burhoff, EV, Rn]).
Die Verfassungsbeschwerde richtete sich gegen die Anordnung der Durchsuchung der Geschäftsräume eines im Bereich der Vermögensverwaltung tätigen Unternehmens U. Das Vermögen der Kunden des Unternehmens war vornehmlich bei der H. AG angelegt. Wohl im Jahr 2010 hatte das Land NRW eine Daten-CD mit Informationen über deutsche Staatsbürger, die Kunden der H. International waren und Erträge aus den dortigen Vermögensanlagen gegenüber dem Finanzamt nicht erklärt hatten, erworben. Weiterhin beinhaltet die Datensammlung bankinterne Aufzeichnungen über Lebensversicherungspolicen der L. International, in welche deutsche Kapitalanleger investiert hatten. Es wurde festgestellt, dass eine Vielzahl der Betroffenen auch Geschäftsbeziehungen zu dem Unternehmen U. unterhielt. Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse leitete die Steuerfahndung Strafverfahren wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung gegen mehrere Mitarbeiter der U. ein. Das AG Bochum ordnete im Oktober 2011 im Rahmen eines gegen sieben Mitarbeiter geführten Verfahrens die Durchsuchung der Geschäftsräume sämtlicher Niederlassungen der U. nach § 103 StPO an. Am 14.11.2011 wurden die Geschäftsräume aller Niederlassungen der U. durchsucht. Zahlreiche Unterlagen wurden beschlagnahmt und Daten durch Spiegelung von Laufwerken gesichert. Die U. hat Beschwerde eingelegt, die vom LG verworfen worden ist.
Die Verfassungsbeschwerde hatte Erfolg. Nach Auffassung des BVerfG (a.a.O.) wurde der amtsgerichtliche Durchsuchungsbeschluss den verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht gerecht, weil er keine Angaben zum Tatzeitraum enthielt. Eine ausdrückliche Angabe des Tatzeitraums enthalte der Beschluss nicht; es werde lediglich angegeben, es bestünden Anhaltspunkte für "über Jahre hinweg" betriebene Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Auch die Beschreibung der aufzufindenden Beweismittel lasse keinen Schluss auf einen Tatzeitraum zu, hier werde lediglich die Art der Unterlagen bezeichnet, nicht jedoch der Zeitraum genannt, aus dem sie stammen oder für den sie relevant seien. Auch die Sachverhaltsschilderung lasse mit der Bezeichnung von Umständen, die den Tatverdacht begründen sollen, an keiner Stelle erkennen, ab welchem Zeitpunkt die Beschuldigten mit den Beihilfehandlungen begonnen haben sollten. Der Angabe, dass ein Beschuldigter F. im Jahr 2006 zur U. wechselte, lasse sich auch keine Beschreibung des Tatzeitraums entnehmen. Eine Begrenzung sei diesbezüglich höchstens für die ihm selbst vorgeworfenen Taten vorhanden, nicht jedoch für die der weiteren sechs Beschuldigten. Irgendein Anhaltspunkt dafür, dass erst mit dem Wechsel des Beschuldigten F. auch die anderen Beschuldigten mit den vorgeworfenen Handlungen begonnen hätten, sei im Durchsuchungsbeschluss nicht enthalten. Der Tatbeitrag des Beschuldigten F. werde in keiner Weise hervorgehoben, vielmehr werde er – neben drei weiteren Beschuldigten – lediglich als Beispiel für die personelle Verknüpfung zwischen der U. und der H. AG genannt.
Hinweis:
Die Vorgaben des BVerfG zu den Anforderungen an die Anordnung einer Durchsuchungsmaßnahme (bei einem Dritten nach § 103 StPO) sind – zum Glück – streng (vgl. Burhoff, EV, Rn 1390 ff.). Daher hatte hier auch der Rettungsversuch des Generalbundesanwalts (GBA) in seiner Stellungnahme zu der Verfassungsbeschwerde keinen Erfolg. Der GBA hatte ausgeführt, einem Durchsuchungsbeschluss sei stets eine immanente Beschränkung auf nichtverjährte Straftaten eigen. Dem hält das BVerfG – zu Recht – entgegen, dass dann aber die Angaben enthalten sein müssen, die eine Bestimmung des nichtverjährten Zeitraums ermöglichen. Die hat das BVerfG in dem o.g. Beschluss aber ebenfalls vermisst.
2. Beweisverwertungsverbot nach Verstoß gegen den Richtervorbehalt
a) Widerspruchserfordernis
Um eine wegweisende Grundsatzentscheidung (so zutreffend Deutscher in StRR 4/2017, 9) handelt es sich bei dem zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehenen Urteil des BGH vom 6.10.2016 (2 StR 46/15, NJW 2017, 1332 = StraFo 2017, 103 = StRR 4/2017, 10) betreffend eine tagsüber ohne richterliche Anordnung durchgeführte Durchsuchung. Die ehemalige Lebensgefährtin des Angeklagten hatte die Polizei darüber informiert, dass in der Wohnung des sich in Untersuchungshaft befindenden Angeklagten ...