Der Schuldnerschutz in der Zwangsvollstreckung ist nicht nur ein für die Verfassungs- und Prozessrechtswissenschaft spannendes Thema, sondern beschäftigt gerade auch die anwaltliche Praxis in steigendem Maße: Zum einen ist gerade der Schutz vor Räumungsvollstreckung in den letzten Jahren durch die Judikatur des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) immer stärker ausdifferenziert und mit Vorgaben für die Zivilgerichtsbarkeit und für die Vollstreckungsparteien angereichert worden. Dies hat u.a. dazu geführt, dass die Auslegung und Anwendung der Schuldnerschutznorm § 765a ZPO (dazu II.) verfassungsrechtlich derart determiniert ist, dass insb. die Kenntnis auch der sog. Kammer-Rechtsprechung des BVerfG (vgl. III. 1.) essentiell für die Beurteilung der Erfolgsaussichten dieses Rechtsbehelfs ist – für den Rechtsanwalt wie für den (Zivil-)Richter. Zum anderen wird die Verfassungsbeschwerde (auch in der Vollstreckung) vielfach als außerordentlicher Rechtsbehelf zur „Verlängerung” des (zivilprozessualen) Rechtsweges verstanden und – ungeachtet der geringen Erfolgsaussichten – extensiv genutzt. Einen aktuellen Anlass für eine (weitere) Beschäftigung mit diesem rechtspraktisch wie -dogmatisch spannenden Thema bietet der Beschluss vom 8.8.2019 der 3. Kammer des Zweiten Senats (Az.: 2 BvR 305/19, NJW 2019, 2995 f., dazu III. 2.; s. zur vorangehenden Senatsrechtsprechung unter III.1.), der einen Fall von Suizidgefahr vor drohender Räumungsvollstreckung aus einem Zuschlagsbeschluss betrifft. Spannend deswegen, weil diese Entscheidung aufschlussreich für die Reichweite und Grenzen des Vollstreckungsschutzes gem. § 765a ZPO bei der Räumungsvollstreckung ist (vgl. dazu jüngst und m.w.N. N. Fischer ZfL 30 (2021), 1 ff., zu der ebenfalls beachtenswerten Entscheidung derselben Kammer des BVerfG v. 15.5.2019 – 2 BvR 2425/18, NJW 2019, 2012 ff.; s. dazu auch Froese ZfL 2/2020, 149 ff.; Lissner DGVZ 2020, 90 ff.; Sachs JuS 2019, 1224 f.; Stein NZFam 2019, 532 f.). Weiterhin belegt die Entscheidung vom 8.8.2019 eindrucksvoll, dass auch die vielfältigen „Eindämmungsversuche” von BVerfG und Schrifttum, die im Zusammenhang mit der bundesverfassungsgerichtlichen Kontrollmöglichkeit unter dem Schlagwort der „Verfassungsrechtsmäßigkeit von Rechtsanwendungsentscheidungen” oder der „spezifischen Verfassungsrechtsverletzung” (vgl. hier nur BVerfGE 18, 85 ff., 92 f.) diskutiert werden, auch im vorliegenden Fall kein Hemmnis bilden, die Verfassungsbeschwerde zur Verlängerung des Rechtsweges zu nutzen (s. dazu auch das Fazit unter IV.). Es lohnt sich sowohl für den im Vollstreckungs- und Mietrecht praktizierenden Rechtsanwalt als auch für den Zivilrichter (insb. soweit er in einer Beschwerdekammer tätig ist), aus aktuellem Anlass einen vertiefenden Blick auf die verfassungsrechtlichen und verfassungsgerichtlichen Anforderungen für den Vollstreckungsschutz gem. § 765a ZPO in der Räumungsvollstreckung (§§ 885, 885a ZPO) zu werfen. Hierzu will der vorliegende Beitrag zumindest sachdienliche Hinweise bieten, ohne das Thema hier auch nur halbwegs erschöpfend behandeln zu können.