1. Allgemeines
Auch hinsichtlich einer vereinbarten Vergütung gilt zunächst einmal § 8 Abs. 1 S. 1 RVG, sodass auch hier auf die Fälligkeit abzustellen ist. Maßgebend ist also auch hier wiederum, wann die Angelegenheit beendet oder der Auftrag erledigt worden ist. Aus der Art der Vereinbarung können sich jedoch Abweichungen ergeben. Es kommt daher stets auf den Einzelfall an.
2. Stundensätze
Ist eine Stundensatzvereinbarung getroffen worden, ändert dies zunächst einmal nichts daran, dass die gesamte Vergütung unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 S. 1 RVG erst mit deren Erledigung oder Beendigung fällig wird. Hier kann es allerdings vorkommen, dass Teilleistungen vorliegen, die gesondert zu versteuern sind, nämlich dann, wenn in der Vergütungsvereinbarung für bestimmte Zeiträume Teilfälligkeiten vorgesehen sind.
Beispiel:
Der Anwalt wird im Januar 2020 mit der Verteidigung in einer Strafsache beauftragt. Im Dezember 2020 wird das Verfahren eingestellt. Der Anwalt hatte mit dem Beschuldigten eine Vergütungsvereinbarung geschlossen, wonach abweichend von der gesetzlichen Vergütung nach einem bestimmten Stundensatz abzurechnen sei.
a) |
Weitere Vereinbarungen sind nicht getroffen worden. |
b) |
Vereinbart worden ist, dass der Anwalt monatlich über die jeweils angefallenen Stunden abrechnet. |
Im Fall a) ist die gesamte Vergütung erst im Dezember 2020 fällig geworden, sodass einheitlich für alle Stunden der Steuersatz von 16 % gilt. Soweit vorher Abrechnungen erteilt worden sind, handelt es sich faktisch um Vorschüsse, sodass der Umsatzsteuersatz zu berichtigen ist.
Im Fall b) liegen dagegen Teilleistungen i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 1a S. 2 UStG vor, weil monatlich abzurechnen ist und die jeweils monatliche Tätigkeit abgrenzbar ist. Mit Ende des Monats ist die in diesem Monat geleistete Tätigkeit erledigt und wird die dafür vorgesehene Vergütung fällig. Da die Vergütungen nach Monaten berechnet sind, sind sie auch voneinander abgrenzbar. Das bedeutet, dass für die Monate Januar bis einschließlich Juni 2020 die angefallenen Stunden mit 19 % abzurechnen sind und für den Zeitraum Juli bis Dezember 2020 die Vergütungen mit 16 % abzurechnen sind.
3. Pauschalvereinbarung
Haben die Parteien ein Pauschalhonorar vereinbart, so ist auch hier zu differenzieren.
Sind mehrere Pauschalen für bestimmte Zeiträume vereinbart, dürften abgrenzbare Teilleistungen vorliegen, sodass es jeweils auf die Fälligkeit der Teilpauschalen ankommt.
Beispiel:
In einer Strafsache ist vereinbart, dass der Anwalt für das Ermittlungsverfahren eine Pauschale i.H.v. 10.000 EUR erhalten soll, für das gerichtliche Verfahren bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens eine weitere Pauschale i.H.v. 5.000 EUR und für jeden Hauptverhandlungstag eine weitere Pauschale i.H.v. 1.000 EUR.
Insoweit liegt bei jeder Pauschale eine abgrenzbare Teilleistung vor, sodass sich die Höhe des Umsatzsteuersatzes jeweils danach richtet, wann die jeweilige Pauschale fällig geworden ist.
Problematisch ist der Fall, wenn vor dem 30.6.2020 eine einheitliche Pauschale vereinbart worden ist und das Mandat erst im zweiten Halbjahr 2020 endet. Es ergibt sich dann das Problem, dass die Pauschale ursprünglich mit 19 % Umsatzsteuer kalkuliert worden ist, später aber nur mit 16 % Umsatzsteuer abgerechnet wird.
Beispiel:
Im Januar 2020 vereinbaren die Parteien, dass der Anwalt für die außergerichtliche Vertretung eine Pauschale i.H.v. 10.000 EUR brutto erhält. Die Sache endet im September 2020.
Eindeutig fest steht, dass der Anwalt auf seine Vergütung lediglich 16 % Umsatzsteuer abführen muss, da die Tätigkeit im zweiten Halbjahr 2020 fällig geworden ist. Die Frage, die sich jetzt stellt, ist, ob der Anwalt die unerwartete Ersparnis durch die Herabsetzung der Umsatzsteuer (3 % aus 10.000 EUR = 300 EUR) an den Mandanten weitergeben muss.
Diese Frage lässt sich meines Erachtens nicht pauschal beantworten. Es kommt darauf an, ob und inwieweit die in dem Pauschalhonorar enthaltene Umsatzsteuer als Kalkulationsgrundlage zum Vertragsinhalt geworden ist. Letztlich ist dies eine zivilrechtliche Frage (Anpassung der Geschäftsgrundlage), ob der Anwalt jetzt im Wege der Vertragsauslegung das Pauschalhonorar um 3 % kürzen muss.