a) Erforderlichkeit und freier Wille
Nach § 1896 Abs. 2 S. 1 und 2 BGB darf ein Betreuer nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen eine Betreuung erforderlich ist und die Angelegenheit nicht anderweitig ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden kann. Es muss ein konkreter Bedarf bestehen. Dabei ist das Vorliegen eines aktuellen Handlungsbedarfs aber nicht zwingend erforderlich; es genügt, dass dieser Bedarf jederzeit auftreten kann und für diesen Fall die begründete Besorgnis besteht, dass ohne die Einrichtung einer Betreuung nicht das Notwendige veranlasst wird (vgl. BGH 2015, 1378).
Praxishinweis:
Neben der Notwendigkeit der Betreuung ist stets festzustellen, ob der Betroffene zu einer freien Willensbestimmung fähig ist (FamRZ 2016, 970).
b) Neigung zu sinnlosem Verhalten
Der BGH (FamRZ 2016, 627 = MDR 2016, 329 = FuR 2016, 347) hat in einem Fall von wahnhaftem Betreiben zahlreicher Gerichtsverfahren entschieden, dass auch die Gefahr des Entstehens von Verbindlichkeiten, die der Betroffene aktuell nicht erfüllen kann und die eine Verschuldung bewirken, einen Betreuungsbedarf begründen können. Der Aufgabenkreis ist auf die aktuelle Erforderlichkeit zu begrenzen. Neigt der Betroffene krankheitsbedingt dazu, sich durch Betreiben einer Vielzahl von sinnlosen Verfahren zu schädigen, kommt die isolierte Bestimmung der rechtlichen Vertretung des Betroffenen als Aufgabenkreis in Betracht.
Droht dem Betroffenen durch eine Vielzahl von unsinnigen Anträgen oder Rechtsstreitigkeiten zu seinen Lasten erhebliche Kosten zu verursachen, wie etwa Gerichtsgebühren, die Kosten gegnerischer Rechtsvertretung oder auch die Auferlegung von Verschuldungskosten bei missbräuchlicher Rechtsverfolgung in sozialgerichtlichen Verfahren, so kann das die Annahme einer die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts erfordernden erheblichen Gefahr für sein Vermögen rechtfertigen.
c) Fehlender freier Wille/Kontrollbetreuer
Nach § 1896 Abs. 1a BGB darf gegen den freien Willen eines Volljährigen ein Betreuer nicht bestellt werden. Auch für die Bestellung eines Kontrollbetreuers besteht daher, wie der BGH (FamRZ 2016, 117 = MDR 2016, 332 und FamRZ 2016, 456 = FamRB 2016, 107) klarstellt, das Erfordernis, dass der Betroffene nicht in der Lage ist, seinen Willen frei zu bestimmen. Entscheidende Kriterien sind die Einsichtsfähigkeit und die Fähigkeit nach dieser Einsicht zu handeln. Fehlt die Fähigkeit, die für und wider eine Betreuungsbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen, oder ist er nicht in der Lage nach der ihm möglichen Einsicht zu handeln und sich dabei von den Einflüssen interessierter Dritter abzugrenzen, fehlt es an einem freien Willen.
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH FamRZ 2014, 1626) müssen die Feststellungen zum krankheitsbedingten Ausschuss der freien Willensbestimmung durch ein Sachverständigengutachten belegt sein. Der mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragte Sachverständige soll gem. § 280 Abs. 1 S. 2 FamFG ein Arzt für Psychiatrie oder ein Arzt mit entsprechender Erfahrung sein. Ergibt sich die Qualifikation nicht ohne Weiteres aus der Fachbezeichnung des Arztes, ist seine Sachkunde vom Gericht zu prüfen.
d) Zweifel an wirksamer Bevollmächtigung
Auszugehen ist von dem allgemeinen Grundsatz, dass für ein vorgenommenes Rechtsgeschäft die Vermutung der Wirksamkeit spricht. Dies gilt auch für die Vorsorgevollmacht. Kann ihre Unwirksamkeit nicht positiv festgestellt werden, bleibt es bei der wirksamen Bevollmächtigung. In Abgrenzung zu seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. BGH FamRZ 2011, 285 und FamRZ 2015, 2047) hat der BGH (FamRZ 2016, 701 m. Anm. Fröschle = MDR 2016, 464 = NJW 206, 159 = FuR 2016, 349 = FamRB 2016, 196) entschieden, dass jedoch eine fehlende Akzeptanz der Vollmacht im Rechtsverkehr zur Erforderlichkeit einer Betreuung führen kann. Dies ist allerdings nur der Fall, wenn die Akzeptanz eingeschränkt ist, entweder weil Dritte die Vollmacht unter Berufung auf eine unwirksame Bevollmächtigung zurückgewiesen haben oder weil Entsprechendes zu besorgen ist.
e) Betreuung trotz Vorsorgevollmacht
Eine Vorsorgevollmacht steht der Bestellung eines Betreuers grundsätzlich entgegen, da es insoweit an der Erforderlichkeit fehlt. Eine Betreuung kann trotz Vorsorgevollmacht jedoch u.a. dann erforderlich sein, wenn der Bevollmächtigte ungeeignet ist, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen oder erhebliche Bedenken gegen seine Redlichkeit bestehen, insbesondere weil zu befürchten ist, dass die Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen durch jenen eine konkrete Gefahr für das Wohl des Betroffenen begründet (BGH FamRZ 2016, 70 = MDR 2016, 463 = NJW 2016, 1514 = FuR 2016, 351).
f) Widerruf einer Vorsorgevollmacht durch Kontrollbetreuer
Beabsichtigt das Gericht, die Befugnisse eines Betreuers auf den Widerruf erteilter Vorsorgevollmachten zu erstrecken, setzt dies tragbare Feststellungen voraus, dass ein Fortbestand eine künftige Verletzung des Wohls des Betroffenen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und in erheblicher Schwere befürchten lässt (BGH FamRZ 2016, 117 = FuR 2016, 103).