Eine Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) ist die Erfüllung der Anwartschaftszeit, § 137 Abs. 1 Nr. 3 SGB III. Die Anwartschaftszeig hat grundsätzlich erfüllt, wer in der Rahmenfrist des § 143 SGB III mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis (s. § 24 SGB III) gestanden hat. Ein solches liegt in der Arbeitslosenversicherung auch dann vor, wenn das Arbeitsverhältnis fortbesteht und der Arbeitgeber (AG) dem Arbeitnehmer (AN) das Arbeitsentgelt (weiter-)zahlt, auch wenn der AN einvernehmlich und unwiderruflich bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt ist (s. bereits BSG v. 24.9.2008 – B 12 KR 22/07 R).
Die Rahmenfrist beträgt zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg, § 143 Abs. 1 SGB III.
Dem BSG lag folgender Sachverhalt zur Entscheidung vor: Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hatte dem Kläger ab dem 1.7.2007 für 360 Tage Alg bewilligt. Am 14.4.2008 nahm der Kläger eine Arbeit auf. Zu diesem Zeitpunkt umfasste sein Restanspruch auf Alg noch 77 Tage. Der Kläger meldete sich zum 1.1.2009 erneut arbeitslos und beantragte wiederum Alg. Er wies daraufhin, ihm sei gekündigt worden, er klage aber deswegen vor dem Arbeitsgericht. Der Kläger erhielt daraufhin von der BA noch Alg für 77 Tage. Während des Leistungsbezugs schloss der Kläger mit seinem Arbeitgeber zur Beendigung des Rechtsstreits einen Vergleich: Das Arbeitsverhältnis endete zum 15.4.2009. Bis dahin zahlte der Arbeitgeber den Lohn und stellte den Kläger unwiderruflich von der Arbeitsleistung frei.
Unter Abänderung ihrer ursprünglichen Bewilligung gewährte die BA dem Kläger nunmehr für die Zeit ab dem 16.4.2009 für 77 Tage Alg. Der Kläger vertrat die Auffassung, ihm stehe nach § 142 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 147 SGB III ein Leistungsanspruch von sechs Monaten Alg zu, da er wegen der Beschäftigung in der Zeit vom 14.4.2008 bis zum 15.4.2009 einen neuen Anspruch erworben habe.
Das BSG folgt dem nicht (Urt. v. 11.12.2014 – B 11 AL 2/14 R). Ausgehend von der Arbeitslosmeldung zum 1.1.2009 beginnt die Rahmenfrist grundsätzlich am 31.12.2008. Sie würde, da sie regelmäßig zwei Jahre zurückzurechnen ist, am 1.1.2007 enden. Weil sie gem. § 143 Abs. 2 SGB III nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hineinreicht, in der die oder der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt hatte, endete sie in dem hier vorliegendem Fall schon am 1.7.2007, also mit Beginn des zuletzt erworbenen Alg-Anspruchs. In der Rahmenfrist vom 1.7.2007 bis zum 31.12.2008 hatte der Kläger lediglich 262 Tage in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden, so dass mit Eintritt der Arbeitslosigkeit und der Arbeitslosmeldung zum 1.1.2009 kein neuer Anspruch auf Alg entstanden ist.
Der spätere Abschluss des gerichtlichen Vergleichs und die Beschäftigung des Klägers zwischen dem 1.1. und 15.4.2009 ändert nach Auffassung des BSG an diesem Umstand (Ablauf der Rahmenfrist) nichts. Die BA hat zunächst Alg im Rahmen der Gleichwohlgewährung (§ 157 Abs. 3 SGB III) bezahlt. Diese Zahlung kann die BA zwar korrigieren, in dem sie die Bewilligung von Alg für den Zeitraum, in dem der Betroffene Alg erhält, aufhebt. In diesem Zeitraum hat der Anspruch auf Alg gem. § 157 Abs. 1 SGB III geruht. Ein späteres Ende der Rahmenfrist soll damit aber nicht verbunden sein.
Hinweis:
Dieses Ergebnis kann nur dann vermieden werden, wenn in Erwartung einer späteren weiteren Zahlung des Arbeitgebers bei der Arbeitslosmeldung bestimmt wird, dass der Anspruch auf Alg erst später beginnen soll, was nach § 137 Abs. 2 SGB III möglich ist. Ein solches Handeln setzt aber einmal die Fähigkeit voraus, das Ergebnis des arbeitsgerichtlichen Verfahrens realistisch abzuschätzen und zum anderen, dass finanzielle Ressourcen zur Verfügung stehen, um den fraglichen Zeitraum zu überbrücken.
Zur Abgrenzung verweist das Gericht auf eine andere Fallkonstellation: Wenn AN nicht mehr in einem leistungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis stehen, sich arbeitslos melden und das Arbeitsverhältnis noch besteht, genügt es, dass bei Fortbestand dieser Umstände (später) die Anwartschaftszeit erfüllt wird. In diesen Fällen, in denen zudem weder eine vorausgegangene Rahmenfrist noch ein Restleistungsanspruch auf Alg bestand, beginnt die Rahmenfrist nicht, bevor die Anwartschaftszeit erreicht ist (BSG v. 3.6.2004 – B 11 AL 70/03 R).
Das BSG führt schließlich aus, dass auch bei einem etwaigen Fehlverhalten des Leistungsträgers (fehlende/unzureichende Beratung über die Möglichkeit, das Wahlrecht auszuüben), nicht über die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs die Erfüllung der Anwartschaftszeit in einer geänderten Rahmenfrist erreicht werden kann, wenn der Kläger, wie hier, bereits tatsächlich Alg bezogen hat (Rn. 42 der Entscheidungsgründe).