Erstaunlicherweise hat sich die Rechtsprechung in den letzten Jahren immer wieder mit der Auslegung von Definitionen zum Hinterbliebenenbegriff befassen müssen. Offenbar fällt es vielen Vertragspartner schwer, insb. den begünstigten Ehe-/Lebenspartner rechtssicher zu definieren. Eine solche rechtssichere Definition ist aber von grundlegender Bedeutung, da die Rechtsprechung – je nach Spruchkörper – aufgrund unterschiedlicher Auslegungsansätze ggf. zu recht unterschiedlichen Auslegungsergebnissen gelangt.
So hat der BGH in seiner Entscheidung vom 22.7.2015 (IV ZR 437/14, BetrAV 2015, 520) die Begünstigung des "verwitweten Ehegatten" als Hinterbliebenen im Rahmen einer Lebensversicherung dahingehend ausgelegt, dass auch im Fall einer späteren Scheidung der Ehe und Wiederheirat des Versicherungsnehmers der mit dem Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt der Bezugsrechtserklärung verheiratete Ehegatte bezugsberechtigt sein soll (vgl. insoweit auch: BGH v. 14.2.2007 – IV ZR 150/05, VersR 2007, 784). Maßgeblich für die Frage der Bezugsberechtigung ist nach Ansicht des BGH grds. der bei Vertragsschluss vorhandene Ehegatte. Soll der im Todeszeitpunkt "in gültiger Ehe lebende Hinterbliebene" begünstigt sein, so ist dies nach Ansicht des BGH ausdrücklich auch so zu vereinbaren oder durch einen entsprechenden schriftlichen Nachtrag sicherzustellen.
Demgegenüber gelangt das BAG bei vergleichbaren Vertragsgestaltungen, in denen der "Ehegatte/Lebenspartner", "die Witwe/der Witwer" bzw. die/der "jetzige" Ehefrau/Ehemann Begünstigter einer lebenslänglichen Hinterbliebenenrente ist, zu dem Ergebnis, dass derartige Formulierungen im Zweifel denjenigen begünstigen, mit dem der Versorgungsberechtigte zum Zeitpunkt seines Todes verheiratet war (BAG v. 21.2.2017 – 3 AZR 297/15, BetrAV 2017, 367; BAG v. 18.2.2020 – 3 AZN 954/19, zit. nach juris). Zwar erfasst auch nach Ansicht des BAG die Formulierung "jetzige" Ehefrau nur diejenige Ehefrau, die zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Versorgungszusage mit dem Arbeitnehmer verheiratet war. Eine so auszulegende Regelung benachteiligt allerdings den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, sodass im Rahmen einer dann vorzunehmenden ergänzenden Vertragsauslegung auf den im Zeitpunkt des Todes vorhandenen Ehegatten abzustellen ist. Dies gilt unabhängig davon, ob der Hinterbliebenenbegriff neutral oder durch namentliche Benennung konkret definiert ist (BAG v. 18.2.2020 – 3 AZN 954/19, zit. nach juris).
Die Entscheidungen des BAG sind vom Ergebnis her zu begrüßen, da der versorgungsberechtigte Arbeitnehmer gerade im Falle der Wiederverheiratung im Regelfall kein Interesse daran haben dürfte, seinen geschiedenen Ehe- bzw. Lebenspartner weiterhin durch die ihm zugesagte Hinterbliebenenversorgung zu begünstigen. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass der Ehe- bzw. Lebenspartner regelmäßig bereits im Versorgungsausgleich an der Altersversorgung des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers partizipiert hat und damit seine Versorgungsinteressen bereits durch den Versorgungsausgleich umfassend befriedigt worden sind.
Auch wenn das BAG mit seinem jüngsten Urt. v. 18.2.2020 (a.a.O.) seine Auslegung auch auf Zusagen erstreckt hat, in denen der Hinterbliebene namentlich benannt worden ist, wird aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit empfohlen, im Falle der Wiederverheiratung eine Bezugsrechtsänderung durch einen entsprechenden Nachtrag ausdrücklich zu vollziehen.
Bei neutraler Definition des Hinterbliebenenbegriffs wird empfohlen, grds. immer auf den im Zeitpunkt des Todes in gültiger Ehe lebenden Ehe-/Lebenspartner abzustellen.
Formulierungsbeispiel: Hinterbliebenenrente
Beim Tode eines versorgungsberechtigten Mitarbeiters hat der mit dem Mitarbeiter zum Zeitpunkt dessen Todes in gültiger Ehe/Lebenspartnerschaft lebende Ehe-/Lebenspartner einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente. Voraussetzung ist, dass die Ehe bis zum Ableben des Mitarbeiters bestanden hat.