1 Bundesrat billigt vor der Sommerpause noch zahlreiche Gesetze
In seiner letzten Sitzung vor der parlamentarischen Sommerpause absolvierte der Bundesrat am 3. Juli noch ein Mammutprogramm: Fast 100 Vorgänge wurden beraten. Zwanzig der anstehenden Gesetze erhielten die Billigung der Länderkammer – zum Teil in drastisch verkürzter Beratungsfrist – und können damit in Kürze in Kraft treten.
Grünes Licht bekamen die Grundrente, der Kohleausstieg und das Gesetz zur Strukturstärkung betroffener Regionen, der Zweite Nachtragshaushalt, Finanzhilfen für die Kindertagesbetreuung und die Gutscheinlösung im Pauschalreisevertragsrecht (s. dazu auch Anwaltsmagazin ZAP 12/2020, S. 615 f.). Die Länder billigten zudem Bundestagsbeschlüsse zur Bekämpfung der Hasskriminalität (s. dazu Anwaltsmagazin ZAP 11/2020, S. 567 f.), zur Rechtssicherheit für Contergan-Geschädigte, zu gleichen Arbeitsbedingungen für ausländische Beschäftigte in Deutschland (s. dazu Anwaltsmagazin ZAP 13/2020, S. 681), zu europäischen Kurzarbeiterregelungen während der Corona-Pandemie, zu Änderungen des Außenwirtschaftsgesetzes und zur Vereinheitlichung des Energieeinsparrechts für Gebäude.
Nach langjähriger Diskussion hat der Bundesrat auch Verbesserungen bei der Schweinehaltung zugestimmt. Die viel kritisierte Fixierung von Sauen in engen sog. Kastenständen wird eingeschränkt. Nach einer Übergangszeit von acht Jahren sollen diese Kastenstände im Deckbereich der Ställe nicht mehr zulässig sein. Zustimmung fanden auch Verordnungen zu Finanzhilfen für Krankenhäuser, Entschädigungen für Beschäftigte in Werkstätten für Menschen mit Behinderung sowie zur Meldepflicht für Corona-infizierte Haustiere.
Lediglich einem Gesetzesbeschluss versagte der Bundesrat die Zustimmung: dem Adoptionshilfegesetz. Damit soll die Adoption von Kindern umfassend neu geregelt werden; für Auslandsadoptionen sollen neue Regeln gelten, für Adoptionsbeschlüsse ausländischer Stellen ist ein verpflichtendes Anerkennungsverfahren vorgesehen. Bundesregierung und Bundestag müssen nun entscheiden, ob der Vermittlungsausschuss angerufen wird.
[Quelle: Bundesrat]
2 Corona-Hilfen erfordern Grundgesetz-Änderung
Die Koalitionsfraktionen planen, die Kommunen und Städte infolge der Corona-Pandemie finanziell zu entlasten. Zum einen will der Bund dauerhaft bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende bis zu 74 % der Kosten übernehmen. Die Kosten hierfür werden für den Bundeshaushalt auf 3,4 Mrd. Euro taxiert. Zum anderen sollen den Städten und Gemeinden im laufenden Jahr die Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer pauschal von Bund und Ländern ausgeglichen werden. Dafür wird beim Bund mit 6,1 Mrd. Euro und bei den Bundesländern mit 4,8 Mrd. Euro gerechnet.
Allerdings muss für diese Hilfen – wegen der Vorgaben durch die Zuständigkeitsregelungen und die Finanzverfassung des GG – zuvor das Grundgesetz geändert werden. Dazu wurde kürzlich ein Gesetzentwurf vorgelegt, der Anfang Juli im Bundestag in erster Lesung beraten wurde.
Die erste der zwei geplanten Änderungen betrifft die vorgesehene Erhöhung der Bundesbeteiligung an den Leistungen für Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Um auszuschließen, dass damit eine Bundesauftragsverwaltung eintritt, soll laut Entwurf eine Ergänzung in Art. 104a Abs. 3 GG vorgenommen werden. Demnach würde in diesem Fall die Bundesauftragsverwaltung erst dann greifen, wenn der Bund 75 % oder mehr der Ausgaben trägt – und nicht schon ab der Hälfte der Ausgaben, wie es bisher allgemein geregelt ist.
Die zweite Änderung sieht die Einfügung eines neuen Art. 143h GG vor. Damit wollen Koalition und Bundesregierung ermöglichen, dass den Kommunen und Städten in diesem Jahr einmalig die erwarteten Mindereinnahmen bei den Gewerbesteuereinnahmen ausgeglichen werden können. Daran sollen sich Bund und Länder beteiligen. Art. 143h GG soll am 31.12.2020 wieder außer Kraft treten.
[Quelle: Bundestag]
3 Kritik an fehlender Antragsberechtigung von Anwälten
Die Präsidentin des Deutschen Anwaltvereins (DAV), Rechtsanwältin und Notarin Edith Kindermann, hat sich in einem Schreiben an die Bundeskanzlerin sowie an die federführenden Bundesminister der Finanzen und für Wirtschaft darüber beschwert, dass die vom Bundeskabinett geplanten Corona-Überbrückungshilfen für kleine und mittlere Unternehmen offenbar nur von Steuerberatern, vereidigten Buchprüfern und Wirtschaftsprüfern sollen beantragt werden können, nicht aber von Rechtsanwälten.
Die DAV-Präsidentin forderte, umgehend auch die Anwaltschaft für diesen Antragsprozess zuzulassen. Es gebe keinen Grund, Anwälte von der Antragsberechtigung bei der Überbrückungshilfe auszunehmen. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte seien aufgrund ihrer umfassenden Ausbildung zur vollumfänglichen rechtlichen, einschließlich der steuerrechtlichen Beratung und Vertretung ihrer Mandanten zugelassen. Sie seien damit zu allen Leistungen befähigt, die auch Steuerberater anbieten dürfen.
In der steuerrechtlichen Beratung übernähmen Anwältinnen und Anwälte für ihre Mandanten die monatliche Finanzbuchhaltung, Lohnabrechnung sowie die Veranlagung durch den Jahresabschluss, die E...