Maßgebender Zeitpunkt für die Höhe des Umsatzsteuersatzes ist der Tag, an dem der Anwalt seine Leistung erbringt, bzw. das Ende des Leistungszeitraums, in dem die Leistung ausgeführt worden ist. Das wiederum ist der Tag, an dem der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet worden ist. Damit fällt das Ende des Leistungszeitraums mit dem Tag der gesetzlichen Fälligkeit der anwaltlichen Vergütung nach § 8 Abs. 1 S. 1 RVG zusammen. Es kommt nicht darauf an, wann eine bestimmte Gebühr entstanden ist. Erst recht kommt es nicht darauf an, wann der Anwalt die Rechnung schreibt oder wann der Mandant sie bezahlt.
Beispiel:
Im April 2020 hat der Anwalt auftragsgemäß eine Klage eingereicht. Termin zur mündlichen Verhandlung war im Juni 2020. Das Urteil ergeht im Juli 2020.
- Die Verfahrensgebühr ist im April 2020 mit Klageeinreichung entstanden, also zu einem Zeitpunkt, zu dem noch die 19 %-ige Umsatzsteuer galt.
- Auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung galt noch der Umsatzsteuersatz von 19 %.
- Bei Erlass des Urteils galt jedoch bereits der ermäßigte Steuersatz von 16 %.
Für die Berechnung der Umsatzsteuer ist allein die Beendigung der Angelegenheit ausschlaggebend, also der Tag, an dem das Urteil erlassen worden ist, und damit der Tag der Fälligkeit nach § 8 Abs. 1 S. 1 RVG. Es gilt also einheitlich der Umsatzsteuersatz von 16 %. Der Zeitpunkt des Entstehens der jeweiligen Gebühren ist ebenso irrelevant wie das spätere Datum der Rechnung oder der Bezahlung.
Unerheblich ist, ob nach Eintritt der Fälligkeit noch Abwicklungstätigkeiten zu erbringen sind, wie etwa eine Streitwertfestsetzung, die Kostenfestsetzung oder eine Urteilsberichtigung. Solche Abwicklungstätigkeiten haben keinen Einfluss auf die Fälligkeit der Vergütung nach § 8 Abs. 1 S. 1 RVG und damit auch nicht auf den Leistungszeitraum.
Beispiel:
Im Juni 2020 hat das LG sein Urteil erlassen. Im Juli wird die Kostenfestsetzung durchgeführt.
Der Auftrag ist im Juni 2020 erledigt worden, sodass die Vergütung des Anwalts mit 19 % zu versteuern ist. Die Abwicklungstätigkeit im Juli ist für die Fälligkeit und die Höhe des Steuersatzes irrelevant.
Die Vertragsparteien können zwar abweichende Fälligkeiten vereinbaren; solche abweichende Fälligkeitsvereinbarungen lassen jedoch den umsatzsteuerlichen Leistungszeitraum unberührt. Es unterliegt gerade nicht der Disposition der Vertragsparteien, durch abweichende Fälligkeitsvereinbarungen die Höhe des Umsatzsteuersatzes zu bestimmen. Etwas anderes kann lediglich bei vereinbarten Vergütungen in Betracht kommen (s.u. IX).