Wird dem Inhaber einer Fahrerlaubnis diese nach einer Fahrt unter Cannabiseinfluss entzogen, wehrt er sich hiergegen bereits mit dem vorläufigen Rechtsschutz nach §§ 80 ff. VwGO, durch den er die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs erreichen und damit die Durchsetzung des Entzugs verhindern möchte. Im Rahmen der vom Verwaltungsgericht vorzunehmenden Interessenabwägung kommt den materiell-rechtlichen Gesichtspunkten maßgebliche Bedeutung zu.
Gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 StVG und § 46 Abs. 1 S. 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Das gilt nach § 46 Abs. 1 S. 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 kann bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis die Fahreignung bejaht werden, wenn Konsum und Fahren getrennt werden, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen stattfindet und wenn keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen.
Das BVerwG hat in seinem Urteil vom 23.10.2014 (3 C 3.13, Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn 15 und 36) entschieden, dass auch das einmalige Führen eines Kraftfahrzeugs mit einem THC-Wert, bei dem die Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit nicht ausgeschlossen werden kann, die Entziehung der Fahrerlaubnis rechtfertige, ohne dass vorher noch ein medizinisch-psychologisches Gutachten einzuholen wäre (§ 11 Abs. 7 FeV). Es sieht nunmehr ausweislich seines Beschlusses vom 5.11.2018 (3 VR 1.18, zfs 2019, 115 ff.) im Hinblick auf die Auffassung des Berufungsgerichts, in Fällen einer einmaligen Fahrt unter Cannabiseinfluss könne zwar die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nach § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV angeordnet, nicht aber ohne weitere Aufklärung von einer fehlenden Fahreignung ausgegangen werden (a.A. VGH Mannheim, VRS 132, 87 ff.; OVG Münster, Blutalkohol 54, 328 ff.; OVG Lüneburg, Blutalkohol 54, 274 f.), neuen grundsätzlichen Klärungsbedarf.
Hinweis:
Die Anordnung einer sofortigen Vollziehung im Einzelfall nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO setzt ein besonderes Interesse an der Vollziehung schon vor Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens voraus. Die Anordnung bezieht sich auf eine Besonderheit in zeitlicher Hinsicht und unterscheidet sich inhaltlich vom Interesse am Erlass des Grundverwaltungsakts (vgl. auch § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO). Die offensichtliche Rechtmäßigkeit der Grundverfügung allein kann die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht tragen (BVerfG, NJW 2010, 2268, 2269 m.w.N.).
Dabei geht das BVerwG von der Rechtsprechung des BVerfG aus, wonach dem Schutz der Allgemeinheit vor der Teilnahme ungeeigneter Kraftfahrer am Straßenverkehr aber besondere Bedeutung zukommt. Die Möglichkeit einer rauschmittelbedingten Beeinträchtigung der Fahreignung rechtfertigt danach grundsätzlich auch die Anordnung oder Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung einer Fahrerlaubnisentziehung (BVerfG, Kammerbeschl. v. 19.7.2007 – 1 BvR 305/07, juris Rn 6). Maßgeblich für die Entscheidung über die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung ist nach dem BVerwG deshalb, ob von der Möglichkeit einer erneuten cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahreignung ausgegangen werden muss. Es verneint dabei ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehung, wenn eine medizinisch-psychologische Untersuchung die aktuelle Fahreignung des Betroffenen ergebe. In diesem Fall wären auch die Anforderungen für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis erfüllt (vgl. § 20 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 3 S. 1 FeV). Sei aber ein entsprechendes Gutachten nicht vorgelegt, gehe dies zu Lasten des Rechtsschutzsuchenden. Die bloße Bereitschaftserklärung sei nicht geeignet, die Zweifel an der Fahreignung zu beseitigen.