a) Konkrete Bedarfsbemessung
Im Regelfall beträgt der Anspruch des bedürftigen Ehegatten 3/7 der Differenz zwischen dem anrechenbaren Erwerbseinkommen der Ehegatten, insgesamt begrenzt durch den vollen ehelichen Bedarf; für sonstige anrechenbare Einkünfte gilt der Halbteilungsgrundsatz (Quotenunterhalt). Eine konkrete Bedarfsbemessung ist vorzunehmen, wenn bei besonders günstigen Einkommensverhältnissen generell davon auszugehen ist, dass bereits nach einem objektiven Maßstab ein Teil der zur Verfügung stehenden Mittel in die Vermögensbildung fließt, weil er für die Lebensführung nicht benötigt wird (vgl. BGH FamRZ 2012, 947). Nach Auffassung des OLG Stuttgart (FamRZ 2016, 636 = FuR 2016, 311) bildet ein Bedarf (nicht das Einkommen des Pflichtigen) von ca. 5.000 EUR die Richtschnur.
Hinweis:
Der BGH (FamRZ 2010, 1637) hat nicht beanstandet, wenn bei einem Einkommen von monatlich 5.100 EUR eine konkrete Berechnung vorgenommen wird.
b) Bedarf bei Unterhaltsverpflichtung gegenüber Kindern/Vorwegabzug des Kindesunterhalts
Bei der Bemessung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen sind die Umstände zu berücksichtigen, die das für Unterhaltszwecke verfügbare Einkommen vor Rechtskraft der Ehescheidung beeinflusst haben. Dazu gehört auch die Barunterhaltsplicht für gemeinsame Kinder (vgl. BGH FamRZ 2012, 281). Bestehen weitere Unterhaltspflichten, so ist im Rahmen einer Angemessenheitsprüfung der Bedarf für den Kindesunterhalt etwa durch Herabstufung innerhalb der Düsseldorfer Tabelle zu korrigieren (vgl. BGH FamRZ 2008, 2189). Außerdem ist zu beachten, dass der Vorwegabzug des Kindesunterhalts insoweit zu begrenzen ist, dass der Mindestbedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten nicht unterschritten wird (vgl. BGH FamRZ 2012, 281). Ob der Vorwegabzug des Kindesunterhalts auch für den Fall durchzuführen ist, dass der für den Kindesunterhalt barunterhaltspflichtige Ehegatte erst infolge des Abzugs über ein geringeres Einkommen verfügt und er demzufolge gegenüber seinem Ehegatten unterhaltsberechtigt wird, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
Der BGH (FamRZ 2016, 199 m. Anm. Witt = MDR 2016, 90 = NJW 2016, 322 = FuR 2016, 171 = FamRB 2016, 46) teilt die Bedenken gegen den Vorwegabzug nicht und konstatiert, dass ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt auch in solchem Fall entstehen kann. Eine Differenzierung danach, ob der betreuende Ehegatte Unterhaltsberechtigter oder Unterhaltsverpflichteter ist, sei nicht gerechtfertigt. In beiden Fällen beeinflussen die für den Unterhaltsbedarf des Kindes aufzuwendenden Barmittel den Lebensstandard der Familie gleichermaßen.
Bei der Frage der Abzugsfähigkeit ist auch nicht zu prüfen, ob eine unbillige Erschwernis durch die Doppelbelastung von Kindesbetreuung und Erwerbstätigkeit besteht. Dies hat im Rahmen der Unterhaltsberechnung bei der Beurteilung der Erwerbsobliegenheit zu geschehen. Den kinderbetreuenden Ehegatten trifft eine Erwerbsobliegenheit, soweit dies nach Maßgabe des § 1570 BGB der Billigkeit entspricht. Hierbei kann sich ergeben, dass das Einkommen des betreuenden Ehegatten teilweise oder gar nicht zu berücksichtigen ist.
c) Aufstockungsunterhalt bei kurzfristiger Arbeitslosigkeit des Pflichtigen
Die Anspruchsgrundlagen für den nachehelichen Unterhalt setzen einen zeitlichen, persönlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der geschiedenen Ehe und der auf Seiten des Unterhaltsberechtigten eingetretenen Bedürfnislage voraus. Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH FamRZ 2005, 1817) auch für den Anspruch auf Aufstockungsunterhalt, für den das Gesetz nicht ausdrücklich einen Einsatzpunkt vorschreibt. Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für einen Anschlussunterhalt müssen ohne zeitliche Lücke vorhanden sein. Grundsätzlich ist ein Wiederaufleben eines mangels Bedürftigkeit entfallenden Unterhaltsanspruchs ausgeschlossen.
Der BGH (FamRZ 2016, 203 m. Anm. Finke = MDR 2016, 91 = NJW 2016, 153 = FuR 2016, 161 = FamRB 2016, 47) schränkt diesen Grundsatz jedoch ein. Das Erfordernis der lückenlosen Unterhaltskette gebietet im Ausgangspunkt nur, dass die tatbestandsspezifischen Voraussetzungen der jeweiligen Unterhaltsnorm ohne Unterbrechung vorgelegen haben müssen. Ist dies der Fall und wird der Unterhalt vorübergehend nur deshalb nicht geschuldet, weil der Unterhaltsberechtigte nicht bedürftig oder der Unterhaltspflichtige nicht leistungsfähig war, steht dies den Unterhaltsansprüchen in der Zeit nach der Wiederherstellung von Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit nicht zwingend entgegen. Eine vorübergehende Arbeitslosigkeit des Unterhaltspflichtigen unterbricht die Unterhaltskette beim Aufstockungsunterhalt auch dann nicht, wenn die Einkünfte des Unterhaltspflichtigen infolge der Arbeitslosigkeit so weit absinken, dass sich zeitweilig kein Unterschiedsbetrag mehr zwischen dem durch den Einkommensrückgang beeinflussten vollen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen und den anrechenbaren Einkünften des Unterhaltsberechtigten ergibt. Der Umstand, dass die erneute Aufnahme einer Berufstätigkeit durch den zuvor arbeitslos gewesenen Unterhaltspflichtigen bei Fortbestand der Ehe deren Verhältnisse geprägt hätte, rechtfertigt...