Schon im Berufungsverfahren hat der Berufungsführer den Wert der Beschwer gem. § 511 Abs. 3 ZPO glaubhaft zu machen. Anders als im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist jedoch ein auf den Wert des Beschwerdegegenstands bezogenes zwingendes, fristgebundenes Begründungserfordernis nicht vorgesehen. Daher darf das Berufungsgericht die Berufung nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht allein deshalb als unzulässig verwerfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstands nicht gem. § 511 Abs. 3 ZPO glaubhaft gemacht worden ist. Vielmehr hat es den Wert bei der Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung aufgrund eigener Lebenserfahrung und Sachkenntnis nach freiem Ermessen zu schätzen (§§ 3 ff. ZPO); als Tatsachengericht muss es dabei den Akteninhalt von Amts wegen (vgl. § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO) auswerten.
Eine Schätzung der Beschwer muss zwar ggf. auch das Revisionsgericht im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vornehmen; aber als Grundlage der Schätzung dienen dabei nur solche Tatsachen, die der Kläger innerhalb der Begründungsfrist dargelegt und glaubhaft gemacht hat, oder die jedenfalls in Verbindung mit dem Berufungsurteil offenkundig sind (BGH, Beschl. v. 21.6.2018 – V ZB 254/17, juris Rn 6). Eine sachverständige Begutachtung kommt im Rahmen der Streitwertfestsetzung nicht in Betracht; es ist Sache der Partei, dem Gericht die für die Schätzung erforderliche Tatsachengrundlage zu unterbreiten (BGH, Beschl. v. 6.12.2018 – V ZR 239/17, juris Rn 6).
Praxishinweis:
Schon in der Berufungsbegründung ist die Beschwer darzulegen und glaubhaft zu machen und zwar nicht nur im Hinblick auf § 511 Abs. 3 ZPO, sondern auch im Hinblick darauf, dass die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde für den Mandanten offengehalten werden sollte, falls der Fall eine Beschwer von mehr als 20.000 EUR hergibt. Auch der Berufungsbeklagte sollte sich zur Beschwer in der Berufungserwiderung äußern, wenn er sich die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde offenhalten will.
Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht die Beschwer aus dem Berufungsurteil, sondern der Wert des Beschwerdegegenstands aus dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßgebend (BGH, Beschl. v. 27.6.2002 – V ZR 148/02, juris Leitsatz 1). Um dem Revisionsgericht die Prüfung dieser Zulässigkeitsvoraussetzung zu ermöglichen, muss der Beschwerdeführer innerhalb laufender Begründungsfrist darlegen, dass er mit der beabsichtigten Revision die Abänderung des Berufungsurteils in einem Umfang, der die Wertgrenze übersteigt, erstreben will (BGH, Beschl. v. 27.6.2002 – V ZR 148/02, juris Leitsatz 2).
Sind Teile des Prozessstoffs rechtlich oder tatsächlich abtrennbar und deshalb einer Teilzulassung zugänglich, so muss der Wert des Beschwerdegegenstands hinsichtlich des Teils überschritten sein, für den in der Begründung eine Abänderung erstrebt und ein Zulassungsgrund dargelegt wird (BGH, Beschl. v. 27.6.2002 – V ZR 148/02, juris Leitsatz 3; BGH, Beschl. v. 7.4.2016 – V ZR 145/15, juris Rn 4). Für die Beschwerdebegründung stehen in aller Regel vier Monate ab Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils zur Verfügung (§ 544 Abs. 2 S. 1, S. 2 i.V.m. § 551 Abs. 2 S. 6 ZPO).
1. Neuer Vortrag in der Beschwerdebegründung
Neuer Vortrag im Beschwerdeverfahren, der in den Vorinstanzen keinen Niederschlag gefunden hat, ist grundsätzlich nicht möglich (BGH, Beschl. v. 27.10.2016 – III ZR 300/15, juris Rn 11). Maßgebend für die Bewertung der Beschwer der Nichtzulassungsbeschwerde ist dabei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (BGH, Beschl. v. 10.1.2017 – II ZR 177/15, juris Rn 5; BGH, Beschl. v. 7.7.2016 – V ZR 11/16, juris Rn 9; BGH, Beschl. v. 21.6.2016 – VI ZR 152/16, juris Rn 6; BGH, Beschl. v. 1.3.2016 – VIII ZR 129/15, juris Rn 2; BGH, Beschl. v. 18.12.2014 – III ZR 221/13, juris Rn 2; BGH, Beschl. v. 16.5.2013 – VII ZR 253/12, juris Rn 3).
Praxishinweis:
Der Rechtsanwalt beim BGH wird unzureichenden Vortrag in den Instanzen i.d.R. nicht mehr reparieren können. Es ist deshalb wichtig, spätestens in der Berufungsinstanz zur Beschwer des Mandanten vorzutragen und den Vortrag glaubhaft zu machen.
Bei einer entgegenstehenden Äußerung des IV. Zivilsenats (BGH, Beschl. v. 2.3.2011 – IV ZR 231/09, juris Rn 4) handelt es sich um einen "Ausreißer". Zur Begründung wird dort implizit auf die Rechtsprechung zu § 546 Abs. 2 ZPO a.F. Bezug genommen. Dabei wird übersehen, dass die dieser Rechtsprechung zugrunde liegende Besonderheit des früheren Revisionsrechts entfallen ist, denn anders als nach dem früheren Recht besteht keine Notwendigkeit mehr, dass das Erreichen oder Nichterreichen der Wertgrenze bereits mit dem Ende des Berufungsverfahrens feststeht (Toussaint in: BeckOK MietR, 16. Edition 1.6.2019, BGB Revision Rn 126.1).
Von vornherein außer Betracht bleiben solche neuen Tatsachen, die nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht zu einer Wertveränderung führen bzw. führen sollen (BGH, Beschl. v. 30.6.2016 – V ZR 260/15, juris Rn ...