Während § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II einen auf drei Monate befristeten Leistungsausschluss für den im Gesetz angesprochenen Personenkreis enthält, sind nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, nebst ihren Familienangehörigen unbefristet von den Leistungen ausgeschlossen. Die Regelung hinsichtlich der Sozialhilfeleistungen für Ausländerinnen und Ausländer trifft § 23 SGB XII.
Zur Vereinbarung der Ausschlussklausel von § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II gibt es einen Vorlagebeschluss des BSG (v. 12.12.2013 – B 4 AS 9/13 R; auf die Ausführungen wird verwiesen, vgl. im ZAP F. 18, S. 1368). Das Verfahren ist beim EuGH anhängig unter dem Az. C 67/14. In seinen Schlussanträgen v. 26.3.2015 legt der Generalanwalt diesen Ausschlussgrund eng aus und hält ihn wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz für unzulässig, wenn sich der EU-Bürger in einem anderen EU-Staat mehr als drei Monate aufhalte und dort bereits gearbeitet habe (s. NJW-aktuell, Heft 15/2015, S. 10).
Durch Urteil vom 11.11.2014 (Az. C-333/13, Rs. Dano, ZAP EN-Nr. 260/2015, s. hierzu Padé JM 2015, 116, Schreiber info also 2015, 3 und Groth jurisPR-SozR 2/2015 Anm. 1) hat der EuGH aufgrund eines Vorlagebeschlusses des SG Leipzig zur Vereinbarkeit der unbefristeten Ausschlussklausel des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II mit Europarecht Stellung genommen, allerdings in einem Fall, in dem die Klägerin sich gar nicht um Arbeit bemüht hatte, ihr Aufenthaltsrecht also nicht – wie das der Wortlaut der Norm voraussetzt – sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt. Bei dieser Fallgestaltung wird mit guten Gründen in Rechtsprechung und Literatur die Auffassung vertreten, dass ein Anwendungsfall des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II nicht besteht (Nachweise bei Schreiber, a.a.O., Anm. 5).
Folgt man dieser Auffassung, so lässt sich zunächst sagen, dass der EuGH in dem Urteil Antworten auf Fragen gibt, die sich nach verbreiteter Ansicht im SGB II gar nicht stellen. Zum anderen dürfte es sich um einen Ausnahmefall handeln, dass sich eine um Leistungen nach dem SGB II nachsuchende Person sich offensichtlich nicht um Arbeit bemüht. Demnach hat die Entscheidung, wonach die Bundesrepublik Deutschland Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II EU-Ausländer ausschließen darf, wenn diese nur zum Zweck der Inanspruchnahme von Sozialleistungen einreisen, keine große Relevanz. Zu der im Rahmen des Vorlagebeschlusses des BSG zu klärenden Frage, ob Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG zum Leistungsausschluss bei allein fortbestehendem Recht zur Arbeitssuche dahingehend primär rechtskonform einschränkend auszulegen ist, dass nur Arbeitssuchende ausgeschlossen werden, die keine tatsächliche Verbindung zum Arbeitsmarkt aufweisen, hat der EuGH im vorliegenden Fall ausdrücklich nicht Stellung genommen (s. Rn. 66 der Entscheidungsgründe). Die weitere Klärung ist demnach noch abzuwarten.
Hinweis:
Das SG Leipzig hatte den EuGH auch gefragt, ob sich die Gewährung beitragsunabhängiger existenzsichernder Leistungen für Unionsbürger außerhalb akuter Notfälle auf die Bereitstellung der erforderlichen Mittel zur Rückkehr in den Heimatstaat beschränken dürfen, oder ob die Art. 1, 20 u. 51 der Europäischen Grundrechtscharta (EUGrdRCh) weitergehende Leistungen gebieten, die einen dauerhaften Aufenthalt ermöglichen. Für die Beantwortung dieser Frage sieht sich der EuGH als nicht zuständig an, weil die EU-Grundrechtscharta für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union gelte (Art. 51 Abs. 1 S. 1 EUGrdRCh). Bei der Festlegung von Voraussetzungen und Umfang besonderer beitragsunabhängiger Geldleistungen werde jedoch kein Unionsrecht durchgeführt (s. Rn 85 ff. der Entscheidungsgründe).