Gegenstand des Urt. des BVerwG v. 13.12.2023 ist die Klage einer im Bundesgebiet geborenen irakischen Staatsangehörigen, deren Eltern in Griechenland internationaler Schutz zuerkannt worden war (BVerwG, Urt. v. 13.12.2023 – 1 C 34.22, NVwZ-RR 2024, 478 ff.). In dem nach Anzeige der Geburt der Klägerin gem. § 14a Abs. 2 AsylG eingeleiteten Asylverfahren lehnte das Bundesamt den Asylantrag der Klägerin als unzulässig ab (Nr. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, 7 S. 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2), forderte die Klägerin unter Fristsetzung zur Ausreise auf und drohte ihr die Abschiebung nach Griechenland oder in einen aufnahmebereiten Staat an (Nr. 3 S. 1–3), stellte gleichzeitig fest, dass sie nicht in den Irak abgeschoben werden darf (Nr. 3 S. 4; sog. negative Staatenbezeichnung) und befristete das Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Nr. 4). Auf die dagegen gerichtete Klage, mit der die Klägerin die Aufhebung des genannten Bescheides mit Ausnahme der negativen Staatenbezeichnung begehrte, hat das Verwaltungsgericht den Bescheid insgesamt aufgehoben. Das OVG hat die Berufung der Klägerin gem. § 125 Abs. 2 VwGO mit der Erwägung als unzulässig verworfen, dass der Klägerin trotz formeller Beschwer das Rechtsschutzinteresse fehle, weil sie ihre Rechtsstellung mit der begehrten Entscheidung nicht verbessern könne.
Auf die Revision der Klägerin hat das BVerwG die Entscheidung des OVG geändert und das Urteil des VG insoweit aufgehoben, als darin (auch) die negative Staatenbezeichnung aufgehoben wird. Die Verneinung des Rechtsschutzinteresses als einer ungeschriebenen Voraussetzung für die Zulässigkeit einer jeden Inanspruchnahme des Gerichts durch das OVG überspanne die hieran zu stellenden Anforderungen. Die von der Klägerin eingelegte Berufung stelle keine unnötige oder sonst zu missbilligende Beschreitung des Rechtswegs dar und ziele auch auf die Beseitigung ihrer durch die erstinstanzliche Entscheidung ausgelösten Beschwer. Denn im Fall des Erfolgs der Klage in dem von der Klägerin intendierten Umfang und unter Zugrundelegung ihrer Rechtsauffassung würde sich ihre Rechtsposition durch den Fortbestand der negativen Staatenbezeichnung verbessern. Die Berufung der Klägerin hat das BVerwG auch als begründet angesehen, weil das VG gegen § 88 VwGO verstoßen habe, indem es den von der Klägerin ausdrücklich gestellten Klageantrag auf Teilaufhebung der Abschiebungsandrohung (mit Ausnahme der negativen Staatenbezeichnung) als Antrag auf vollständige Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes ausgelegt und die Abschiebungsandrohung insgesamt aufgehoben habe. Ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt der Unteilbarkeit der negativen Staatenbezeichnung von der übrigen Abschiebungsandrohung hätte das VG den hierauf bezogenen Anfechtungsantrag abweisen müssen. Es habe jedoch eine Sachentscheidung zu einem Gegenstand getroffen, der nicht zu seiner Entscheidung gestellt gewesen sei. Dies führte zur Änderung der Berufungsentscheidung und des erstinstanzlichen Urteils mit der Folge, dass die negative Staatenbezeichnung aus rein prozessrechtlichen Gründen keinen Bestand hatte.
Dementsprechend waren Ausführungen zu der in der Überschrift aufgeworfenen Frage, nämlich ob die negative Staatenbezeichnung bei Aufhebung der Abschiebungsandrohung im Übrigen selbstständig fortbestehen kann, nicht zwingend veranlasst. Gleichwohl legt das BVerwG im Rahmen eines ausführlichen obiter dictums dar, dass die negative Staatenbezeichnung von der Androhung der Abschiebung unter Bestimmung einer Frist und der Bezeichnung eines Zielstaates gem. § 59 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 2 S. 1 AufenthG generell, jedenfalls aber im vorliegenden Fall, nicht trennbar sein dürfte, sodass sie nur das Schicksal der genannten übrigen Bestandteile der Abschiebungsandrohung teilen könne. Bereits nach dem Wortlaut der – gem. § 34 Abs. 1 S. 1 AsylG auch für den Erlass der vorliegenden asylrechtlichen Abschiebungsandrohung maßgeblichen – § 60 Abs. 10 S. 2 und § 59 Abs. 3 S. 2 AufenthG könne die negative Staatenbezeichnung nur „in der Androhung” erfolgen. Sie schränke die Abschiebungsandrohung lediglich dahingehend ein, dass die Abschiebung in den negativ bezeichneten Staat nicht erfolgen dürfe. Könne aber im Fall der Aufhebung der Abschiebungsandrohung schon nicht in den bezeichneten Zielstaat abgeschoben werden, habe eine Regelung zur Einschränkung der Abschiebung keinen Anknüpfungspunkt und keinen sinnvollen Regelungsgehalt mehr. Soweit der bisherigen Senatsrechtsprechung (vgl. namentlich BVerwG, Urt. v. 15.1.2019 – 1 C 15.18, BVerwGE 164, 179 Rn 7) anderes zu entnehmen sein sollte, werde hieran nicht festgehalten. Im vorliegenden Fall komme hinzu, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer gesetzlich vorgesehenen negativen Staatenbezeichnung auch unabhängig von der Rechtswidrigkeit der Unzulässigkeitsentscheidung von Anfang an nicht vorgelegen hätten.