Grundsätzlich ist für jeden eingeklagten Anspruch "isoliert" zu prüfen, wo er zu erfüllen ist bzw. war. Anhand der Vertragsstypen, die gesetzlich geregelt sind oder die sich in der Praxis herauskristallisiert haben, kann der Erfüllungsort weiter spezifiziert werden. Zum leichteren Auffinden typischer Konstellationen bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts soll die folgende alphabetische Reihenfolge helfen. Soweit eine Problematik bereits in früheren Beiträgen behandelt wurde, wird in einem gesonderten Hinweis auf den entsprechenden Beitrag in Fach 13 verwiesen.
Der Erfüllungsort der Verpflichtung des § 784 BGB hängt ganz vom Inhalt der Anweisung ab (s. Cuypers ZAP F. 13, S. 1760).
Ein Architekt, der sowohl mit der Planung als auch mit der Bauüberwachung beauftragt ist, kann am Ort des Bauwerks eine Honorarklage erheben. Schuldet er hingegen lediglich reine Planungsaufgaben, ist der Auftraggeber an seinem Wohnsitz zu verklagen (OLG Hamm, Beschl. v. 22.2.2012 – 32 SA 84/11).
Klage auf Zahlung von Honorar ist erhoben gegen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und ihre vier Gesellschafter, sämtlich mit verschiedenen allgemeinen Gerichtsständen: Obwohl § 29 ZPO verneint wird, weil dem Architekten nicht die Genehmigungsplanung und die Objektüberwachung übertragen worden war, wird das Gericht der Baustelle als zuständig bestimmt (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.11.2003 – 19 Sa 94/03).
Klage auf Zahlung von Honorar für eine Präsentation ist vor dem Landgericht D erhoben gegen den Gesellschafter einer ARGE mit allgemeinem Gerichtsstand in D. Die Klage soll erweitert werden gegen den weiteren Gesellschafter mit allgemeinem Gerichtsstand in M: Das Landgericht D wird auch als für ihn zuständiges Gericht bestimmt, weil bereits mit der Sache befasst (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.3.2005 – I-5 Sa 5/05 und I-5 Sa 6/05).
Als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden sollen Prüfstatiker und Statiker/Architekten mit verschiedenen allgemeinen Gerichtsständen: Abgestellt wird auf die Reihenfolge der Benennung in der Klageschrift (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.6.2002 – 19 Sa 33/02).
Hinweis:
Vgl. auch Cuypers ZAP F. 13, S. 1757.
Die Frage nach dem Gerichtsstand des Erfüllungsortes und damit nach dem Honorar des Arztes stellt sich im Grunde nur bei Privatpatienten. Der Arzt ist grundsätzlich am Ort seiner Leistungserbringung zu bezahlen, i.d.R. also in seiner Praxis, bei stationärer Behandlung im Krankenhaus. Der Sitz der Klinik ist Erfüllungsort sowohl für die Leistungen des dort tätigen Arztes als auch für die Bezahlung des Arzthonorars durch den Patienten.
Hinweis:
Rechtsprechungsnachweise bei Cuypers ZAP F. 13, S. 1757; zu Besonderheiten bei Arzthaftungsprozessen s. Cuypers ZAP F. 13, S. 1992; zu Besonderheiten des Behandlungsvertrags s. Cuypers ZAP F. 13, S. 2170 f.
Der Erfüllungsort hängt ganz davon ab, welches Geschäft dem Auftragnehmer übertragen worden ist (s. Cuypers ZAP F. 13, S. 1760).
Der Kursort ist Erfüllungsort für die beiderseitigen Leistungspflichten (s. Cuypers ZAP F. 13, S. 1761 m.w.N.).
Die Verpflichtung des § 657 BGB beruht nicht auf "Vertrag", sondern ausschließlich auf der gesetzlichen Vorschrift. Daraus, wie zu "belohnen" ist, ist jedenfalls auch zu schließen, wo zu belohnen ist (s. Cuypers ZAP F. 13, S. 1760).
Bei zwei auf Zahlung von Werklohn verklagten Bestellern ist dem allgemeinen Gerichtsstand des Gerichts der Vorzug zu geben, in dessen Bezirk sich die Baustelle befindet (OLG Celle, Beschl. v. 20.12.2001 – 4 AR 90/01).
Abgestellt werden kann aber auch auf das ausdrücklich erklärte Einverständnis des erstbeklagten Bauherrn mit dem Gericht des zweitbeklagten Bauherrn (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.6.2002 – 19 Sa 40/02).
Hinweis:
Vgl. auch Cuypers ZAP F. 13, S. 1731, 1761, 1992.
Für Klagen gegen einen Verbraucher ist grundsätzlich das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk dieser zzt. der Klageerhebung seinen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Bei einem Beförderungsvertrag ist Art. 18 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1215/2012 (Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 44/2001 a.F.) – mit Ausnahme des Pauschalreisevertrags (auch wenn die Beförderung Grenzen überschreitet) – wegen Art. 17 Abs. 3 VO (EU) Nr. 1215/2012 (Art. 15 Abs. 3 VO (EG) Nr. 44/2001 a.F.) jedoch nie anzuwenden (s. Cuypers ZAP F. 13, S. 1722).
Wegen der beiderseitigen ortsbezogenen Verpflichtungen ist für beide Seiten der Erfüllungsort der Ort des Hotels, selbst wenn es vom Gast nicht aufgesucht wurde (s. auch Cuypers ZAP F. 13, S. 1715, 1761 m.w.N.).
Findet die Beratung des Käufers einer Eigentumswohnung im Rahmen eines Anlagemodells durch "Repräsentanten" des Verkäufers in der Wohnung des Käufers statt, so ist Erfüllungsort nach § 269 Abs. 1 BGB für die Beratungspflicht jedenfalls bei Vorliegen eines Beratervertrags der Wohnsitz des Käufers (s. Cuypers ZAP F. 13, S. 1761 m.w.N.).