1. Abtretung des Kostenerstattungsanspruchs in der Vollmacht
Hinzuweisen ist auf den Beschluss des OLG Rostock vom 30.4.2018 (20 Ws 78/18, NJW-Spezial 2018, 381). Es handelt sich um einen "zweigeteilten Beschluss". Von den beiden Problembereichen soll hier nur der mit § 43 RVG zusammenhängende dargestellt werden: Dabei geht es um die Frage der Wirksamkeit der Abtretung der Kostenerstattungsansprüche des Angeklagten bereits in der Vollmacht, eine Frage, die in der Rechtsprechung immer noch nicht abschließend entschieden ist (s. OLG Nürnberg, Beschl. v. 25.3.2015 – 2 Ws 426/14, RVGreport 2015, 256 = StRR 2015, 317). Das OLG Rostock grenzt sich von diesem Beschluss ab und sieht in dem von ihm entschiedenen Fall die Abtretung als wirksam an (vgl. zur Wirksamkeit einer in die Vollmachtsurkunde aufgenommenen Abtretungserklärung Burhoff, in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl., § 43 Rn 12). Die Abtretungserklärung in der Vollmacht scheiterte in dem vom OLG Rostock entschiedenen Fall auch nicht an der Vorschrift des § 305c BGB, denn die betreffende Textpassage war in der Vollmachtsurkunde gegenüber den übrigen darin enthaltenen Regelungen eigens durch Fettdruck besonders hervorgehoben worden, weshalb das OLG davon ausgegangen ist, dass sie für den Mandanten nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags klar erkennbar und deshalb nicht überraschend war.
Hinweis:
Ist die Abtretung (in der Vollmacht) wirksam, treten alle zivilrechtlichen Folgen ein, also z.B., dass eine nachfolgende weitere Abtretung unwirksam ist. Und im Verfahren ist dann eine ggf. erklärte Aufrechnung der Staatskasse unwirksam. Das betrifft alle Ansprüche der Staatskasse, also betreffend bezahlter Pflichtverteidigergebühren, eine Pauschvergütung oder Gerichtskosten. Voraussetzung ist dann aber natürlich, dass die Abtretungsurkunde zur Akte gereicht worden ist.
2. Abrechnung der Tätigkeit als Verteidiger bei der richterlichen Vernehmung
Zur Neuregelung des § 141 Abs. 3 S. 4 StPO durch das "Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens" vom 17.8.2017 (BGBl I, S. 3202; s. auch oben II. 2.) liegt nun mit dem Beschluss des LG Magdeburg vom 19.3.2018 (25 Qs 14/18, StRR 5/2018, 24 f.) die erste Entscheidung vor, die die gebührenrechtlichen Auswirkungen behandelt. Entschieden hat das LG allerdings zunächst nur über einen "Terminsvertreter" im Haftprüfungstermin. Denn der Rechtsanwalt, der dort anwesend war, ist nur für den eigentlich beigeordneten Rechtsanwalt, der verhindert war, tätig geworden.
Das LG hat aber dennoch nicht – unter Anwendung der (nicht zutreffenden) Rechtsprechung zum sog. Terminsvertreter (vgl. dazu zuletzt Burhoff RVGreport 2017, 242 m.w.N.) – lediglich die Terminsgebühr zuerkannt, sondern auch die Grundgebühr sowie die Verfahrensgebühr sowie eine Postpauschale. Die Rechtslage sei nämlich anders als beim Terminsvertreter für eine Vernehmung z.B. in der Hauptverhandlung. Der für diesen Haftprüfungstermin gem. § 141 Abs. 3 S. 4 StPO beigeordnete Verteidiger müsse den gesamten Akteninhalt beherrschen, um Stellung nehmen zu können. In jedem Fall sei im Rahmen des Haftprüfungstermins, der eine richterliche Vernehmung i.S.v. § 141 Abs. 3 S. StPO darstelle, eine nicht nur punktuell vorhandene Aktenkenntnis, sondern vielmehr vollständige Einarbeitung in die Sache vonnöten.
Hinweis:
Im Ergebnis ist die Entscheidung des LG richtig, die Begründung "hinkt" allerdings. Das LG hätte den Umweg betreffend den "besonderen" Terminsvertreter in einer Haftprüfung nicht zu machen brauchen. Zwar war der Rechtsanwalt nur für den Haftprüfungstermin beigeordnet (vgl. zum Umfang der Beiordnung Burhoff ZAP F. 22, S. 889, 897), in § 141 Abs. 3 S. 4 StPO, auf dem die Beiordnung beruht, ist die Formulierung aber ausdrücklich "Verteidiger". Damit kann die Abrechnung der Tätigkeit auf jeden Fall nur über Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG laufen und es sind in diesen Fällen auf jeden Fall Grundgebühr, Verfahrensgebühr und Terminsgebühr festzusetzen (vgl. dazu auch Burhoff RVGreport 2017, 402).
Autor: Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg
ZAP F. 22 R, S. 745–758