Ehegatten, die beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, können wählen zwischen der Zusammenveranlagung (§ 26b EStG) und der getrennten Veranlagung (§ 26a EStG). Im Jahr der Eheschließung kann auch noch die besondere Veranlagung gem. § 23c EStG gewählt werden.
Die unterschiedlichen Auswirkungen haben ihre Ursache in der Steuerprogression. Je größer die Einkommensdifferenz der Partner und je höher der Steuersatz, umso größer der finanzielle Vorteil, der sich aus der Zusammenveranlagung ergibt. Keinen Splittingvorteil gibt es, wenn beide gleich viel verdienen.
1. Gemeinsame Veranlagung (Zusammenveranlagung)
Bei gemeinsamer Veranlagung (Zusammenveranlagung) müssen die Ehegatten zusammengenommen weniger Steuern zahlen, als dies bei Einzelveranlagung der Fall wäre. Denn bei gemeinsamer Veranlagung wird die gemeinsame Einkommensteuer nicht nach der normalen Grundtabelle, sondern nach der günstigeren Splittingtabelle berechnet. Dabei wird das gemeinsame Einkommen halbiert, daraus die Steuerlast errechnet und diese einfach verdoppelt. Wegen der Progression der Steuersätze ist dies günstiger als eine "normale" Besteuerung nach dem Gesamteinkommen.
Die Einzelveranlagung gem. den §§ 26a, 52 EStG bedeutet, dass Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen oder auch Steuerermäßigungen i.S.d. § 35a EStG den Ehegatten in jeweils hälftigem Umfang zugerechnet werden.
Hinweis:
Die gemeinsame Veranlagung bedingt nach § 25 Abs. 3 S. 2 EStG eine gemeinsame Einkommensteuererklärung und führt auch zu einem gemeinsamen Steuerbescheid an beide Ehegatten. Dadurch erlangen beide Ehegatten Einblick in die finanziellen Verhältnisse des anderen Ehegatten.
Die Ehegatten sind nach § 44 Abs. 1 AO auch Gesamtschuldner (§§ 421 ff. BGB) ihrer Steuerschuld, wobei es im Ermessen des Finanzamts liegt, gegenüber welchem der Gesamtschuldner die Forderung geltend gemacht wird. Gleichzeitig besteht jedoch für die zusammen veranlagten Ehegatten die Antragsmöglichkeit zur Aufteilung der Gesamtschuld (§§ 44 Abs. 2 Satz 4, 268 AO; Clausius AnwZert FamR 24/2018 Anm. 2). Die Gesamtschuld wird in Teilschulden aufgeteilt, orientiert an den jeweiligen steuerpflichtigen Einkünften der Ehegatten (BFH, Urt. v. 18.12.2001 – VII R 56/99, BStBl II 2002, 214).
Es kann sich auch zugunsten der Ehegatten ein Erstattungsanspruch gegen das Finanzamt als Gesamtgläubiger ergeben, wenn die Vorauszahlungen die tatsächliche Steuerlast übersteigen. Grundsätzlich gilt nach § 37 Abs. 2 S. 1 AO aber, dass im Fall der Zusammenveranlagung der Erstattungsanspruch jenem Ehegatten zusteht, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt wurde (BFH, Urt. v. 30.9.2008 – VII R 18/08, BStBl 2009 II, 38) und zwar losgelöst von der Frage, auf wessen Einkünften die Steuerbelastung beruht. Es gilt, solange die Ehegatten nicht getrennt leben, die Vermutung, dass ein Ehegatte, der auf eine gemeinsame Steuerschuld leistet, damit auch die Steuerschuld des jeweils anderen Ehegatten ablösen will (BFH, Urt. v. 15.11.2005 – VII R 16/05, BStBl 2006 II, 453). Eine Steuererstattung an den jeweils anderen Ehegatten scheidet aber dann aus, wenn die Ehegatten zwischenzeitlich getrennt oder geschieden sind bzw. dem Finanzamt aus sonstigen Informationsquellen bekannt ist, dass ein Einverständnis mit einer solchen Erstattung nicht besteht (BFH, Urt. v. 5.4.1990 – VII R 2/89, BStBl 1990, 719).
Eine gemeinsame Veranlagung zur Einkommensteuer ist aber nur bis zum Ablauf des ersten Trennungsjahrs zulässig.
Die gemeinsame Veranlagung ist nur möglich bei Ehegatten, die zusammenleben oder sich erst im laufenden Kalenderjahr getrennt haben. Eine Trennung kurz vor dem Jahreswechsel ist also extrem steuerschädlich, weil damit bereits zum 1.1. des nächsten Jahres die gemeinsame Veranlagung ausscheidet.
Ein dauerndes Getrenntleben von Ehegatten i.S.d. § 26 EStG ist nach der Rechtsprechung des BFH anzunehmen, wenn die zum Wesen der Ehe gehörende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nach dem Gesamtbild der Verhältnisse auf Dauer nicht mehr besteht (Arens-Spieker, Steuerfragen zum Ehe- und Scheidungsrecht, Rn 4 m.w.N., siehe auch Perleberg-Kölbel, Steuerliche Zusammenveranlagung trotz räumlicher Trennung, FamFR 2013, 524).
Die Begriffe des Getrenntlebens i.S.d. § 1567 BGB und des "dauernden Getrenntlebens" i.S.d. § 26 Abs. 1 EStG stimmen im Wesentlichen überein. Unerheblich ist, ob die Trennungsabsicht einseitig oder wechselseitig vorliegt. Leben die Ehegatten räumlich nicht getrennt, spricht eine Vermutung gegen dauerndes Getrenntleben. Maßgeblich sind in erster Linie die äußerlich erkennbaren Umstände, wobei dem räumlichen Zusammenleben der Ehegatten besondere Bedeutung zukommt. Zwar besteht keine rechtliche Bindung an die Angaben im Scheidungsprozess, aber den dort getroffenen Feststellungen kommt Indizwirkung zu (Arens-Spieker, a.a.O., Rn 11 m.w.N.).
Hinweis:
Der Steuerpflichtige begibt sich jedenfalls in das Risiko einer Steuerhinterziehung, wenn in den Steuererklärungen keine Angaben zum abweichenden Wohnsitz des Ehegatten gemacht werden und i...