Wenn ein Arbeitgeber freiwillig im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung Risiken übernimmt, wie das hier diskutierte Todesfallrisiko, und dafür eine entsprechende Absicherung der Hinterbliebenen vorsieht, dann hat er durchaus auch ein legitimes Interesse daran, die mit der Zusage einer Hinterbliebenenversorgung verbundenen finanziellen Risiken zu begrenzen, um sie besser kalkulierbar zu machen (BAG’v. 20.2.2018 – 3 AZR 43/17, NZA 2018, 712; BAG v. 16.10.2018 – 3 AZR 520/17, NZA 2019, 176).
Eine Begrenzung des Kreises der anspruchsberechtigten Dritten durch zusätzliche anspruchsbegründende oder besondere anspruchsausschließende Merkmale liegt gerade im Bereich der Hinterbliebenenversorgung nah, weil ein dahingehendes Leistungsversprechen zusätzliche Unwägbarkeiten und Risiken mit sich bringt. Diese betreffen insb. die Dauer und die Höhe der Leistungserbringung. Derartige Klauseln sind allerdings nicht frei gestaltbar, sondern werden von der Rechtsprechung im Hinblick auf’den mit ihnen verfolgten Zweck insb. unter dem Aspekt der Gleichbehandlung sowie unter Berücksichtigung der geltenden Diskriminierungsverbote auf ihre Geeignetheit und Angemessenheit hin überprüft.
1. Spätehenklauseln
Im Rahmen der betrieblichen Hinterbliebenenversorgung finden sich unter dem Aspekt der Risikobegrenzung v.a. sog. Spätehenklauseln, die verschiedene Gestaltungsformen haben: Ein Leistungsanspruch wird entweder ausgeschlossen, wenn die Ehe erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, erst nach einem bestimmten Höchstalter (z.B. erst ab der Vollendung des 60. Lebensjahrs) oder erst nach Eintritt des Versorgungsfalls geschlossen wird.
Bei derartigen Fallgestaltungen stellt sich automatisch die Frage nach der Vereinbarkeit der einzelnen Klausel mit dem AGG sowie der dem AGG zugrunde liegenden EU-Richtlinie 2000/78/EG. Danach ist eine Risikobegrenzung (Begrenzung der finanziellen Lasten des Arbeitgebers bzw. des Versorgungsträgers) nur zulässig, wenn sie angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist.
Mit seinem Urt. v. 21.2.2017 (3 AZR 297/15, BetrAV 2017, 367) hat das BAG die Anforderungen an die Wirksamkeit von Spätehenklauseln präzisiert. In der Vergangenheit (v.a. vor Inkrafttreten des AGG) hatte es entsprechende Klauseln unter Hinweis auf die Freiheit des Arbeitgebers bei der Festlegung des Kreises der anspruchsberechtigten Hinterbliebenen generell für wirksam gehalten (so z.B. BAG v.’28.7.2005 – 3 AZR 457/04, NZA-RR 2006, 591; BAG v. 15.10.2013 – 3 AZR 294/11, BetrAV 2014, 385; BAG v. 15.10.2013 – 3 AZR 653/11, BetrAV 2014, 197). Nunmehr ist eine differenzierte Betrachtung danach geboten, ob die Klausel an ein bestimmtes Alter oder das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben anknüpft.
Lediglich dann, wenn das in der Spätehenklausel festgelegte Alter keine "eigenständige" und damit möglicherweise diskriminierende Altersgrenze definiert, kann eine rechtlich zulässige Ausschlussklausel vorliegen.
Das LArbG Hamm geht in seiner Entscheidung vom 12.9.2017 (9 Sa 705/17, zit. nach juris; Langohr-Plato, jurisPR-ArbR 45/2017 Anm. 1) davon aus, dass durch eine in einer Spätehenklausel verwendete Bezugnahme auf das Alter 65 i.d.R. keine "eigenständige" Altersgrenze definiert wird, sondern die für den Versorgungsberechtigten konkret geltende allgemeinen Altersgrenze in Bezug genommen wird. Diese Altersgrenze 65 sei eine Zäsur zwischen aktivem Arbeitsleben und Ruhestand, sodass eine auf dieser Altersgrenze beruhende Spätehenklausel nicht zu beanstanden sei (vgl. insoweit auch: BAG v. 21.3.2017 – 3 AZR 86/16, NZA 2017, 939; BAG v. 14.11.2017 – 3 AZR 781/16, NZA 2018, 453 sowie BAG v. 22.1.2019 – 3’AZR 293/17, zit. nach juris, für eine der festen Altersgrenze in der Versorgungsordnung entsprechende Spätehenklausel mit Alter 62).
Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn für die Spätehenklausel auf eine von der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung abweichende Altersgrenze von z.B. 60 Jahren abgestellt und damit eine ggf. noch im aktiven Arbeitsverhältnis geschlossene Ehe sanktioniert wird. Hierin liegt, anders als bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder Eintritt des Versorgungsfalls bei dem versorgungsberechtigten Arbeitnehmer selbst, keine "Zäsur", die es ausnahmsweise gestatten könnte, in den Bestimmungen über die Hinterbliebenenversorgung zur Begrenzung des mit der Versorgungszusage verbundenen Risikos und Aufwands hieran anzuknüpfen und die Lebensgestaltung des Arbeitnehmers ab diesem Zeitpunkt bei der Abgrenzung der Leistungspflichten unberücksichtigt zu lassen. Mithin ist eine vor dem regelmäßigen Eintritt des Versorgungsfalles "Alter" bzw. vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses greifende Spätehenklausel als unzulässig zu bewerten (BAG v. 4.8.2015 – 3 AZR 137/13, NZA 2015, 1447; LArbG Hamm v. 12.9.2017 – 9 Sa 705/17, zit. nach juris; Langohr-Plato, jurisPR-ArbR 45/2017 Anm. 1).
Der insoweit erforderliche Nachweis der Angemessenheit und Erforderlichkeit einer solchen bereits vor Eintritt des Versorgungsfalls Alter wirkenden Spä...