Wird einem Arzt ein (strafrechtliches) Fehlverhalten – etwa Abrechnungsbetrug – vorgeworfen und daraus der Schluss abgeleitet, er sei für die Ausübung des Berufs ungeeignet und unwürdig, kommt als Maßnahme der Gesundheitsbehörde das Ruhen der Approbation in Betracht. Maßgeblich für die Überprüfung einer Verfügung, mit der das Ruhen einer ärztlichen Approbation angeordnet wurde, ist § 6 Abs. 1 Nr. 1 der Bundesärzteordnung. Die Vorschrift setzt eine hinreichende Verurteilungswahrscheinlichkeit in Bezug auf Straftaten voraus, die das Potential für einen Widerruf der Approbation wegen Unzuverlässigkeit oder Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs haben.
Hinweis:
Die Anordnung des Ruhens einer ärztlichen Approbation ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtslage ist daher derjenige der gerichtlichen Entscheidung. Durch das Ruhen seiner Approbation wird dem Arzt zwar nicht die mit der Approbation verliehene Rechtsstellung entzogen. Er darf weiterhin seine Berufsbezeichnung führen und bleibt auch Mitglied der Ärztekammer; demgemäß bedarf es nachfolgend auch keiner Neuerlangung der Approbation (vgl. Rehborn in: Laufs/Uhlenbruck/Kern/Rehborn, Handbuch des Arztrechts, 5. Aufl. 2019, § 8 Rn 78). Das Ruhen der ärztlichen Approbation hat aber zur Folge, dass dem Inhaber die Ausnutzung der mit der Rechtsstellung verbundenen Befugnisse vorläufig verboten ist. Die Untersagung beschränkt sich nicht auf den Erlasszeitpunkt, sondern ist auf die Dauer des laufenden Strafverfahrens angelegt. Dementsprechend verpflichtet § 6 Abs. 2 der Bundesärzteordnung die Behörde, ihre Verfügung unter Kontrolle zu halten.
Das BVerwG weist in seinem Urteil vom 10.9.2020 (3 C 13/19; GesR 2021, 105 = ZMGR 2021, 31 = NWVBl 2021, 151) zunächst auf die obergerichtliche Rechtsprechung hin, wonach die maßgebliche Rechtsgrundlage nicht nur ein eingeleitetes Strafverfahren, sondern eine hinreichende Verurteilungswahrscheinlichkeit voraussetze (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 19.7.1991 – 9 S 1227/91, NJW 1991, 2366, 2367; OVG Lüneburg, Beschl. v. 16.3.2004 – 8 ME 164/03, NJW 2004, 1750, 1751; OVG Saarlouis, Urt. v. 29.11.2005 – 1 R 12/05, MedR 2006, 661, 663). Die Erfüllung dieser Anforderung werde regelmäßig durch den Eröffnungsbeschluss indiziert, der gem. § 203 StPO nur erlassen werden dürfe, wenn der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheine. Es sei nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte, einen parallelen Strafprozess mit eigenständiger Amtsermittlung zu führen.
Hinweis:
Für die Anordnung des Ruhens der ärztlichen Approbation ist erforderlich und ausreichend, dass die dem Arzt vorgeworfenen Straftaten – eine rechtskräftige Verurteilung unterstellt – die Unzuverlässigkeit oder Unwürdigkeit des Arztes zur Ausübung seines Berufs ergeben können. Die dem Arzt im Strafverfahren zur Last gelegten Taten müssen nach Art, Schwere und Anzahl das Potential haben, den Widerruf der ärztlichen Approbation zu begründen.
Das BVerwG gibt allerdings zu bedenken, dass die Anordnung des Ruhens der ärztlichen Approbation ein vorläufiges Berufsverbot für den Betroffenen bewirke, sodass sie zusätzlichen Anforderungen unterworfen sei. Art. 12 Abs. 1 GG lasse einen derartigen Eingriff in die Freiheit der Berufswahl als Präventivmaßnahme nur zur Abwehr konkreter, bereits vor dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens drohender Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter zu.
Hinweis:
Für die Anordnung des Ruhens der ärztlichen Approbation wegen einer möglichen Unzuverlässigkeit des Arztes müssen hiernach tatsächliche Anhaltspunkte dafür belegt werden, dass der Betroffene seine Berufspflichten in nächster Zeit verletzen wird und welche konkreten Gefahren insoweit drohen (vgl. BVerfG NJW 1991, 1530, 1531 und BVerfG v. 4.10.2006 – 1 BvR 2403/06, juris Rn 19). Nur dann erweist sich die Ruhensanordnung, die gerade auf den Zeitraum bis zum Abschluss des strafgerichtlichen Verfahrens bezogen ist, als erforderlich. Sofern bereits aus anderen Gründen von einer Verhaltensänderung ausgegangen werden kann – etwa, weil während des Laufs des strafgerichtlichen Verfahrens mit einem Wohlverhalten des Betroffenen zu rechnen wäre (vgl. BVerfG NJW 2008, 1369, 1371), ist kein Anlass für Sicherungsmaßnahmen in Bezug auf diesen Zwischenzeitraum gegeben.