Rechtlich bedenklich sind in betrieblichen Versorgungsvereinbarungen die in allgemeinen Versicherungsverträgen gem. § 169 VVG üblichen "Selbstmordklauseln", wonach bei Selbstmord kein Anspruch auf die Hinterbliebenenleistung bestehen soll (vgl. die Bedenken bei BAG v. 12.2.1975 – 4 AZR 205/74, RdA’1975, 207; BAG v. 29.1.1991 – 3 AZR 85/90, AP Nr. 13 zu § 1 BetrAVG Hinterbliebenenversorgung; Diller, BetrAV 2016, 473; a.A. LArbG Rheinland-Pfalz v. 16.9.1996 – 6 Sa 267/96, DB 1997, 1140; LArbG Köln v. 15.7.2004 – 10 Sa 184/04, zit. nach juris; Rolfs, a.a.O., Anh. § 1 Rn 190; Höfer, BetrAVG, Bd. I [ArbR], Kap. 7 Rn 121 f.).
Gegen ihre Zulässigkeit spricht insb. das mit dem Entgeltprinzip verbundene Wesen betrieblicher Versorgungsleistungen als Gegenleistung für erbrachte Betriebstreue, da auch im Fall der Selbsttötung der verstorbene Mitarbeiter seine Gegenleistung zumindest in der Vergangenheit vollständig erbracht hat und von daher auch ein Widerruf der Versorgungszusage regelmäßig unzulässig wäre. Andererseits beruhen betriebliche Versorgungsleistungen auf dem Grundsatz der Freiwilligkeit und damit auf dem Grundsatz der Vertragsfreiheit. Ist aber der Arbeitgeber grds. in der Entscheidung frei, ob er neben einer Altersversorgung zugleich auch eine Hinterbliebenenversorgung gewährt, so kann er auch deren Ausgestaltung und Leistungsvoraussetzungen i.R.d. Gleichbehandlungsgrundsatzes und der allgemeinen Billigkeitsgrundsätze (§§ 242, 315 BGB) grds. frei gestalten (LAG Rheinland-Pfalz v. 16.9.1996 – 6 Sa 267/96, DB 1997, 1140). Dies könnte dafür sprechen, dass es zulässig ist, die Selbsttötung anders zu behandeln als sonstige Versorgungstatbestände.
Letztendlich wird man diesbezüglich im konkreten Einzelfall (z.B. Selbsttötung nach langer Betriebszugehörigkeit bei schwerer Krankheit) eine nach Billigkeitserwägungen zu treffende Einzelfallentscheidung vornehmen bzw. den Versorgungsanspruch über eine in Versorgungsordnungen regelmäßig anzutreffende allgemeine Härtefallklausel prüfen müssen (vgl. auch Höfer, BetrAVG, Bd. I [ArbR], Kap. 7 Rn 123). Von daher empfiehlt sich eine Regelung, die einen Selbstmord nicht generell als Ausschlusstatbestand für eine Hinterbliebenenversorgung definiert, den Zeitfaktor zwischen Zusageerteilung und Todesfall berücksichtigt und eine Einzel- bzw. Härtefallentscheidung zulässt.
Formulierungsbeispiel: Ausschluss von Versorgungsleistungen bei Selbstmord
Bei Selbsttötung vor Ablauf von drei Jahren seit Zusageerteilung/Aufnahme in den Kreis der Versorgungsberechtigten besteht ein Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung nur dann, wenn nachgewiesen wird, dass die Tat in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit begangen worden ist. Im Übrigen behält sich der Arbeitgeber/die Unterstützungskasse/die Pensionskasse im Einzelfall eine nach allgemeinen Billigkeitskriterien sowie unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben zu treffende Entscheidung vor.