Dem Vorhaben der Regierungskoalition, das Sexualstrafrecht zu verschärfen (s. dazu die vorstehende Meldung), ist der Deutsche Richterbund mit Skepsis begegnet. Seiner Einschätzung nach werden die neuen Straftatbestände nicht dazu führen, dass mehr Täter verurteilt werden.

In einem Zeitungsinterview äußerte der Vorsitzende des Richterbundes, Jens Gnisa, dass er zwar er das Ziel begrüße, den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung zu stärken. Allerdings seien solche Verfahren, bei denen künftig ein "Nein" des Opfers für eine Bestrafung des Sexualtäters ausreichen soll, sehr kompliziert. Gniesa sagte voraus, dass diese Prozesse i.d.R. schwierig zu führen sein werden, weil Aussage gegen Aussage stehe und es keine weiteren Indizien gebe. Denn die betreffende Tat habe ohne Widerstand oder Gewalt stattgefunden, sonst wäre es eine Vergewaltigung.

Gniesa kritisierte zudem, dass das Gesetz übereilt verabschiedet worden sei. So seien die Tatbestände nur unzureichend aufeinander abgestimmt. Hier sei offenbar Schnelligkeit vor Sorgfalt gegangen, weil das Gesetz unbedingt noch vor der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet werden sollte. Die Befürchtung, dass es infolge der Reform vermehrt zu falschen Beschuldigungen wegen sexueller Übergriffe kommen werde, teilt der Richterbund-Vorsitzende allerdings nicht. Der Anteil vorsätzlicher Falschbezichtigungen sei bei Sexualstraftaten mit drei bis zehn Prozent ohnehin relativ gering.

[Quelle: NOZ]

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