Man setzt sich unmittelbar dem Risiko aus, sofort in ein schlechtes Licht gerückt zu werden, wenn man von dem Hintergrund der Mordtaten von Hanau Waffenrechtsverschärfungen kritisiert und hinterfragt. Aber wie die Realität zeigt, können auch noch so viele reflexhafte erneute Verschärfungen des Waffenrechts, die allzu oft in Unkenntnis oder bewusster Außerachtlassung empirischer Befunde und bereits bestehender gesetzlicher Regelungen und staatlicher Handlungsmöglichkeiten erfolgen, derartige Taten nicht verhindern. Selbst ein vollständiges Waffenverbot könnte dies nicht. Zum einen handelte es sich bei dem Täter von Hanau ganz offensichtlich um einen hochgradig geisteskranken Menschen. Zum anderen hätte bereits das geltende Waffenrecht bei konsequenter Anwendung der entsprechenden staatlichen Stellen dem Mörder die Möglichkeit genommen, mit legal besessenen Waffen die Tat zu verüben. Es ist tragisch, dass dies nicht geschehen ist (vgl. dazu insgesamt auch Gepperth unter https://www.gsvbw.de/archive/3699 – zuletzt aufgerufen am 24.3.2020).
Bereits die Gesetzgebungsverfahren der EU-Feuerwaffenrichtline und insb. des 3. WaffRÄndG waren inhaltlich stark ideologisch, von Hoplophobie (d.h. der Angst vor Schusswaffen oder Angst vor bewaffneten Bürgern, https://de.wikipedia.org/wiki/Hoplophobie – zuletzt aufgerufen am 22.3.2020) geprägt und insb. hinsichtlich ihrer Transparenz befremdlich (für viele z.B. Numßen, Pirsch 20/2019, S’76 ff.). Die Gesetzgebung führt weg von dem, was die EU mit ihrer Richtlinie auch angestrebt hatte, nämlich einer Harmonisierung zwischen den unterschiedlichen nationalen Waffengesetzgesetzgebungen der einzelnen Schengen-Mitgliedsländer (Kesting z.B. unter https://www.reservistenverband.de/nordrhein-westfalen/rag-schiesssport-hesborn/aktuelles/neues-waffenrecht/ – zuletzt aufgerufen am 14.3.2020). Das neue deutsche Waffengesetz wird sowohl für Sportschützen und Jäger, aber auch für den Handel und die Hersteller erhebliche negative Folgen haben. Das alles vorgeblich unter den Gesichtspunkten "Innere Sicherheit" und "Terrorismusabwehr" (Recktenwald, a.a.O.). Kriminelle und insb. Terroristen haben sich bislang jedoch erkennbar nicht an waffenrechtliche Vorgaben gehalten. Solches dürfte auch in der Zukunft kaum zu erwarten sein. Insofern läuft die vorgebliche Intention des’Gesetzgebers an dieser Stelle leer. Insgesamt sollte durch waffenrechtliche Vorgaben davon abgesehen werden, ganze Personengruppen, wie Sammler, Sportschützen, Jäger oder Traditions-Schützen, bereits im Vorfeld als Gefährdungsträger zu klassifizieren. Die waffenrechtlichen Möglichkeiten eines Staats sind begrenzt und können Rechtsbrecher oder gar Terroristen nicht wirksam davon abhalten, sich Feuerwaffen zu beschaffen und entsprechende Taten zu begehen. Dieser Auffassung ist sogar die Gewerkschaft der Polizei, die wohl fern des Verdachts stehen dürfte, in diesem Bereich eine großzügige Linie zu vertreten (Gewerkschaft der Polizei, a.a.O.).
Wie bereits in der Vergangenheit, gehen auch die vorliegenden Änderungen des Waffenrechts am eigentlichen und zentralen Problem im Bereich der Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Umgang von Waffen, nämlich den auch durch kein noch so restriktives oder kompliziertes Waffengesetz zu regelnden Bereich der illegalen Schusswaffen, völlig vorbei. Konsequent wird bei jeder Waffenrechtsverschärfung ignoriert, dass es sich bei der sog. Schusswaffenkriminalität zum einen vornehmlich um Fälle des illegalen Besitzes, der illegalen Einfuhr, des illegalen Handels und der illegalen Herstellung von Schusswaffen handelt (vgl. Waffenkriminalität Bundeslagebild 2018 unter https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/Lagebilder/Waffenkriminalitaet/waffenkriminalitaet_node.html, S. 2 – zuletzt aufgerufen am 22.3.2020). Zum anderen sind bezogen auf die Gesamtdeliktszahl der Delikte in 0,2 % der Fälle Schusswaffen involviert und der Anteil legaler Schusswaffen hieran wiederum betrug lediglich rd. 1 % (vgl. z.B. grds. auch https://www.fwr.de/statistik/fakten-zum-waffenbesitz/ – zuletzt aufgerufen am 22.3.2020; in Deutschland werden nur 0,2 % aller Straftaten unter Schusswaffengebrauch begangen, vgl. www.bka.de/nn_193374/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/JahresberichteUndLagebilder/Waffenkriminalitaet/waffenkriminalitaetBundeslagebild2014, S. 7 zuletzt aufgerufen am 03.07.2020). Dabei werden die meisten dieser Straftaten mit illegalen Schusswaffen verübt (vgl. BT-Drucks 18/2213, S. 8 aus: https://kleineanfragen.de/bundestag/19/548-schusswaffen-in-der-bundesrepublik-deutschland.txt – zuletzt aufgerufen am 22.3.2020; https://kleineanfragen.de/baden-wuerttemberg/16/3035-legale-und-illegale-schusswaffen-bei-straftaten – zuletzt aufgerufen am 22.3.2020 – allein diese Betrachtung würde einen eigenen Beitrag erfordern). Insgesamt spielen die legalen Schusswaffen bei der Begehung von Straftaten daher nur eine marginale Rolle.
Anmerkung:
So hatte das Bundeslagebild Waffenkriminalität (BKA) z.B. ausd...