Bei der Bemessung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen sind die Umstände zu berücksichtigen, die das für Unterhaltszwecke verfügbare Einkommen vor Rechtskraft der Ehescheidung beeinflusst haben. Dazu gehört auch die Barunterhaltsplicht für gemeinsame Kinder (vgl. BGH FamRZ 2012, 281). Bestehen weitere Unterhaltspflichten, so ist im Rahmen einer Angemessenheitsprüfung der Bedarf für den Kindesunterhalt etwa durch Herabstufung innerhalb der Düsseldorfer Tabelle zu korrigieren (vgl. BGH FamRZ 2008, 2189). Außerdem ist zu beachten, dass der Vorwegabzug des Kindesunterhalts insoweit zu begrenzen ist, dass der Mindestbedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten nicht unterschritten wird (vgl. BGH FamRZ 2012, 281). Ob der Vorwegabzug des Kindesunterhalts auch für den Fall durchzuführen ist, dass der für den Kindesunterhalt barunterhaltspflichtige Ehegatte erst infolge des Abzugs über ein geringeres Einkommen verfügt und er demzufolge gegenüber seinem Ehegatten unterhaltsberechtigt wird, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.

Der BGH (FamRZ 2016, 199 m. Anm. Witt = MDR 2016, 90 = NJW 2016, 322 = FuR 2016, 171 = FamRB 2016, 46) teilt die Bedenken gegen den Vorwegabzug nicht und konstatiert, dass ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt auch in solchem Fall entstehen kann. Eine Differenzierung danach, ob der betreuende Ehegatte Unterhaltsberechtigter oder Unterhaltsverpflichteter ist, sei nicht gerechtfertigt. In beiden Fällen beeinflussen die für den Unterhaltsbedarf des Kindes aufzuwendenden Barmittel den Lebensstandard der Familie gleichermaßen.

Bei der Frage der Abzugsfähigkeit ist auch nicht zu prüfen, ob eine unbillige Erschwernis durch die Doppelbelastung von Kindesbetreuung und Erwerbstätigkeit besteht. Dies hat im Rahmen der Unterhaltsberechnung bei der Beurteilung der Erwerbsobliegenheit zu geschehen. Den kinderbetreuenden Ehegatten trifft eine Erwerbsobliegenheit, soweit dies nach Maßgabe des § 1570 BGB der Billigkeit entspricht. Hierbei kann sich ergeben, dass das Einkommen des betreuenden Ehegatten teilweise oder gar nicht zu berücksichtigen ist.

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