Nicht weniger als 15 Sachverständige hatten Ende Juni im Finanzausschuss kontrovers zu einem Gesetzentwurf der Bundesregierung Stellung genommen, mit dem eine Reihe von Steuergesetzen geändert werden soll. Mit dem "Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Europäischen Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften" (BT-Drucks. 18/4902) will die Bundesregierung eine Zusage umsetzen, die sie dem Bundesrat im Zusammenhang mit einem früheren Gesetzgebungsverfahren gemacht hat.
Wichtigster Punkt der Erörterungen war die geplante Änderung des Umwandlungssteuergesetzes. Sie betrifft zum einen die steuerlichen Folgen der Umwandlung eines Unternehmens oder einer sonstigen Körperschaft in eine andere Rechtsform, zum anderen aber auch Umstrukturierungen, bei denen beispielsweise ein Unternehmen in einem anderen aufgeht oder sich mehrere Unternehmen zu einem zusammenschließen. Dabei geht es vor allem darum, sog. kreative Steuergestaltungen zum Nachteil der öffentlichen Hand zu verhindern. Hintergrund sind Fälle wie der "VW-Porsche-Deal", bei dem das eingebrachte Unternehmen nicht verkauft, sondern gegen Anteile an dem aufnehmenden Unternehmen eingetauscht wird.
Ein strittiger Punkt war, dass die steuerliche Neuregelung solcher Umwandlungen rückwirkend zum 1.1.2015 in Kraft treten soll. Ein Teil der Sachverständigen nannte dies verfassungswidrig. Andere Experten dagegen bezeichneten es als verfassungsrechtlich unproblematisch, da zu diesem Stichtag bekannt war, dass es eine Neuregelung geben wird. Mit der Stichtagsregelung soll verhindert werden, dass vor dem zum 1.1.2016 geplanten Inkrafttreten des Gesetzes noch schnell solche Umwandlungen allein zum Zweck der Steuervermeidung vorgenommen werden.
Bei einer Reihe von Änderungsvorhaben gab es Kritik an der knappen Frist bis zum Inkrafttreten. Denn auch wenn alles glatt gehe, werde der Gesetzentwurf erst im Herbst vom Bundestag und vom Bundesrat verabschiedet, um dann schon zum Jahreswechsel wirksam zu werden. Die Vertreter der Bundessteuerberaterkammer und von Wirtschaftsberatern mahnten, für die Beratung der Kunden, aber beispielsweise auch für die Umstellung der Software bei den Steuerpflichtigen verbleibe zu wenig Zeit.
Zu den weiteren strittigen Punkten gehörte die Frage der Umsatzbesteuerung von Einnahmen der Öffentlichen Hand, die u.a. der Deutsche Städtetag als Vertreter der kommunalen Spitzenverbände problematisierte. Die Regelung in der jetzt geplanten Form führe zu einer großen Unsicherheit bei Gemeinden, ob auf unterschiedlichste Einnahmen bis hin zu Parkgebühren künftig Mehrwertsteuer fällig werden könnte.
Ein besonders heftig kritisierter Punkt in dem Gesetzentwurf war eine geplante Neuregelung, nach der Gemeinden, auf deren Gebiet Windkraftanlagen oder Fotovoltaik-Anlagen stehen, dafür Gewerbesteuer erheben dürfen, auch wenn der Betreiber in einer anderen Gemeinde seinen Sitz und die dazugehörigen Arbeitsplätze habe. Als Bemessungsgrundlage für die Besteuerung soll die "Summe der installierten Leistung" gelten. Der Vertreter der Deutschen Steuer-Gewerkschaft nannte dies einen "außersteuerlichen Begriff" und die Regelung für Finanzämter nicht handhabbar. Kritik kam aber auch vom Deutschen Städtetag. Sinn der Gewerbesteuer sei es, einen Ausgleich für Ausgaben zu schaffen, die einer Gemeinde durch die vorhandenen Arbeitsplätze entstehen, beispielsweise für den Öffentlichen Personennahverkehr und für Bildungseinrichtungen.
[Quelle: Bundestag]
ZAP 15/2015, S. 803 – 806