Verfahren der Gerichtsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4 und 5 ZPO sind statistisch betrachtet selten; die viel häufigeren Verfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 und 6 ZPO halten sich in etwa die Waage. Eine Schnittstelle zwischen diesen Verfahren ergibt sich aus § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO:
Zitat
Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
(...) wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; (...).
Die Bestimmung eines (allgemeinen) Gerichtsstandes für mehrere Beklagte sieht die Vorschrift lediglich für den Fall vor, dass nicht ein besonderer Gerichtsstand begründet ist. Dieser besondere Gerichtsstand muss indessen für alle Beklagten gegeben, d.h. "gemeinschaftlich", sein. Aus Gründen der Prozessökonomie kann eine Gerichtsstandsbestimmung dann geboten sein, wenn das Gericht des gemeinschaftlichen besonderen Gerichtsstandes erhebliche Zweifel an seiner Zuständigkeit äußert (OLG Hamm, Beschl. v. 6.8.2015 – 32 SA 23/15).
"Gemeinschaftlichkeit" wird bereits bei Streitigkeiten zwischen lediglich zwei Personen diskutiert, vor allem im Rahmen des besonderen Gerichtsstandes des § 29 Abs. 1 ZPO:
Zitat
Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.
Der im materiellen Recht angesiedelte § 241 Abs. 1 BGB geht lediglich von zwei einzelnen Personen, nämlich von "dem" Gläubiger und "dem" Schuldner, aus. Tatsächlich – je nach Art des Schuldverhältnisses – kann der Gläubiger auch Schuldner bzw. der Schuldner auch Gläubiger sein. Sind beider Verbindlichkeiten an demselben Ort zu erfüllen, begründet § 29 Abs. 1 ZPO einen "gemeinschaftlichen" besonderen Gerichtsstand. Klage gegen nur eine "Person" ist etwa in den besonderen Gerichtsständen der § 23 ZPO ("eine" Person ohne Wohnsitz im Inland), § 27 ZPO ("einen" Erbschaftsbesitzer), § 30 ZPO (kein Gerichtsstand der wegen Bergung verpflichteten Person im Inland) und § 31 ZPO ("der" Verwalter/Geschäftsherr) vorgesehen. Das schließt allerdings nicht aus, dass in Bezug auf mehrere Personen der Tatbestand der Vorschrift (angeblich) so erfüllt ist, dass der besondere Gerichtsstand gemeinschaftlich sein kann. Das gilt erst recht für Vorschriften, die eine Mehrzahl von Personen gerade voraussetzen, etwa Klagen gegen Mitglieder "als solche" einer in § 22 ZPO genannten Vereinigung.
Manchmal wird der Wortlaut des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO aber ernst genommen. "Der Zielflughafen ist nach deutschem Recht einer der Erfüllungsorte der von der beklagten Fluggesellschaft eingegangenen Beförderungspflicht. Dort findet sich aber auch der Erfüllungsort des Reisevertrags der Kläger mit dem Reisebüro. Hieraus folgt ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand und für eine gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist kein Raum" (OLG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 17.4.2013 – 1 AR 8/13).
Was die im Besonderen Schuldrecht des BGB angesiedelten Vorschriften über die unerlaubte Handlung oder die ungerechtfertigte Bereicherung anbelangt, so fehlt es an jeder Konkretisierung nach Personen (etwa § 32 ZPO "aus" unerlaubter Handlung). Die Konkretisierung – und damit auch die Frage, ob der Gerichtsstand im Ergebnis zu Recht als "gemeinschaftlich" angenommen worden ist – bleibt deshalb letztlich dem Erkenntnisverfahren vorbehalten.
Hinweis:
In der Praxis hat es sich indessen – insbesondere, wenn "ein Vertrag (...) den Gegenstand des Verfahrens" bildet, Art. 7 Nr. 1a VO (EU) Nr. 1215/2012 (bis zum 10.1.2015: Art. 5 Nr. 1a VO (EG) Nr. 44/2001) – eingebürgert, mit Hilfe von Begriffen zu typisieren, die dem besonderen Schuldrecht entnommen sind bzw. dort, wo ein Vertragstypus noch nicht in das Gesetz aufgenommen worden ist, auf Bezeichnungen zurückzugreifen, wie sie sich im Rechtsverkehr gebildet haben. Das soll auch hier geschehen. Jedoch muss davor gewarnt werden, allein aus Begriffen Rechtsfolgen abzuleiten, weil das leicht zu Zirkelschlüssen führt.
Im Rahmen des Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechts u.a. ist der Gesetzgeber dazu übergegangen, Verträge zu "definieren". So ist ein Bauvertrag ein Vertrag über die Herstellung, die Wiederherstellung, die Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teiles davon (§ 650a BGB 2018). Ferner wird durch den Architekten-/Ingenieurvertrag der Unternehmer (!) verpflichtet, die Leistungen zu erbringen, die nach dem jeweiligen Stand der Planung und Ausführung des Bauwerks oder der Außenanlage erforderlich sind, um die zwischen den Parteien vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen (§ 650p BGB 2018). Zuständigkeitsrechtlich ist der Zusammenhang mit der Einführung des Einrichtungszwangs in § 72a GVG zu sehen. Nach § 72a Nr. 3 GVG 2018 "werden" bei den Landgerichten eine Zivil...