1. Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht aus Gewissensgründen
Bei der Erhebung von Rundfunkbeiträgen im privaten Bereich stellt sich immer wieder die Frage nach einer Befreiung hiervon. Das OVG Lüneburg hatte sich in seinem Beschluss vom 25.8.2020 – 4 LA 163/19 – mit der Frage zu befassen, ob Grundrechte eine solche Befreiung gebieten könnten. Es hat einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG verneint, weil die Erhebung eines Beitrags unabhängig von dem Besitz eines Empfangsgeräts und dem tatsächlichen Nutzungswillen des Empfängers erfolgen dürfe (BVerfG, Urt. v. 18.7.2018 – 1 BvR 1675/16 u.a.). Ein besonderer Härtefall i.S.d. § 4 Abs. 6 S. 1 RBStV sei in diesem Zusammenhang nur dann anzunehmen, wenn es einem Beitragsschuldner objektiv unmöglich sei, zumindest über irgendeinen Übertragungsweg Rundfunk zu empfangen.
Ebenfalls hat es einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 GG verneint. Die sich aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG ergebende Gewährleistung der Rundfunkfreiheit gebiete, dass die Programmgestaltung Sache des Rundfunks bleibe und sich an publizistischen Kriterien ausrichten könne. Rundfunkprogramme sollten frei von staatlicher Lenkung, aber ebenso von privater Indienstnahme veranstaltet werden. Der Gewährleistung des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG sei indessen nichts in Bezug auf die Befreiung von Rundfunkabgaben zu entnehmen. Das Grundrecht der Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG gewährleiste das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Dieses Recht werde – weder in seiner positiven noch in seiner negativen Ausprägung – durch die Erhebung von Rundfunkbeiträgen berührt.
Auch Art. 4 Abs. 1 GG fordere keine weitergehende Auslegung der Befreiungsvorschrift des § 4 Abs. 6 S. 1 RBStV, da die Erhebung des Rundfunkbeitrags nicht die in Art. 4 Abs. 1 GG gewährleistete Glaubens- und Gewissensfreiheit verletze. Denn die Glaubensfreiheit werde durch die Zahlung einer Abgabe nur berührt, soweit diese gerade die Finanzierung einer Glaubensgemeinschaft oder eines religiösen oder areligiösen Bekenntnisses bezwecke. Die allgemeine Pflicht zur Zahlung einer Abgabe ohne eine solche Zweckbindung berühre regelmäßig – so auch im Fall des Rundfunkbeitrags – nicht den Schutzbereich der Glaubensfreiheit des Abgabenschuldners. (vgl. auch OVG NRW, Urt. v. 21.9.2018 – 2 A 1821/15; Sächs. OVG, Beschl. v. 30.6.2017 – 5 A 133/16).
2. Straßenausbaubeitrag und Einheitlichkeit der selbstständigen Erschließungsanlage
Bei der Erhebung von Straßenbaubeiträgen ist die Einstufung der Erschließungsanlage von maßgeblicher Bedeutung. Das OVG Lüneburg hat sich in seinem Urteil vom 24.8.2020 (9 LB 146/17, KStZ 2020, 230 ff.) u.a. damit befasst, inwieweit Straßenkreuzungen die Bewertung der Erschließungsanlage bestimmen, Parkflächen als Teileinrichtung einer Verkehrsanlage anzusehen und innerörtliche öffentliche Grünanlagen in die Verteilung des Ausbauaufwandes einzubeziehen sind.
Danach können i.R.d. natürlichen Betrachtungsweise Kreuzungen je nach den tatsächlichen Verhältnissen eine trennende Wirkung entfalten Bei sehr langen, im Wesentlichen gleichförmig verlaufenden Innerortsstraßen seien insoweit geringere Anforderungen zu stellen als bei kurzen Innerortsstraßen. Kreuzungen könnten bei solchen langen Innerortsstraßen insb. schon dann leicht eine trennende Wirkung entfalten, wenn sie mit Ampeln versehen seien, dort mehrspurige Straßen aufeinanderträfen und die Straße vor und hinter einem Kreuzungsbereich – wenn auch nur in einem geringfügigen Maße – Unterschiede in den Teileinrichtungen aufweise. Denn der Sinn und Zweck der bei der Festlegung der öffentlichen Einrichtung anzuwendenden natürlichen Betrachtungsweise bestehe darin, dass für einen vom unbefangenen Betrachter als Einheit angesehenen Straßenzug alle Anlieger Beiträge für dessen Ausbau entrichten sollten.
Hinweis:
Der natürliche Betrachter hat bei längeren Straßen nicht in gleicher Weise wie bei kurzen Straßen den Eindruck, dass die Zusammengehörigkeit durch beampelte Kreuzungsbereiche nicht unterbrochen wird.
Der Beitragsfähigkeit für Parkflächen korrespondiert nach der vorgenannten Entscheidung die Erforderlichkeit ihrer Errichtung. Die Erforderlichkeit beurteile sich im Hinblick auf die Gesamtsituation, in der sich die Straße befindet, und nicht danach, was für die Anlieger der Straße notwendig sei. Müsse z.B. eine Fahrbahn viel Verkehr oder ein Kanal viel Wasser aus der Umgebung aufnehmen, so sei dieser Umstand maßgebend für die erforderliche Größe der Fahrbahn bzw. des Kanals. Dem Gesichtspunkt, inwieweit der Straßenausbau einerseits den Anliegern und andererseits der Allgemeinheit diene, werde vielmehr durch die Festlegung von Anlieger- und Allgemeinanteil Rechnung getragen. Danach sei die Anlage eines Parkstreifens beitragsfähig, wenn sie der sachgerechten Bewältigung des ruhenden Verkehrs diene, die grds. zur Erschließungsfunktion einer Straße gehöre.
Hingegen seien innerörtliche öffentliche Grünanlagen im Ausbaubeitragsrecht auch dann nicht in die Verteilung des Ausbauaufwandes einzubeziehen, wenn die Anlagen wegen ihrer Größe nicht notwendig i.S.d. § 127 Abs. 2 Nr. 4 BauGB sei...