Der 1. Strafsenat des BGH möchte, dass sich die anderen Senate mit ihm zur Frage abstimmen, ob die Vermögensabschöpfung auch im Jugendstrafrecht zwingend ist oder im Ermessen des Gerichts steht. Zu diesem Zweck hat er jetzt gem. § 132 Abs. 3 S. 1 GVG förmlich bei dem 2. und dem 5. Strafsenat angefragt, ob diese an ihrer entgegenstehenden Rechtsprechung festhalten, und bei dem 3. und 4. Strafsenat, ob dortige Rechtsprechung dem entgegensteht. Dies teilte der BGH am 11. Juli mit.
Hintergrund der Anfrage ist ein Fall, in dem das Landgericht den Angeklagten wegen verschiedener Vermögensdelikte zu einer Jugendstrafe von vier Jahren verurteilt hatte. Die Jugendkammer hatte auf die Taten, die der Angeklagte sämtlich als Heranwachsender begangen hat, nach § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG Jugendstrafrecht angewendet. Von der Einziehung des Werts von Taterträgen (insgesamt Geld und Waren im Wert von etwa 17.000 EUR) gegen den jetzt vermögenslosen Angeklagten hat es nach § 73c StGB abgesehen.
Zur Begründung hat das LG u.a. angeführt, aus der Systematik des Jugendgerichtsgesetzes ergebe sich, dass die Einziehung von Taterträgen zwar eine zulässige Nebenfolge im Jugendstrafrecht sei, § 8 Abs. 3 JGG allerdings vorsehe, dass die Entscheidung, ob die Nebenfolge angeordnet werde, im Ermessen des Gerichts liege. Die Jugendkammer hat das von ihr angenommene Ermessen dahingehend ausgeübt, von einer Einziehung des Werts der Taterträge bei dem Angeklagten abzusehen. Dabei hat sie insbesondere darauf abgehoben, dass der Angeklagte, bei dem das Landgericht eine positive Entwicklung sieht und der die Zeit in der Justizvollzugsanstalt für eine Ausbildung nutzen möchte, nach Verbüßung der Jugendstrafe "von Null" beginnen und sich erst ein eigenständiges, selbstverantwortliches Leben schaffen müsse.
Dagegen richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft München, die der Auffassung ist, die Einziehung von Taterträgen sei nach der Neuregelung der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung – wie im Erwachsenenstrafrecht auch – im Erkenntnisverfahren zwingend anzuordnen.
Der 1. Strafsenat beabsichtigt hingegen – auf Anregung des Generalbundesanwalts – auszusprechen, dass die Entscheidung über die Einziehung von Taterträgen im Jugendstrafverfahren nach § 73 Abs. 1 StGB und des Wertes von Taterträgen nach § 73c S. 1 StGB im Ermessen des Tatgerichts steht (§ 8 Abs. 3 S. 1 JGG). Er möchte die Revision im Ergebnis verwerfen, weil er im Grundsatz der Argumentation des LG München II folgt. Danach ergibt sich diese Auslegung schon aus dem Wortlaut der Vorschrift. Außerdem spreche hierfür die Systematik des Gesetzes, insbesondere die Regelung in § 15 JGG. Allerdings muss der 1. Senat jetzt noch erreichen, dass sich die anderen BGH-Strafsenate seiner Ansicht anschließen.
[Quelle: BGH]